Wohnimmobilienpreise

Keine Angst vorm großen Knall!

Deutsche Wohnimmobilien sind laut Schätzung der Bundesbank überbewertet. Doch weder Banken noch Privatleute sollten den absehbaren Preisrückgang fürchten.

Keine Angst vorm großen Knall!

Hohe Zahlen suggerieren zuweilen Gefahr: Um sage und schreibe 20% bis 30%, so schätzt die Bundesbank, sind deutsche Wohnimmobilien noch immer überbewertet. In Städten sind die Wohnobjekte sogar 25% bis 40% teurer, als es „soziodemografische und wirtschaftliche Faktoren“ anzeigen. Auf den ersten Blick legt die Analyse einen kräftigen und abrupten Preisrutsch nahe, nachdem sich Wohnimmobilien seit Mitte des zurückliegenden Jahres bisher nur moderat verbilligt haben. Doch so dramatisch die Zahlen wirken, spricht doch wenig für einen Knall.

Denn eine Schätzung für eine Überbewertung sollte nicht mit einer Prognose für den Preisrückgang verwechselt werden. Wohnimmobilien haben sich zwar nicht nur absolut verteuert, sondern auch relativ zu den typischen Faktoren wie Einkommen und Hypothekenzinsen. Ob Privatleute aber hunderttausendfach zu viel für ihr Wohnglück bezahlten, folgt daraus noch lange nicht. Es bleibt viel Ermessensspielraum, welchen ökonomischen Wert eine Immobilie besitzt. Die wichtigste Variable ist die künftige Wertentwicklung im Laufe der Jahrzehnte, die sich nur grob schätzen lässt. Auch andere Größen wie die Mietentwicklung, Instandhaltungskosten und Renditen alternativer Geldanlagen lassen sich nur ungefähr abstecken. Kaufpreise von teils mehr als dem 30-Fachen einer jährlichen Nettokaltmiete sind happig, können sich aber im Laufe von zwei, drei oder vier Jahrzehnten für die Käufer im Vergleich zum Anmieten eines Wohnobjektes rechnen.

Da eine scharfe Grenze zwischen „hoch“ und „zu hoch“ fehlt, kann auch niemand seriös sagen, wie viel spekulativer Überschwang in der Preisentwicklung der Vorjahre steckt. Somit fehlt ein belastbarer Hinweis darauf, dass die Immobilienpreise abrupt abfallen oder gar Schockwellen nach sich ziehen. Gegen ein Krisenszenario spricht jedenfalls, dass Wohnraum knapp ist und angesichts schleppender Bautätigkeit auch vorerst gefragt bleiben wird. Ein Knall dürfte ausbleiben.

Gleichwohl werden die Preise sinken, denn die Änderung im vergangenen Jahr war deutlich. Der Anstieg der Bauzinsen um zweieinhalb bis drei Prozentpunkte kommt einer saftigen Verteuerung einer Immobilie gleich. Privatleute hielten sich daher zuletzt mit dem Erwerb von Wohneigentum zurück. Es dauert eine Weile, bis auch Verkäufer ihre Vorstellungen an die Realität anpassen und der Markt wieder in Schwung kommt. Die Luft entweicht also nach und nach mit einem leisen Zischen. Pfff statt Peng, lautet die Prognose.

Für kaufwillige Privatleute sind aber nicht nur Immobilienpreis und Zinskonditionen, künftige Wertsteigerung und alternative Mietentwicklung relevant. Eine selbst genutzte Immobilie ist vielmehr eine Entscheidung fürs Leben. Das Platzen einer Partnerschaft ist ein größeres Risiko als das einer Immobilien­blase, ein etwaiger abrupter Tod für die persönliche Planung wichtiger als eine Überbewertung in einer Modellrechnung. Für Banken wiederum ist ein möglicher Preisverfall, der die Verwertung einer Immobilie erschwert, ein geringeres Problem als die aktuellen Wertverluste in der Eigenanlage oder die lange Zinsbindung der Darlehen aus der Tiefzinsphase. Niemand wünscht sich eine geplatzte Immobilienpreisblase, doch sie wäre nicht das größte Problem.

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