KfW

Ein Riese muss bescheiden sein

Weil die KfW als Staatsbank eine zentrale Rolle einnimmt, muss sie sich zugleich in Zurückhaltung üben. Das aber setzt Arbeit und eine gesunde Haltung voraus.

Ein Riese muss bescheiden sein

Bankchef Stefan Wintels spricht Sätze, die scheinbar aus der Zeit gefallen sind. Die Staatsbank KfW müsse sich „subsidiär“ verhalten, also gewöhnliche Banken und Sparkassen im Kreditgeschäft unterstützen und nicht verdrängen. Wenn die Institute Förderdarlehen der KfW weiterreichen, sollten sie „Skin in the Game“ haben und nicht etwaige Kreditausfälle komplett beim Staat abladen. Auch befürwortet er grundsätzlich eine starke Rolle privaten Kapitals. Schöne Worte. Gleichzeitig schlägt wieder die Stunde des Staatskapitalismus. Bis zu 9 Mrd. Euro soll der Förderriese dem Energiekonzern Uniper als Teil eines Rettungspakets auszahlen. Auch für andere Energiefirmen steht die KfW bereit. Käme ein Gas­boykott, wäre die Staatsbank ähnlich wie in der Pandemie für viele andere Firmen als Retterin gefragt. Was wie ein Widerspruch klingt, gehört aber zusammen: Die KfW muss zurückhaltend sein, weil sie zugleich umfassend handelt.

Der Zielkonflikt liegt auf der Hand: Der Staat darf – und sollte zuweilen auch – in das Wirtschafts­geschehen eingreifen, um Vorhaben wie Digitalisierung, Klima­schutz­, Entwicklungszusammenarbeit, sozialen Wohnungsbau und vieles mehr zu stemmen. Gerade in der Krise, so zeigen Pandemie, Kriegsfolgen oder früher die Weltfinanzkrise, brauchen Regierungen die Förderbanken als verlässliche Partner, neben der KfW auch die Landwirtschaftliche Rentenbank und die Landesförderinstitute. Zugleich haben billige Förderdarlehen ihren Preis. Bund oder Länder garantieren für die Banken, die sich daher günstig am Kapitalmarkt refinanzieren können. Dieser Vorteil verschafft den Instituten jährlich einen Milliardenspielraum, doch liegt damit ein Risiko beim Steuerzahler.

Der Gegensatz lässt sich nicht lösen, indem Bund und Länder Förderbanken entweder schrumpfen oder aufblähen. Vielmehr muss ein hoher Einsatz mit Prinzipien der Zurückhaltung in Einklang gebracht werden. Beispiel Haftung: Gerade in der Finanz- und Coronakrise nahm der Staat den Geldhäusern, die Förderkredite ausreichen, einen Teil der Haftung ab. Das ist im moderaten Umfang sinnvoll, um einen Anreiz zur Kreditvergabe zu setzen. Die Haftungsfreistellung von 100% für „Schnellkredite“ in der Coronakrise ging aber zu weit. Die KfW sollte Berlin vor solchen Abenteuern warnen. Beispiel privates Kapital:  Um den deutschen Markt für Venture Capital zu beleben, tritt die KfW nicht etwa selbst direkt als Investorin auf, sondern stellt Geld für Wagniskapitalfonds bereit. So kooperiert sie mit privaten Geldgebern und gibt die konkrete Anlageentscheidung ab. Das Geschäft ist riskant, hält aber wesentliche Prinzipien ein – gut so! Beispiel Wirkungsmessung: In der Entwicklungsbank deckt ein Evaluierungsteam bereits Mängel auf, im Gesamtkonzern steht das Projekt aber eher noch am Anfang. Gerade das Debakel um die üppig geförderten und dann eilig auf Eis gelegten Energieeffizienzkredite zeigt, wie wichtig es ist, die Förderhöhe zielgenau auszurichten. Beispiel Risikomanagement: Ein Kredit von 100 Mill. Euro an Wirecard brachte die KfW-Tochter Ipex-Bank – ähnlich wie auch einige private Institute – in Verruf. Bleibt zu hoffen, dass die KfW aus dem Fehler lernt und mehr Vorsicht walten lässt, übrigens auch bei der Rettung von Konzernen wie Uniper.

Eine staatliche Institution muss also durch ihre Haltung und Kompetenz an Stärke gewinnen, nicht durch ein hohes Neugeschäft und einen üppigen Auftrag. Grundsätzlich versteht das Management diese Aufgabe. Die Worte von Bankchef Wintels und seinen Vorgängern wie Günther Bräunig und Ulrich Schröder zeugen jedenfalls davon, dass die KfW-Führung das Prinzip verinnerlicht. Auch war es für die Professionalisierung der KfW wichtig, dass sie seit 2016 der deutschen Finanzaufsicht BaFin untersteht, die seither Mängel in der IT und anderen Bereichen feststellte. Das setzte die Bank unter heilsamen Veränderungsdruck.

Die Herausforderung besteht darin, eine Kultur­ der Zurückhaltung auch im Innern zu verankern. Zuweilen sonnt sich die Institution in ihrem Erfolg. In einem Video an die Belegschaft­ erklärte der damalige Bankchef Bräunig zu Beginn der Pandemie, dass die KfW zur wesentlichen Infrastruktur zähle und von der Bundesregierung geschätzt werde. Wintels wiederum sieht ein „Jahrzehnt der Entscheidung“ und suggeriert damit eine zentrale Rolle der Bank. Dem Institut bescheinigt er einen tieferen Sinn („Purpose“), wovon das Haus als Arbeitgeberin profitiere. Stolz ist legitim, gerade für eine traditionsreiche Institution. Doch sollte Bescheidenheit stets das Leitmotiv sein.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.