Neobanken

Es hapert an vielen Stellen

Keine 5% der Neobanken sind profitabel, nicht mal unter den Top-Adressen ist die Quote besser. Die Defizite lassen sich klar benennen.

Es hapert an vielen Stellen

Vor rund zehn Jahren gingen die ersten Neobanken an den Start und konnten mit einem neuartigen digitalen Erlebnis schnell Kunden für sich begeistern. Heute kommen die weltweit 400 Neobanken auf nahezu eine Milliarde Konten und werden als Sektor kumuliert mit 300 Mrd. Dollar bewertet, zeigen Daten der Berater von Simon-Kucher. Mit Rückenwind vom Bewertungshype war es bislang kein Problem, Funding für die übliche Kombination aus Konto und Kartenzahlung zu erhalten – doch das ändert sich gerade.

Denn zum einen werden im Fintech-Sektor derzeit Abschläge von mindestens 30 % vorgenommen. Zum anderen zeigt der Report auf, dass die Neobanken einiges an Hausaufgaben zu erledigen haben. Keine 5 % der Neobanken sind profitabel, nicht mal unter den Top-Adressen ist die Quote besser. Die Defizite lassen sich klar benennen: Die Start-ups haben es verpasst, abseits der Kernprodukte zusätzliche Um­satzbringer aus sich abzeichnenden Trends aufzubauen. Stattdessen wurde Geld bei der geografischen Expansion verschleudert – vorzugsweise in Märkten mit ohnehin schon hoher Wettbewerbsdichte.

Was fehlt, sind Erweiterungen des Leistungsspektrums insbesondere um Investment-Dienste und Kredite. Wobei Letzteres mit dem Aufbau von Depositen ja naheliegend ist, aber dafür müsste man Kapazitäten für das Risikomanagement schaffen.

Was den Markt ein wenig aufbläht, sind die vielen kleinen Krauter, die nur über die Kreditkarte kommen und keine eigenen Lizenzen besitzen. Da dürfte mit erschwertem Zugang zu Anschlussfinanzierungen eine Auslese erfolgen. Solche Sorgen sind N26 zwar fremd, aber die Berliner haben wie wohl keine zweite Neobank Trends verschlafen und obendrauf Warnungen der BaFin ignoriert. Der Aktien- und Kryptoboom ging an N26 komplett vorbei, während Revolut damit ordentlich Erträge reinholte – auch so geht die Schere auf zur Konkurrenz. Für die Nachlässigkeiten in der Betrugsprävention hat man einen Neukundendeckel kassiert.

Im Gegensatz zu Revolut hat N26 aber frühzeitig in Lizenzen investiert – als Erwachsene haben Neobanken heute eben auch den ganzen Sack an regulatorischen Kosten zu schleppen. Dafür muss man dann aber mehr reinholen beim Umsatz pro Kunde. Da ist N26 rechtzeitig aufgewacht und betreibt den Übergang von gebührenfreien zu bepreisten Diensten. Es lauert aber schon die Konkurrenz der Speedboats, die von den Banken ins Rennen geschickt werden. Die haben eine moderne Infrastruktur und besetzen digitale Märkte. Die besten Zeiten für Neobanken sind wohl vorbei.

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