Nicolas Chaput

Private Equity für das Volk

Kapital für Beteiligungen stammt bisher ganz überwiegend aus den Töpfen großer Investoren. Zunehmend werden Privatleute in Private Equity anlegen, sagt der Chef von Oddo BHF Asset Management.

Private Equity für das Volk

Von Jan Schrader, Frankfurt

Privat platziertes Kapital für Unternehmen wird nach Darstellung des Fondsarms von Oddo BHF künftig zunehmend auch von Sparern mit kleinerem Vermögen bereitgestellt: Traten in den Anlageklassen Private Equity und Private Debt traditionell institutionelle Investoren als Geldgeber auf, sei das Segment längst auch für sehr wohlhabende Privatpersonen erschlossen worden, sagt Nicolas Chaput, globaler CEO und Co-Investmentchef von Oddo BHF Asset Management, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Der Anlagedruck sei angesichts der Tiefzinsen hoch, eine Demokratisierung des Segments überfällig. „Der nächste Schritt ist voraussichtlich der Retailmarkt.“

Während das Private-Equity-Segment laut Branchenverband Invest Europe mit einem aufgenommenen Mittelvolumen von 101 Mrd. Euro in Europa im zurückliegenden Jahr riesig ist, nehmen private Anleger bisher selten daran teil. Einige Angebote sind aber schon vorhanden: Die Fintechs Moonfare und Liqid etwa ermöglichen erfahrenen Privatanlegern die Investition in Private-Equity-Fonds, die sonst von institutionellen Investoren genutzt werden. Moonfare hat mit der Fondsgesellschaft Fidelity International und zuvor mit der Privatbank Berenberg eine Vertriebspartnerschaft bekannt gegeben, während Liqid in der vergangenen Woche eine vom Liechtensteiner Vermögensverwalter LGT angeführte Finanzierungsrunde von 88 Mill. Euro angekündigt hat und eine Expansion in Europa anstrebt.

Darüber hinaus erlaubt das Fondsformat Eltif die Investition in illiquide Anlagen. So vertreibt die spezialisierte US-Adresse Muzinich einen Fonds für syndizierte Kredite und Private Debt, während die weltgrößte Fondsgesellschaft BlackRock über einen Eltif-Fonds das Geld von Kleinsparern in Private Equity lenkt und die Schweizer Großbank UBS ihren Kunden entsprechende Eltif-Fonds der Partners Group offeriert.

Oddo BHF hat 2018 die Beteiligungsgesellschaft ACG Capital übernommen und verwaltet über die nun als Oddo BHF Private Equity firmierende Gesellschaft ein Anlagevermögen von 2,5 Mrd. Euro, während die Assetmanagement-Einheit der französisch-deutschen Finanzgruppe insgesamt ein Vermögen von 58,4 Mrd. Euro steuert. In Frankfurt sitzt dabei ein Team für Private Debt. Zuletzt hatte Oddo BHF Asset Management einen Private-Debt-Fonds für Senior-Ausreichungen an den deutschen Mittelstand lanciert und nach eigenen Angaben 249 Mill. Euro eingesammelt, wie die Gesellschaft Anfang Juli bekannt gegeben hat. Nicht nur Versicherer, Pensionsfonds und Family Offices aus Frankreich, Italien und Deutschland, sondern auch vermögende Privatleute aus ganz Europa zählen zur Zielgruppe.

Kleinsparer bisher außen vor

Für das Massengeschäft aber bestehen hohe Hürden. So schreibt das Kapitalanlagegesetzbuch vor, dass Privatleute für bestimmte Investitionen als semiprofessionelle Anleger eingestuft werden und ein Anlage­vermögen von mindestens 200000 Euro einbringen müssen, was etwa auch die Angebote von Moonfare und Liqid bindet. Auch der Eltif ist auf vermögende Anleger beschränkt, denn sie müssen hier mindestens 10000 Euro investieren und dürfen dabei maximal ein Zehntel ihres Vermögens anlegen, was die Grenze auf 100000 Euro setzt. Hinzu kommen Vorgaben für die Kapitalanlage und den Vertrieb.

Die hohen Anlagegrenzen könnten aber bald gelockert werden, denn die Vorgaben sowohl für Eltifs als auch für alternative Investmentfonds werden in der EU derzeit überprüft. Die Interessenvereinigung Invest Europe sowie der deutsche Bundesverband Alternative Investments (BAI) vermuten, dass Private Equity als Anlageklasse den breiten Markt erreiche könnte, wenn auch langsam. Für sehr kleine Anlagesummen wären Vertrieb und Verkaufsgespräch aber weiterhin zu aufwendig.

Reden mit dem Regulierer

Chaput legt sich nicht fest, ob ein Eltif-Fonds für Oddo BHF in Frage käme, vorstellbar sei aber eine Kooperation mit Fintechs wie Moonfare und Liqid, sagt er. Bereits in drei Jahren werde das Private-Equity-Segment vermutlich den Retail-Markt erreicht haben – vorausgesetzt, die Regeln lassen das zu. „Wir müssen als Branche mit den Regulierern sprechen, um einen sicheren Rechtsrahmen zu schaffen.“

Für Oddo BHF ist das Segment derweil nur eines von vielen. In Deutschland hat der Assetmanager mit Erwerb der Düsseldorfer Meriten vor einigen Jahren ein Überbleibsel aus dem ehemaligen Konzern der WestLB und einen Spezialisten für Anleihen erworben, ehe mit Übernahme der BHF-Bank der Fondsarm Frankfurt-Trust an die Gruppe überging. In Deutschland hat Oddo BHF, so ist in der Statistik des Branchenverbands BVI nachzulesen, im vergangenen Jahr Abflüsse von netto 1,3 Mrd. Euro aus offenen Spezial- und Publikumsfonds verzeichnet. Gruppenweit rangiere der Fondsabsatz 2020 nahe der Nulllinie, sagt Chaput, während die Gesellschaft im laufenden Jahr bis Ende Mai mit einer halben Milliarde Euro im Plus liege.

Wie andere Fondshäuser schreibt sich Oddo BHF Asset Management Nachhaltigkeit auf die Fahnen. Wer als Fondshaus ESG-Kriterien nicht in allen Portfolios berücksichtige, werde binnen fünf Jahren vom Markt verschwinden, sagt Chaput. Auch wachse in der Branche das Neugeschäft der als nachhaltig klassifizierten Produkte. ESG-Fonds für das Volk – zumindest an dieser Devise bestehen keine Zweifel.

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