Vermögensverwaltung

Privatbanken nach Börsenrutsch unter Druck

Das Beraterhaus ZEB hält die Branche für verwundbar, weil Erträge und Gewinne viel langsamer gestiegen sind als Vermögen. Doch die Privatbanken entwickelten sich sehr unterschiedlich.

Privatbanken nach Börsenrutsch unter Druck

jsc Frankfurt

Die zurückliegende Phase stark steigender Börsenkurse und Vermögen hat nach Darstellung des Beraterhauses ZEB Consulting eine Schwäche traditioneller Privatbanken überdeckt. Denn obwohl die verwalteten Vermögen von neun analysierten Adressen in Deutschland zwischen 2017 und 2021 um durchschnittlich 11% pro Jahr auf zuletzt 234 Mrd. Euro gewachsen sind, legten die Erträge lediglich um 4% pro Jahr auf 1,15 Mrd. Euro zu, wie die Gesellschaft in einer Analyse zum Private-Banking-Markt zusammengetragen hat. Auch die Gewinne wuchsen weniger stark als die be­treuten Volumina. Sofern sich die Wertverluste der Vermögen aus dem gerade abgelaufenen Jahr fortsetzen oder sich anderswo Probleme ballen, geraten die Häuser unter Druck, wie die Gesellschaft warnt.

Privatbanken sollten sich nach Ansicht der Analysen trauen, die Preise für ihre Dienstleistungen zu erhöhen. Denn in der zurückliegenden Marktphase hätten die Adressen ihrer Kundschaft Rabatte gewährt, führt Partner Axel Sarnitz im Gespräch mit der Börsen-Zeitung aus. Weil Kunden ihre Beziehung zur Bank zwar zuweilen teilweise, selten aber vollständig in Frage stellten, seien höhere Preise durchsetzbar. „Die Banken tun es nur häufig genug nicht.“ Im Vergleich zu Privatbanken in der Schweiz und Österreich sei die durchschnittliche Aufwand-Ertrag-Quote von 80% in Deutschland hoch. Damit bleibe wenig Spielraum, um künftige Belastungen aufzufangen, warnt ZEB-Managerin Kathrin Nadenau. „Es ist gar nicht so viel, was passieren muss, damit Privatbanken an ihre Grenze geraten.“

In einer Modellrechnung skizziert ZEB drei Szenarien, die den Gewinn der Privatbanken im Laufe von fünf Jahren in Summe jeweils auf null drücken würden: erstens ein Rückgang der verwalteten Vermögen um durchschnittlich 4,3% pro Jahr, zweitens ein Abschmelzen der Er­tragsmarge von zuletzt 49 Basispunkten um jährlich 2 Punkte, drittens steigende operative Kosten von 4,5% pro Jahr. Allerdings unterstellt das Modell, dass die Häuser nicht gegensteuern. Auch unterscheidet es nicht zwischen Adressen.

Gewinner und Verlierer

Tatsächlich entwickelten sich die Geschäfte in den einzelnen Häusern in den zurückliegenden Jahren unterschiedlich. Auf der einen Seite stehen Häuser, die Provisionsüberschuss und verwaltete Vermögen spürbar ausbauten. Das gilt für die Hamburger Signal-Iduna-Tochter Donner&Reuschel, die im jüngsten Berichtsjahr 2021 Assets under Management in Höhe von 34 Mrd. Euro auswies sowie einen Provisionsüberschuss von 79 Mill. Euro. Auch die Frankfurter Bethmann Bank legte zu. Das verwaltete Vermögen der ABN-Amro-Tochter betrug Ende 2021 rund 46 Mrd. Euro, das Provisionsergebnis lag bei 118 Mill. Euro.

Die Münchener Merck&Finck so­wie das Bielefelder Bankhaus Lampe hingegen haben Federn gelassen, ehe sie jeweils übernommen wurden. In beiden Fällen schrumpfte der Provisionsüberschuss stärker als das verwaltete Vermögen. Merck&Finck verzeichnete im Jahr 2019 Assets under Management von 9,5 Mrd. Euro und einen Provisionsüberschuss von 40 Mill. Euro, ehe die europäische Quintet-Gruppe das Haus übernahm. Das Bankhaus Lampe brachte 2020 noch ein verwaltetes Vermögen von 20 Mrd. Euro sowie einen Provisionsüberschuss von 48 Mill. Euro auf die Waage, bevor die Bank in der heutigen Hauck Aufhäuser Lampe aufging.

Nicht alle Privatbanken fokussieren sich allein auf das ursprüngliche Private-Banking-Geschäft. So hat sich Berenberg als Investmentbank einen Namen gemacht, Hauck Aufhäuser Lampe ist unter anderem als Verwahrstelle bekannt und Metzler etwa als Master-Kapitalverwaltungsgesellschaft und als Pensionsmanager. Auch bieten Privatbanken häufig Investmentfonds an oder sind in der Unternehmensfinanzierung aktiv.

Das Ertragspotenzial im Private Banking sowie im Wealth Management liegt laut ZEB bezogen auf das zurückliegende Jahr insgesamt bei 16,6 Mrd. Euro. Nicht nur die Vermögensverwaltung, sondern auch Fi­nanzierungen und Immobiliengeschäft sowie andere Dienstleistungen zählen zum Angebot. Die potenzielle Kundschaft der Privatleute mit liquidem Vermögen von 500000 Euro bis 100 Mill. Euro ist groß. In einer groben Schätzung taxiert ZEB das Vermögen einschließlich Bankeinlagen, Immobilien und Firmenbeteiligungen allein in Deutschland auf 7,2 Bill. Euro per Ende 2022.

Doch die Konkurrenz schläft nicht. Traditionellen Privatbanken schreibt ZEB einen Marktanteil von etwa 30% zu. Dieser Anteil dürfte nach Auf­fassung der Berater fallen, weil diverse An­­bieter mitmischten. Genossenschaftsbanken und Sparkassen, un­terstützt durch die DZ Privatbank oder Frankfurter Bankgesellschaft, sowie private Regionalbanken bauten ihren Marktanteil tendenziell aus. Das Gleiche gelte für ausländische Privatbanken, unabhängige Ver­mögensverwalter und in kleinem Maßstab für Robo-Advisor. Großbanken leiden laut ZEB unter einer komplexen Struktur und dürften ihren Marktanteil ungefähr halten. Den traditionellen Privatbanken fällt es laut ZEB-Partner Sarnitz zuweilen schwer, ergänzende Dienste wie bestimmte Finanzierungen anzubieten oder zu vermitteln.

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