Giovanni Sabatini

Italiens Banken fordern weitere Hilfen

Trotz Rekordgewinnen der Banken fordert der italienische Bankenverband Abi die Verlängerung von Hilfsmaßnahmen. Wenn Unternehmen Kredite nicht zurückzahlen können, droht nicht nur ihnen, sondern auch den Banken und letztlich dem Staat Schaden.

Italiens Banken fordern weitere Hilfen

Von Gerhard Bläske, Mailand

Trotz Rekordgewinnen der Banken fordert der italienische Bankenverband Abi die Verlängerung von Hilfsmaßnahmen. „Die Pandemie, die Probleme der Rohstoffversorgung und die hohen Energiepreise deuten einerseits auf eine Abschwächung des Wirtschaftswachstums und andererseits auf eine Zunahme der Unsicherheit hin“, sagte Giovanni Sabatini, Generaldirektor des Bankenverbands, der Börsen-Zeitung. „Es braucht deshalb Hilfe für Unternehmen. Wenn Unternehmen Kredite nicht zurückzahlen können, droht nicht nur ihnen, sondern auch den Banken und letztlich dem Staat Schaden“, so Sabatini. Der Generaldirektor plädiert für eine Verlängerung staatlicher Kreditgarantien über den 31. März hinaus bis Ende Juni.

Während Abi für eine generelle Verlängerung der Garantien ist, plädiert Notenbankchef Ignazio Visco für eine Verlängerung nur für die Branchen, die besonders betroffen sind, also etwa Gastronomie und Hotels. Sabatini erwartet eine Entscheidung in den nächsten Tagen. Es gebe „konstruktive Kontakte mit der Regierung und Signale, dass zumindest ein Teil der Forderungen der Banken berücksichtigt wird.“

Generell rechnet Sabatini damit, dass sich die positive Entwicklung der italienischen Banken fortsetzt – „auch wenn 2022 der Anteil fauler Kredite moderat von zuletzt 4,1 auf 4,9% brutto wachsen wird“. Italiens Banken hätten die Krise hinter sich gelassen. Die Konsolidierung werde sich fortsetzen. Die Bank BPER ist dabei, die Genueser Carige zu übernehmen. Außerdem soll die HVB-Mutter Unicredit an einer Übernahme der drittgrößten Bank BPM interessiert sein. „Damit die europäischen Banken mit amerikanischen Kolossen wie Goldman Sachs und Morgan Stanley konkurrieren können, sollte es bald eine Konsolidierung auf europäischer Ebene geben“, findet Sabatini. Voraussetzung dafür sei die Realisierung einer Bankenunion mit einer entsprechenden Vereinheitlichung von Regeln und etwa einem einheitlichen Insolvenzrecht. „Das wäre im Interesse der europäischen Wirtschaft.“

Nach Ansicht Sabatinis müssen auch kleinere Volksbanken, Sparkassen und genossenschaftliche Institute ihren Platz haben, „wenn sie gut geführt sind. Uniformität bzw. eine große Bank für alle ist nicht sinnvoll.“ Auch kleinere Unternehmen auf dem flachen Land bräuchten Ansprechpartner. In Italien gibt es nur noch relativ wenige Volksbanken und Sparkassen. Die genossenschaftlichen Banken sind, mit Ausnahme von Südtirol, in zwei großen genossenschaftlichen Gruppen organisiert.

Nach der Übernahme von Carige durch BPER verbleiben mit der Volksbank von Bari und der Monte dei Paschi di Siena (MPS) zwei ganz bzw. mehrheitlich staatliche Probleminstitute. Wie es mit der Volksbank von Bari, deren Rettung den Einlagensicherungsfonds Fitd der Privatbanken 1,2 Mrd. Euro gekostet hat, weitergeht, ist derzeit auch Sabatini nicht klar. Im Gespräch ist die Schaffung einer Staatsbank für den Süden, zu der womöglich auch Filialen zählen, die derzeit zur Monte dei Paschi gehören. Über deren mögliches Zukunftsszenario äußert sich Sabatini deutlicher: „Für eine Privatisierung braucht es mehr Zeit. Mit etwas mehr Flexibilität und Zeit für die Sanierung könnte die Bank für einen Erwerber interessanter werden. Die Bank jetzt schnell losschlagen zu wollen, wäre für den Staat kein gutes Geschäft“, glaubt der Abi-Generaldirektor. Der neue CEO müsse nun einen neuen Strategieplan vorlegen und eine Kapitalerhöhung auf den Weg bringen.

Sabatini ist gegen eine Anhebung der Zinsen durch die Europäische Zentralbank (EZB), die vor allem Bankenvertreter und viele Ökonomen aus Deutschland und Nordeuropa fordern. „Die vorsichtige Haltung der EZB ist durch die unterschiedliche Situation in Europa im Vergleich zu den USA gerechtfertigt, auch wenn ein leichter Anstieg positiv für die Banken wäre.“ Er sieht keine Überhitzung der Wirtschaft und hielte eine Zinserhöhung „zum jetzigen Zeitpunkt“ für „kontraproduktiv und wachstumsschädlich“.

Der deutliche Anstieg des Spreads zwischen deutschen und italienischen Zehnjahresanleihen auf über 170 Basispunkte beunruhigt Sabatini vorerst nicht. „In Anbetracht der durchschnittlichen Laufzeit der Schulden hat dies kaum Auswirkungen auf die italienische Verschuldung. Die Befähigung, die Ressourcen des europäischen Wiederaufbauprogramms sinnvoll zu nutzen, und die Erholung des Wachstums mit Raten, die über den Kosten der Schulden liegen, werden dazu beitragen, den Umfang des Aufbauprogramms und sein Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt zu verringern und zukünftige Spannungen zu vermeiden“, so der Abi-Generaldirektor.

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