Vernachlässigte Zielgruppe

Female Finance rückt langsam in den Fokus

Frauen als Zielgruppe werden von der Finanzindustrie noch immer unterschätzt. Daran ändert sich nur allmählich etwas.

Female Finance rückt langsam in den Fokus

Von Antje Kullrich, Köln

Die Finanzindustrie hat Frauen als Kundengruppe noch viel zu wenig im Blick. Die Beratung ist nicht auf die Bedürfnisse zugeschnitten, Frauen erhalten schwerer Zugang zu Krediten, und das oft zu schlechteren Konditionen. In Podcasts und Blogs wird die Notwendigkeit von Female Finance bereits länger diskutiert. Auch in der Sparkassengruppe nehmen sich jetzt Teile der Organisation des Themas an. „Doch da noch etwa 90% der digitalen Produkte und Services von Männern kreiert werden, sind die speziellen weiblichen Bedürfnisse meist noch nicht konkret platziert“, konstatierte eine Studie des Sparkassen Innovation Hub bereits vor einem Jahr.

Die Sparkasse KölnBonn geht das Problem jetzt systematisch an. Ein Kreis von Managerinnen hat eine Veranstaltungsserie organisiert. „Wir wollen zunächst Wissen vermitteln“, erläutert Stefanie Schulze, Teamleiterin im Private Banking und Mitgründerin und Sprecherin im Frauennetzwerk der Sparkasse KölnBonn. Nach einer Testreihe 2022, die wegen der Pandemie noch rein digital stattfand, hat die Sparkasse KölnBonn jetzt eine breitere Veranstaltungsreihe initiiert, die zum Weltfrauentag startet. Ein Dutzend Vorträge, fast alle in Präsenz, sind von März bis in den Mai hinein geplant. Die Nachfrage ist nach Angaben der Organisatorinnen groß: Mehrere Veranstaltungen wie „Investieren ist weiblich“ seien bereits kurz nach der Ankündigung ausgebucht gewesen. Die Organisatorinnen wollen die Vortragsreihe jetzt ganzjährig etablieren.

Strauß an Angeboten

Angekommen ist Female Finance in der Sparkassengruppe nämlich längst noch nicht. „Wir sehen uns in einer Vorreiterrolle“, sagt Theresa Fuchs, Abteilungsleiterin Kundenkommunikation und Mitglied des Kölner Frauennetzwerks „Macherinnen CGN“. Es gehe weniger um spezielle Produkte für Frauen, sondern um eine Sensibilisierung in Beratung und Vertrieb für die speziellen Bedürfnisse von Frauen. Lebensphasenberatung sei da ein wichtiger Punkt. Die Organisatorinnen bei der Sparkasse KölnBonn versuchen auch intern im Vertrieb, diese Ansätze zu vermitteln.

Ein ganzer Strauß von Angeboten und Ideen in Sachen Female Finance existiert mittlerweile im Fintech-Segment – auch wenn es insgesamt ein Nischenthema bleibt. Die Studie des Sparkassen Innovation Hub zählt mehr als 60 Gründungen, die sich mit dem Thema Female Finance beschäftigen. Die zehn aus Investorensicht vielversprechendsten Fintechs haben rund 1,3 Mrd. Dollar an Kapital eingesammelt. So zählt zum Beispiel Ellevest zu den schon etwas etablierteren Adressen in der Finanzbranche.

Das US-amerikanische Fintech wurde bereits 2014 gegründet und erhielt Venture Capital unter anderem von Melinda Gates’ Pivotal Ventures und dem früheren Google-Chef Eric Schmidt. Ziel war es, einer weiblichen Zielgruppe eine Investmentplattform zu bieten. Der Vermögensverwalter hat nach eigenen Angaben heute 1,5 Mrd. Dollar Assets unter Management und rund 90% Frauen als Kundinnen.

Auch in Deutschland haben sich Fintechs gegründet, die sich mit Female Finance beschäftigen. Sichtbar wurden sie unter anderem bei der letztjährigen Fintech Week in Hamburg, bei der es zum ersten Mal einen Female Fintech Day gab. Die 2018 gegründete Finmarie aus Berlin hat vor zwei Jahren eine Seedfinanzierung unter anderem des Hightech-Gründerfonds erhalten. Mit Financery ist ebenfalls vor fünf Jahren ein Robo-Advisor für Frauen an den Start gegangen. Das verwaltete Vermögen ist mit 2,5 Mill. Euro aber noch verschwindend gering.

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