SRB-Konferenz

Rufe nach einer besseren europäischen Krisen­architektur

Angesichts der wirtschaftlichen Erholung nach der Corona-Pandemie werden in Brüssel die Rufe lauter, jetzt die europäische Finanzarchitektur zu stärken, um auf künftige Krisen noch besser vorbereitet zu sein. „Unser Rahmen hat dazu beigetragen, die...

Rufe nach einer besseren europäischen Krisen­architektur

ahe Brüssel

Angesichts der wirtschaftlichen Erholung nach der Corona-Pandemie werden in Brüssel die Rufe lauter, jetzt die europäische Finanzarchitektur zu stärken, um auf künftige Krisen noch besser vorbereitet zu sein. „Unser Rahmen hat dazu beigetragen, die EU bei der Bewältigung einer großen Gesundheitskrise zu unterstützen und zu verhindern, dass diese zu einer umfassenderen Finanzkrise wird“, sagte Elke König, Chefin des Single Resolution Board (SRB), auf einer von ihrer Behörde organisierten Konferenz. Doch solange die Bankenunion noch nicht vollendet sei, könne diese den Bürgern und dem Bankensektor nicht den vollen Nutzen bringen.

König plädierte in dem Zusammenhang insbesondere noch einmal für die Einführung einer europäischen Einlagensicherung (Edis). Eine solche könnte nach Einschätzung des SRB auch eine Lösung des Home-Host-Problems im Bankensektor erleichtern. Zudem verwies König auch auf das noch immer nicht gelöste Problem der Liquiditätsversorgung von Banken im Rahmen einer Abwicklung.

Ihr Stellvertreter Jan Reinder De Carpentier betonte auf der Konferenz, der Backstop für den Bankenabwicklungsfonds SRF, der ab 2022 in Kraft sein solle, werde sicherlich die Feuerkraft für die Wiederherstellung der Kapitalpositionen der Banken erhöhen. „Die Bereitstellung von Liquidität für die Abwicklung wird aber in einem viel größeren Umfang erfolgen. Es muss dringend ein Mechanismus zur Bewältigung dieser Herausforderung gefunden werden“, unterstrich De Carpentier. Wichtig sei es zudem, die nationalen Insolvenzregime zu harmonisieren.

Liquiditätsproblem im Fokus

Nach Einschätzung von EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness kommt die derzeit bereits laufende Überprüfung des europäischen Krisenmanagements genau zur rechten Zeit. Dabei stimmten die Ansichten der beteiligten Institutionen – der Kommission, des SRB sowie der Europäischen Zentralbank (EZB) – über den richtigen Weg überein. Dies sei ermutigend.

In einem ersten Schritt geht es nach den Worten von McGuinness um die Einführung eines Edis-Hybridmodells, also die Koexistenz nationaler Einlagensicherungssys­teme mit einem gemeinsamen zentralen europäischen Fonds. Die EU-Kommission­ sei aber nach wie vor davon überzeugt, dass ein ehrgeizigeres Edis-Konzept erforderlich sei, betonte sie. Auch McGuinness plädierte dafür, „einen glaubwürdigen und robusten Mechanismus zur Bereitstellung ausreichender Liquidität im Falle einer Abwicklung“ zu schaffen. Wie in anderen Rechtsordnungen braucht die Bankenunion einen Liquiditätsmechanismus des öffentlichen Sektors, um sich vor großen Schocks zu schützen.

Die Finanzmarktkommissarin hob hervor, Europa habe bei den Reformen im Krisenmanagement keine Zeit zu verlieren: „Wenn wir in den letzten zwei Jahren etwas gelernt haben, dann das Unerwartete zu erwarten. Wir müssen auf die nächste Krise vorbereitet sein – sei es eine Gesundheits-, eine Umwelt-, eine Cyber- oder eine Finanzkrise.“

Die Eurogruppe will sich auf ihrer nächsten Sitzung Anfang November erneut mit der Bankenunion befassen. Im Sommer hatten es die Euro-Finanzminister noch verpasst, sich auf einen Zeitplan zur Vollendung der Bankenunion zu einigen. Eurogruppen-Chef Paschal Donohoe be­tonte jetzt auf der SRB-Jahreskonferenz, er sei weiterhin entschlossen, Fortschritte zu erzielen. Er verwies darauf, dass auch beim Thema „Li­quidität in der Abwicklung“ die Ar­beiten schon liefen. Fortschritte in diesem Bereich würden für die Stärkung des Abwicklungs- und Krisenmanagementrahmens der Bankenunion von entscheidender Bedeutung sein. Es gehe auch um gleiche Wettbewerbsbedingungen beim Ausscheiden von Banken aus dem Markt.

Gute MREL-Entwicklung

Der irische Finanzminister zeigte sich zufrieden mit den MREL(Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten)-Arbeiten des SRB. Der MREL-Fehlbetrag habe sich seit Ende 2019 um ein Drittel verringert. Es gebe An­zeichen für ein positives Marktumfeld, und alle Banken, die in die Zu­ständigkeit des SRB fallen, dürften nach den jüngsten Berichten ihre Zwischenziele für 2022 erreichen.

Deutsche-Bank-Vorstandschef Christian Sewing unterstützte auf der Konferenz die Forderungen nach einer Vollendung der Bankenunion. Er forderte zugleich aber auch Nachjustierungen beim Single Resolution Fund (SRF). „Wir denken, jetzt ist die richtige Zeit, um mindestens einige Anpassungen zu erwägen“, sagte er. Der europäische Bankenabwicklungsfonds wachse kontinuierlich an und über die ursprüngliche Zielgröße hinaus. Dahinter stünden aber keine zusätzlichen Risiken im Bankensektor.

Sewing bezeichnete die Finanzierung des SRF als eine wirkliche Belastung für die europäischen Banken. „Diese Gelder liegen untätig herum, statt die wirtschaftliche Erholung zu unterstützen“, kritisierte er. Hier seien flexiblere Lösungen gefragt. Das Geld werde für die Transformation der Wirtschaft benötigt. Der SRF ist mittlerweile mit 52 Mrd. Euro gefüllt. Der Fonds soll bis Ende 2023 ein Zielvolumen von 1% der ge­deckten Einlagen der Banken haben, also nach aktuellen Schätzungen von 70 bis 75 Mrd. Euro.

Wertberichtigt Seite 8

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