Gewerbeimmobilienmarkt

Deutscher Immobilien­markt verliert an Glanz

Die Attraktivität des deutschen Gewerbeimmobilienmarkts hat bei Immobilienexperten gelitten – aber nur etwas. Und im europäischen Vergleich liegt Deutschland immer noch an der Spitze.

Deutscher Immobilien­markt verliert an Glanz

tl Frankfurt

Der deutsche Gewerbeimmobilienmarkt verliert an Anziehungskraft, ist aber noch der attraktivste europäische Markt. Die Finanzierungsbereitschaft der Kreditinstitute wird als eingeschränkt wahrgenommen. Dies wird tendenziell auch in den Jahren 2023 und 2024 so bleiben. Das sind die wichtigsten Ergebnisse des am Donnerstag veröffentlichten Trendbarometers 05/2022 der Berlin Hyp. Es beruht auf den Angaben von 119 Immobilienexperten vor allem aus Banken und Im­mobilienunternehmen, die Anfang Dezember 2022 befragt wurden und ohne Anspruch auf Repräsentativität ein Stimmungsbild der Branche zeichnen sollten.

Historischer Vergleich

Im historischen Vergleich (s. Grafik) zeigt sich deutlich, wie sehr der deutsche Markt an Strahlkraft eingebüßt hat. Nimmt man „viel attraktiver“ und „etwas attraktiver“ zusammen, so sind die jetzt erreichten 35% Zustimmung ein scharfer Abfall in Relation zu Anfang 2021 mit 78%. Der Spitzenwert von 80% wurde zu Anfang des Corona-Ausbruchs 2020 erreicht.

Der scharfe Einbruch des deutschen Marktes muss allerdings relativiert werden. Zum einen halten fast die Hälfte der Befragten deutsche Immobilien für (wohl im Vergleich zu früher) „gleichbleibend“ attraktiv. Zum anderen haben offenbar auch alle anderen (europäischen) Märkte an Anziehungskraft eingebüßt. Denn im Vergleich mit diesen liegt Deutschland immer noch an der Spitze mit einer Note von 5,12 (bei einem Ranking von 1 bis 8, wobei 8 die beste Note ist). Dicht danach folgen Skandinavien (5,01), Österreich/Schweiz (4,87) und Benelux (4,72), wobei diese Märkte allerdings deutlich kleiner sind als zum Beispiel Frankreich (4,23) und Großbritannien. Das Königreich liegt mit 3,59 am Ende der insgesamt acht aufgeführten europäischen Immobilienmärkte.

Skeptisch zeigen sich die Umfrageteilnehmer bei der Finanzierungsbereitschaft der Kreditinstitute. Etwas mehr als zwei Drittel (68%) halten sie aktuell für „eingeschränkt“ bis „sehr eingeschränkt“ – kein Wunder angesichts von Ukraine-Krieg, steigenden Zinsen, hoher Inflation und drohender Rezession. Da bei diesen Faktoren vorläufig keine Änderung zu erwarten ist, erwarten 46% der Befragten in den kommenden 24 Monaten eine (weiterhin) „ein­geschränkte“ Finanzierungsbereitschaft gewerblicher Immobilienfinanzierer. Immerhin 36% gehen von einer „gleichbleibenden“ Finanzierungsbereitschaft aus. „Angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen mit steigenden Finanzierungskosten und hohen Eigenkapitalanforderungen erwarten wir in diesem Jahr eine verminderte Finanzierungsbereitschaft“, sagt Sascha Klaus, Vorstandsvorsitzender der Berlin Hyp. „Es wird somit mehr denn je auf die Qualität und die Zukunftsfähigkeit von Immobilienprojekten ankommen.“ Die Berlin Hyp verfolge eine konservative Risikostrategie und werde auch in Zukunft Immobilien finanzieren, so Klaus weiter.

Konträre Erwartungen

Die Bereitschaft der eigenen Unternehmen, in Immobilien zu investieren, schätzen die Befragten sehr unterschiedlich ein. 45% antworten mit „ausgeglichen“, 38% mit „eingeschränkt“ und 9% mit „sehr eingeschränkt“.

Unter der eingeschränkten Kreditvergabe werden die Projektentwicklungen leiden. Sie werden „weiter zurückgehen“, so 75% der Befragten. Außerdem würden die Eigenkapitalanforderungen steigen (68%). Weitere Prognosen wie eine Marktbereinigung bei Finanzierern und Investoren (45%), andere Anlagealternativen (40%) und eine Verschärfung am Mietmarkt (37%) fallen dagegen deutlich ab.

Wertberichtigt Seite 2

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