Regulierung

Neue Regeln für grüne Produkte in der Beratung

Mifid-II-Änderungen zur Nachhaltigkeit in der Anlageberatung treten in zwei Stufen in Kraft. Vorgaben für grüne Produkte gelten erst ab Ende November.

Neue Regeln für grüne Produkte in der Beratung

wbr Frankfurt

Seit dem 2. August sind Berater auf Basis der überarbeiteten Finanzmarktrichtlinie Mifid II verpflichtet, Informationen über die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden zu sammeln. Berater müssen nun Kundenprofile aktualisieren und dabei berücksichtigen, welche grünen Produkte sie empfehlen. Neben der ESG-Beratung stehen weitere Änderungen an, denn die Umsetzung tritt in zwei Phasen in Kraft.

Die delegierte Richtlinie EU 2021/1269 betrifft die Einbeziehung von Nachhaltigkeitsfaktoren in die Produktüberwachungspflichten (Product Governance). Sie besagt, dass im Zuge des Produktgenehmigungsverfahrens eines Finanzinstruments Nachhaltigkeitsfaktoren und entsprechende Ziele zu berücksichtigen sind. Die Product Governance bzw. das Produktfreigabeverfahren soll den verantwortungsvollen Umgang mit Finanzprodukten sicherstellen und die Kunden schützen. Die Richtlinie war bis zum 21. August 2022 umzusetzen. Ab dem 22. November gelten die neuen Mifid-II-Vorschriften für die Einbeziehung von Nachhal­tigkeitsfaktoren in die Regeln für ­Produkte.

Zusätzlich zu den neuen gesetzlichen Regeln für Anlageprodukte veröffentlichte die europäische Wertpapieraufsicht ESMA ein Konsultationspapier zur Aktualisierung ihrer Leitlinien zu den Mifid-II-Produkt-Anforderungen. Diese Leitlinien konkretisieren die gesetzlichen Vorgaben und richten sich an alle Firmen, die Produkte im Sinne von Mifid II herstellen oder vertreiben. Die Konsultation endet am 7. Oktober. Die endgültigen Umsetzungsrichtlinien sowohl für die Eignungsbewertung als auch für die Product Governance werden für das erste Quartal 2023 erwartet.

Die Einführung der nachhaltigkeitsbezogenen Vorschriften zur Beratung Anfang August und die nun erst folgenden Regeln für Produkte wurden in der Branche kritisiert. Nicht nur, weil die endgültigen Leitlinien spät kommen, sondern auch die eigentlichen ESG-Daten von Unternehmen und Finanzdienstleistern, die in die Produktinformationen einfließen, erst in den nächsten Jahren schrittweise folgen. „Die unkoordinierte Abfolge der regulatorischen Änderungen und die darauf aufbauenden Level-3-Leitlinien werden zu erheblichen weiteren Kosten führen“, so ein Marktbeobachter. Die neuen Vorschriften und Durchführungsleitlinien seien „belastend, lästig und wenig hilfreich“.

Zielmärkte im Blick

Als Teil der Vorkehrungen ist für jedes Produkt ein Zielmarkt zu bestimmen und regelmäßig zu überprüfen. Bislang beinhaltet die Zielmarktdefinition ein Risikoprofil. Die Mifid-II-Überarbeitung wurde zum Anlass genommen, die bestehenden Regeln zu verfeinern. Die wichtigste Änderung ist die Hinzufügung von Nachhaltigkeit zu diesem Prozess. Firmen, die Finanzprodukte entwickeln und auflegen, müssen jetzt Nachhaltigkeitsfaktoren in die Definition potenzieller Zielmärkte einbeziehen; sie müssen außerdem nachhaltigkeitsbezogene Ziele festlegen, mit denen ein Finanzinstrument vereinbar ist, und sicherstellen, dass die Nachhaltigkeitsfaktoren eines Produktes wiederum mit den nachhaltigkeitsbezogenen Zielen des Zielmarktes vereinbar sind.

Da die Anforderungen an die ESG-Beratung bereits gelten und die Vorschriften zur Product Governance erst ab dem 22. November Anwendung finden, müssen die Unternehmen ihre Prozesse möglicherweise nochmals anpassen, wenn die endgültigen Leitlinien veröffentlicht werden.

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