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Fidors Jahresbilanz ist ein Zeugnis des Scheiterns

Der jüngst veröffentlichte Geschäftsbericht der Fidor Bank legt abermals Zeugnis ab über das finanzielle Desaster des französischen Mutterkonzerns BPCE mit seinem Münchner Zukauf.

Fidors Jahresbilanz ist ein Zeugnis des Scheiterns

Von Stefan Kroneck, München

Das Schicksal der Fidor Bank ist besiegelt. Nach einem gescheiterten Versuch der BPCE, ihre Münchner Tochtereinheit an den US-Finanzinvestor Ripplewood Advisors abzugeben, beschloss der französische Mutterkonzern im November, die Internetbank 13 Jahre nach ihrem Marktstart zu liquidieren (vgl. BZ vom 19.11.2022). Zwei Monate nach dieser Entscheidung verdeutlicht der dieser Tage im Bundesanzeiger veröffentlichte Geschäftsbericht 2021 von Fidor, in welcher schlechten Verfassung sich das Institut befindet. Daraus ist erkennbar, warum der Eigentümer mit Sitz in Paris sieben Jahre nach dem Erwerb von Fidor im vergangenen Herbst endgültig die Reißleine zog.

Zwar konnte die Bank ihren Nettoverlust auf 28 Mill. Euro begrenzen nach einem Defizit von zuvor 121 Mill. Euro, doch das Resultat zeigt, dass das Unternehmen weiterhin tiefrote Zahlen schreibt. Zur Erinnerung: 2020 verbuchte Fidor diesen rekordhohen Fehlbetrag aufgrund abgeschriebener Firmenanteile am veräußerten Bereich Fidor Solutions. In Bezug auf den Verlustausweis 2021 heißt es im Bericht lapidar, dass das „prognostizierte Ergebnisziel im Wesentlichen“ erreicht worden sei.

Die operativen Zahlen sind ein Horror. Die Personal- und sonstigen Verwaltungsaufwendungen waren mit 48 Mill. Euro mehr als dreimal so hoch wie das erwirtschaftete Zins- und Provisionsergebnis (15 Mill. Euro). Aufgrund des erneuten Jahresdefizits musste BPCE 28 Mill. Euro nachschießen (Zuzahlungen in die Kapitalrücklage). Ein Jahr davor waren es über 67 Mill. Euro. Der kumulierte Bilanzverlust des eine Bilanzsumme von 1,7 Mrd. Euro aufweisenden Instituts weitete sich auf 273 Mill. Euro aus.

Im Jahresabschluss, den PwC am 14. März 2022 testiert hat, äußerte sich der Vorstand in seinem Ausblick noch zuversichtlich, bis zum Jahr 2024 „die Gewinnschwelle“ zu erreichen. In der misslichen Lage glich das einem Zweckoptimismus. Für 2022 stellte die Geschäftsleitung unter Führung von Boris Joseph ein „leicht verbessertes Ergebnis“ und für 2023 einen „deutlichen“ Ergebnisanstieg in Aussicht. Seinerzeit lief dem Bericht zufolge ein Inhaberkontrollverfahren aufgrund des geplanten Verkaufs von Fidor an Ripplewood. Nach langen Verzögerungen sollte diese Transaktion endgültig bis Mitte 2022 abgeschlossen sein.

Finanzielles Desaster für BPCE

Doch dazu kam es nicht. Eine Abwicklung zeichnete sich als Alternative für die BPCE-Führung zu diesem Zeitpunkt bereits ab. „Sollte bis zum 30.06.2022 kein Verkauf an Ripplewood­ stattfinden, beschränken sich die Geschäftsaktivitäten der Fidor auf das fortlaufende (…) Bestandsgeschäft“, schrieben die Münchner in dem Bericht.

Für BPCE erwies sich die Übernahme von Fidor als finanzielles Desaster. Neben dem Kaufpreis von geschätzten 100 Mill. Euro verbrannten die Franzosen infolge von zahlreichen nachfolgenden Stützungsmaßnahmen für die hoch defizitäre Konzerntochter nach bisherigem Stand kumuliert rund eine halbe Milliarde Euro. BPCE schaffte es nicht, das von Matthias Kröner gegründete Institut in die eigene Expansionsstrategie erfolgreich einzugliedern.

Am Ende wollte der französische Eigentümer Fidor nur noch loswerden. Jetzt steht eine Abwicklung bis 2024 an. Ein Prozess, der noch mal viel Geld verschlingen wird. Dem bisherigen Rhythmus der Veröffentlichung zufolge wird der Geschäftsbericht 2022 voraussichtlich Anfang 2024 im Bundesanzeiger publiziert. Auch dieses Zahlenwerk der vom Markt verschwindenden Bank dürfte aller Voraussicht nach erneut tiefrot ausfallen.