Nachhaltigkeit

ESG-Fintechs trotzen Finanzierungs­flaute

Fintechs, die sich auf Nachhaltigkeitsdaten spezialisiert haben, sammelten in Europa im laufenden Jahr bisher 641 Mill. Dollar ein, wie EY berichtet. Obwohl die Finanzierung derzeit insgesamt lahmt, verzeichnen die ESG-Spezialisten keinen Abbruch.

ESG-Fintechs trotzen Finanzierungs­flaute

bg Frankfurt

Die Transformation der Wirtschaft hin zu emissionsarmen Prozessen und der begleitenden Daten-Dokumentation verleiht dem Segment des „Climate Finance“ Auftrieb – das zeigt sich auch im Segment der ESG-Fintechs: Einer aktuellen Bestandsaufnahme von EY zufolge gibt es derzeit knapp 300 ESG-Fintechs in Europa, die per Ende September 641 Mill. Dollar an Kapital eingesammelt haben. Die Analysten erwarten, dass bis zum Jahresende 855 Mill. Dollar zusammenkommen werden, womit die Fintechs den Vorjahreswert von 844 Mill. Dollar knapp übertroffen hätten.

Dabei nahmen in diesem Jahr die Ticketgrößen spürbar zu, wie EY-Partner Christopher Schmitz sagt. Ihm zufolge stehen dieses Jahr 20% der Runden für 80% des Volumens, wobei sich die durchschnittliche Ticketgröße erheblich auf 11 Mill. Dollar erhöhte. Deutsche ESG-Fintechs haben dabei über die Jahre aufaddiert gut 200 Mill. Dollar an Risikokapital aufgenommen. Seit 2016 zieht das Volumen an.

Das Segment „Data and Rating“ zieht dabei europaweit die größte Aufmerksamkeit der Investoren auf sich. Das Wachstum der ESG-Spezialisten ist beachtlich, da der gesamte Fintech-Sektor in diesem Jahr ein um mindestens ein Drittel geschrumpftes Finanzierungsvolumen ausweist. Banken brauchen ESG-Fintechs, um die Wirkung ihrer Finanzierungen mit möglichst granularen Daten regulatorisch darzulegen. Dafür wurde bereits die sogenannte „Green Asset Ratio“ (GAR) aufgesetzt.

Um auf dem Pfad hin zur Klimaneutralität im Kreditbuch voranzukommen, müssten die Banken die Transformation der Immobilienfinanzierungen erheblich beschleunigen, sagt Schmitz. Und dafür muss im System des Gebäudesektors selbst angesetzt werden. Den EY-Daten zufolge müsste die durchschnittliche jährliche Energieeffizienz-Renovierungsrate in Deutschland bis 2030 um 73% beschleunigt werden – und bei den für 2045 formulierten Klimaneutralitätsvorgaben sogar um 91%. Daraus leiten sich zusätzliche Gebäude-Investitionen von 147 Mrd. Euro ab, nur um für 2045 auf Kurs zu bleiben. Um die Transformation des Portfolios gezielt auf den Weg zu bringen, hat zum Beispiel die ING für ihre Immobilienfinanzierung eine Modernisierungs-Beratungsplattform bereitgestellt, die zusammen mit der KfW entwickelt wurde. Das ermöglicht eine passgenaue Kalkulation von Investitionen und Einsparungen über den Lebenszyklus eines Objektes – was schon beim Kauf einer Immobilie ein Kriterium ist.

Bei der Green Asset Ratio dringt EY auf einheitliche Methoden und Datendefinitionen. Denn bei einer Stichprobe kam heraus, dass die eine Hälfte der Banken die grüne Quote im Portfolio überschätzte, während die andere Hälfte sich selbst unterschätzte. Zudem ergeben sich zum Teil erhebliche Abweichungen bei den Einschätzungen des EU-Regulierers EBA und den Banken selbst.

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