Blockchain-Technologie

Krypto-Services bieten Regionalbanken mehr als nur Ertragschancen

Aktuelle Entwicklungen aus dem Bereich der Blockchain-Technologie und der sich daraus entwickelnden Krypto-Ökonomie stellen die seit Jahrhunderten nahezu unveränderten Konzepte der Ökonomie und Finanzwissenschaften zunehmend und grundlegend in...

Krypto-Services bieten Regionalbanken mehr als nur Ertragschancen

Aktuelle Entwicklungen aus dem Bereich der Blockchain-Technologie und der sich daraus entwickelnden Krypto-Ökonomie stellen die seit Jahrhunderten nahezu unveränderten Konzepte der Ökonomie und Finanzwissenschaften zunehmend und grundlegend in Frage. Dabei stellen Kryptowährungen, wie sie im öffentlichen Diskurs inzwischen einer breiteren Öffentlichkeit bekannt sind, nur die Spitze des Eisberges dar. Vielmehr sind sie Treiber struktureller Veränderungen in nahezu allen sozioökonomischen Dimensionen.

Die Entwicklung der Krypto-Ökonomie befindet sich noch in einem frühen Stadium, vergleichbar mit dem Internet der späten 1990er oder frühen 2000er Jahre. Der aktuelle Crash am Kryptomarkt weist damit eine weitere Parallele zum Internet im besagten Zeitraum auf, wenngleich die Autoren hier ausdrücklich keinen kausalen Zusammenhang unterstellen.

Wie im frühen Internet auch ist das Grundverständnis für die Technologie und die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, in der breiten Masse der potenziellen Nutzer noch nicht angekommen. Das zeigt auch die kürzlich getroffene Einschätzung von Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), die Kryptowährungen als wertlos bezeichnet, da „(…) sie auf nichts basieren (und) es keinen zugrundeliegenden Vermögenswert gibt, der als Sicherheitsanker fungiert“.

Breites Anwendungsspektrum

Die Aussage irritiert in mehrfacher Hinsicht. Der größte Trugschluss besteht darin, dass die Blockchain-Technologie auf den Einsatz als Währung reduziert wird, was deutlich zu kurz greift. Grundsätzlich können mithilfe von Blockchains Eigentumsverhältnisse festgeschrieben werden. Assets bzw. Tokens als ihre Repräsentationen auf der Blockchain bieten dabei viel breitere Möglichkeiten und Anwendungsszenarien als die klassischen Geldfunktionen als Tauschmittel, Recheneinheit und Wertspeicher.

Die Tokenisierung von Assets ermöglicht eine Fraktionalisierung materieller Assets wie Immobilien oder sonstiger (Wert-)Gegenstände, aber auch immaterieller Vermögenswerte wie Wertpapiere, Partizipations- und Governance- und IP-Rechte. Einerseits wird dadurch die Fungibilität jeglicher tokenisierter Güter erhöht, andererseits ermöglichen automatisierbare Add-on Services (z.B. via Smart Contracts) zusätzlichen ökonomischen Mehrwert, beispielsweise durch ein automatisiertes Abführen von Lizenzgebühren bei Verkäufen bis hin zur Verwendung der Güter als Sicherheit.

Die meisten aktuellen Anwendungen oder Services in der Krypto-Ökonomie haben einen starken Finanzdienstleistungsbezug und werden durch „Krypto-native Services“ und Start-ups besetzt. Zu diesen Anwendungen und Services gehören Finanzdienstleistungen aus allen klassischen Finanzdienstleistungsbereichen wie Zahlungsverkehr, Kreditvergabe und -aufnahme, Vermögensverwaltung, Custody etc.

Grundsätzlich sollte zwischen zentralen und dezentralen Akteuren differenziert werden. Zentrale Akteure unterscheiden sich nicht stark von klassischen Finanzdienstleistern, mit dem Unterschied, dass sie ihre Dienstleistungen in der Krypto-Ökonomie und damit im Wesentlichen unreguliert anbieten. Dass dieses Geschäft hochriskant ist, zeigt das Beispiel Celsius, die kürzlich Insolvenz anmelden mussten und von deren Pleite auch deutsche Anleger betroffen sind. Dezentrale Akteure hingegen entwickeln ihre Services meist so, dass diese auf der Blockchain über Smart Contracts automatisiert abgewickelt werden. Aus Sicht der Akteure eröffnen sich daraus enorme Skalierungsmöglichkeiten.

Auch den Regionalbanken bieten sich durch die sich entwickelnde Krypto-Ökonomie neue Anwendungsfälle. Grundsätzlich müssen sich Institute aber zunächst die Frage stellen, welche Rolle sie in diesem Umfeld einnehmen wollen und können. Da sie zentral agieren, liegen ihnen einige Geschäftsmodelle in der Krypto-Ökonomie näher am beste­henden Leistungsspektrum als andere.

Einige Serviceleistungen haben bereits einen hohen Reifegrad mit einer Vielzahl an existierenden Dienstleistern, die für eine Umsetzung in Frage kommen. Etwa das Brokerage, in dem Unternehmen wie Coinbase, Scalable oder Trade Republic den Zugang zum Kryptomarkt anbieten. Auch in der Anlageberatung und im Assetmanagement haben einige Anbieter ihr Angebot um Krypto-Assets erweitert. Ein weiterer etablierter Servicebereich ist die zentrale (treuhänderische) oder dezentrale (Wallet-Lösungen) Verwahrung von Krypto-Assets durch Custodians.

Diese Services bieten neben Ertragschancen auch einen nah am bestehenden Geschäftsmodell liegenden Einstieg in das Thema Krypto-Ökonomie. Diese Erweiterung des Leistungsspektrums hält dabei bestehende Kunden davon ab, für benannte Services zu Wettbewerbern zu wechseln. Gleichzeitig steigt die Attraktivität für Neukunden, die bisher auf Fintechs ausgewichen sind. Außerdem können Regionalbanken mit ihrem langjährigen Vertrauensvorsprung punkten. Um dieses Vertrauen jedoch nicht zu verspielen, gilt es, Chancen und Risiken der neuen Assetklasse konsequent und transparent den Kunden gegenüber zu vermitteln und sich schrittweise dem Thema zu nähern.

Dreistufiger Einstieg

Für den Einstieg in die Krypto-Ökonomie empfiehlt sich ein dreistufiges Vorgehen für Regionalbanken. In einem ersten Schritt ist ein konsequenter Wissensaufbau essenziell, um im Folgenden eine strategische Stoßrichtung im Führungskreis festlegen zu können. Hierbei ist zu beachten, dass der Wissensaufbau auf breiter Basis und ressortübergreifend erfolgten sollte, um Implikationen auf das bestehende Geschäftsmodell fundiert bewerten zu können.

In einem zweiten Schritt gilt es, die möglichen Einstiegsszenarien konzeptionell auszugestalten, auf Chancen und Risiken hin zu bewerten und eine Grundsatzentscheidung zur weiteren Umsetzung abzuleiten. Dabei sollten einzelne Services frühzeitig und mithilfe eines agilen Vorgehens pilotiert werden. Ein frühzeitiges Eingreifen bzw. Adaptieren der Services auf Kundenanliegen wird ermöglicht.

Im dritten Schritt werden die validierten Services in einem breiteren Roll-out sukzessive am Markt etabliert. Dabei ist ein flankierendes Kommunikations- und Marketingkonzept für die erfolgreiche Markteinführung essenziell, welches nicht nur vertriebliche Aspekte, sondern vor allem auch Wissens- und Risikovermittlung adäquat adressiert. Im Fokus sollten dabei nicht die gesamte Kundenbasis, sondern vielmehr gezielt kryptoaffine Kunden stehen, die für diese Services in Frage kommen und denen eine Risiko-Nutzen-Abwägung mithilfe des bereitgestellten Wissens zuzutrauen ist.