Kreditgenossen

„Größe ist kein Wert an sich“

Die Verbundvolksbank OWL ist im Laufe der Jahre über Fusionen zu ansehnlicher Größe herangewachsen. Doch „Größe ist kein Wert an sich“, sagt Bankchef Ansgar Käter im Gespräch.

„Größe ist kein Wert an sich“

Von Annette Becker, Düsseldorf

Allen Unkenrufen zum Trotz gibt es sie noch, die Genossenschaftsfusionen, die problemlos durchlaufen. Die Verbundvolksbank OWL ist darin sozusagen Meister. Im Spätsommer wird die Fusion mit der Volksbank Brilon-Büren-Salzkotten vollzogen, dann erweitert sich der Kundenstamm von 225 000 auf 300 000 Kunden, wie Vorstandschef Ansgar Käter im Gespräch mit der Börsen-Zeitung erläutert. Doch: „Größe ist kein Wert an sich, sie muss zu Mehrleistung und Mehrwert führen“, ist Käter überzeugt. Zwar sei unumstritten, dass die Regulatorik das Fusionsgeschehen antreibe, aber fusionierende Banken „müssen vor allem in der Marktbearbeitung zusammenpassen“. Von daher habe sein Haus bei jedem Zusammenschluss darauf geachtet, die Marken der Fusionspartner zu erhalten.

Es gibt sie also weiterhin, die Volksbank Minden, die Volksbank Detmold, die Volksbank Höxter usw. Im Ergebnis unterhält die Verbundvolksbank künftig sieben Zweigniederlassungen, inklusive des Bankvereins Werther in Bielefeld. Ganz abgegrast ist das Gebiet damit aber noch nicht. „In unserer Region gibt es noch 13 bis 14 selbständige Volksbanken“, sagt Käter und ergänzt: „Die natürliche Grenze des Wachstums ist erreicht, wenn die Regionalität in der Steuerung nicht mehr sichergestellt ist.“ An dieser Stelle ist die Verbundvolksbank nach eigenem Dafürhalten aber noch nicht angekommen. Zudem macht die Region nicht notwendigerweise an der Grenze von Ostwestfalen-Lippe (OWL) halt. Das belegt auch die bevorstehende Fusion, liegt Brilon doch im Sauerland.

Mit einer Bilanzsumme von zuletzt 7,5 Mrd. Euro gehörten die Paderborner schon 2021 zu den Top 20 der insgesamt 772 Volks- und Raiffeisenbanken der Republik. Nach der Verschmelzung werden es 9,5 Mrd. Euro sein, womit die Verbundvolksbank die GLS Bank von Rang 13 verdrängen könnte. Käter macht deutlich, dass er die Zusammenschlüsse vornehmlich von der Marktseite her bewertet. Bei Fusionen, die rein aus der Not eines Partners heraus geboren werden, ist der Bankchef dagegen zögerlich.

An bilanzieller Stärke mangelte es der Verbundvolksbank dafür gleichwohl nicht. Den abgelaufenen Turnus haben die Ostwestfalen mit einem Teilbetriebsergebnis von 0,91 % der Durchschnittsbilanzsumme (DBS) abgeschlossen, ein Wert, der in der Region seinesgleichen sucht. Die Institute des Genossenschaftsverbands – Verband der Regionen brachten es auf 0,82 % der DBS, die Institute des Sparkassenverbands Westfalen-Lippe auf lediglich 0,75 % der DBS.

„2021 war unser erfolgreichstes Vertriebsjahr“, freut sich Käter und verweist darauf, dass das Betriebsergebnis vor Bewertung mit 66,9 Mill. Euro nicht nur einen Rekord darstellte, sondern auch die eigene Zielsetzung toppte. „Unsere Planüberschreitung im Betriebsergebnis speiste sich mit 7 Mill. Euro aus Ertragswachstum und mit rund 3 Mill. Euro aus Kostensenkung.“

Dank eines positiven Bewertungsergebnisses – letztlich gelang ein Swing um fast 10 Mill. Euro – landete das Betriebsergebnis nach Bewertung mit 67,2 Mill. Euro um fast 30 % über dem Vorjahreswert. Entsprechend blieb Spielraum für die Rücklagendotierung. Allein in den Fonds für allgemeine Bankrisiken (§340g HGB) wanderten gut 31 Mill. Euro.

Viel Wind im Portfolio

Das Ertragswachstum speiste sich nicht nur aus dem brummenden Kreditgeschäft, sondern auch aus dem Einlagengeschäft. „Wir verdienen auch im Einlagengeschäft Geld, weil es uns gelingt, Kundeneinlagen in außerbilanzielles Wachstum umzulenken“, erläutert der Bankchef. Das spiegelt sich im Provisionsüberschuss, der auf 43,6 (i.V. 39,2) Mill. Euro zulegte. Doch auch der Zinsüberschuss wuchs um knapp 2 % auf 118,4 Mill. Euro. Das lag natürlich an der nachträglich ausgeschütteten Dividende der DZ Bank, wie Käter erläutert. Doch auch ohne diese wäre die Ertragskennziffer leicht über dem Vorjahreswert gelandet. Eine Rolle spielten dabei auch die Sonder-Refinanzierungsgeschäfte (TLTRO) der EZB, die zum Wachstum im Zinsertrag beitrugen. „Wir haben nur 150 Mill. Euro aus den TLTRO-Geschäften der EZB genommen. Eine nachhaltige Ertragsentwicklung ist uns an dieser Stelle wichtiger als einmalige hohe Zinseinnahmen“, rückt Käter die Größenordnung ins rechte Licht.

Der größte Wachstumsschub kam 2021 aus dem Kreditgeschäft. Der Kreditbestand der Bank erhöhte sich um fast 10 % auf über 5 Mrd. Euro. Noch kräftiger zogen die offenen Darlehenszusagen an, die um 42 % auf 474 Mill. Euro wuchsen. Dabei haben sich die Zusagen an Privatkunden nahezu verdoppelt. Im Vordergrund standen dabei Baufinanzierungsgeschäfte.

Das kräftigste Wachstum verzeichnete die Verbundvolksbank allerdings in der Projektfinanzierung. Dort vervielfachte sich das Volumen auf 51 (14) Mill. Euro. Davon entfallen 95 % auf Windkraftprojekte. In diesem Teilbereich ist die Genossenschaftsbank seit vielen Jahren mit einem eigenen Beraterteam unterwegs, das die erforderliche Expertise mitbringt. Von Klumpenrisiko will Käter in diesem Zusammenhang allerdings nichts wissen: „In unserem Windkraftportfolio, das 600 Mill. Euro schwer ist, gab es noch nie eine Leistungsstörung. Es ist ein risikoarmes Geschäft“, sagt der Banker und verweist darauf, dass dieses Teilportfolio von Corona- und Ukraine-Risiken nahezu unbeeinflusst ist.

Kosteneffizienz

Für die zugesagten Unternehmenskredite, die 2021 um 11% auf 271 Mill. Euro wuchsen, gilt das dagegen nicht. „Von den Verwerfungen als Folge des Kriegs, den gestörten Lieferketten und der Inflation spüren wir in der Kreditnachfrage und im Bewertungsergebnis Kredit aktuell noch nichts. Ich gehe aber davon aus, dass die Kreditnachfrage im zweiten Halbjahr zurückgehen wird“, sagt Käter, der selbst hinter die kürzlich revidierten Wachstumsprognosen für 2022 und 2023 ein Fragezeichen setzt. Eine Rezession erwartet der Bankchef jedoch nicht.

Als Erfolg verbucht Käter aber auch die Entwicklung der Kosten-Ertrag-Relation, die im abgelaufenen Turnus auf 60,8 % zurückgeführt wurde. „Mittelfristig wollen wir unsere Cost-Income-Ratio von knapp 61 % verteidigen“, gibt Käter als Marschroute aus, räumt jedoch ein: „Die anstehende Fusion wird uns 2022 kurzfristig zwei bis drei Prozentpunkte kosten.“ Am Ende aber werde man gemeinsam besser dastehen als jede der Banken für sich, ist Käter überzeugt. Und besser noch: Auch die Genossenschaftsmitglieder sehen das so, stimmten doch beide Vertreterversammlungen dem Fusionsvorhaben mit 100 % zu.

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