Finanzaufsicht

Schatten­banken treiben BaFin-Chef Mark Branson um

Mark Branson, Präsident der Finanzaufsicht BaFin, warnt vor einer „Liquiditätsillusion“ – und sieht die Zeit für eine strengere Regulierung von Schattenbanken und Kryptobranche gekommen. Kritisch äußert er sich zur EU-Taxonomie.

Schatten­banken treiben BaFin-Chef Mark Branson um

rec Frankfurt

Das starke Wachstum der Schattenbanken und Verwerfungen in der Kryptobranche rufen BaFin-Chef Mark Branson auf den Plan. Der Schattenbankensektor sei in Europa binnen drei Jahren um mehr als die Hälfte größer geworden, sagte der oberste deutsche Finanzaufseher bei einer Veranstaltung des Internationalen Clubs Frankfurter Wirtschaftsjournalisten (ICFW). Deshalb sei nun die Zeit für eine „ernsthafte Regulierung“ gekommen. Auch in der Kryptobranche sieht Branson eine günstige Gelegenheit zur Regulierung – und zwar global.

Die Pleite des Hedgefonds Archegos, der allen voran die Credit Suisse teuer zustehen gekommen ist, wirft für Branson ein Schlaglicht auf die Probleme in bankähnlichen Sektoren des Finanzmarkts. Warnsignale sind für ihn auch die wiederholte Schieflage von Geldmarktfonds in den USA und die von Pensionskassen ausgegangenen Turbulenzen am britischen Finanzmarkt. In der Kryptowelt sorgt der Kollaps von FTX, bis vor wenigen Wochen eine der größten Kryptobörsen der Welt, für Aufsehen.

An diesen Fällen macht Branson den Handlungsbedarf für Regulierer deutlich. Kryptobranche und Schattenbanken macht er als Quellen möglicher Risiken auch für die Finanzstabilität aus. Der BaFin-Chef warnt vor einer „Liquiditätsillusion“. Viele Investmentvehikel seien nicht so liquide wie angenommen. Immer wieder hätten deswegen Zentralbanken zu Hilfe eilen müssen, beispielsweise bei Geldmarktfonds.

Nirgendwo sind solche Illusionen Branson zufolge schneller geplatzt als in der Kryptobranche. Von einer Strategie der Abschottung rät Branson dennoch ab. Die unregulierte Branche sich selbst zu überlassen, hält er für den falschen Weg. Das sei „naiv“. Vielmehr stellt er den traditionellen Finanzsektor auf „sehr viel mehr Verflechtungen“ ein mit dem, was von der Kryptobranche übrig bleiben wird. Die aktuellen Verwerfungen seien „noch nicht durch“.

Branson, als Nachfolger des über den Wirecard-Skandal gestolperten Felix Hufeld seit anderthalb Jahren im Amt, warnt vor „Ansteckungsgefahren“ im Finanzsystem. Der Schattenbankensektor sei auf der Jagd nach Rendite in Jahren der Niedrigzinsen besonders stark gewachsen. Es gebe dort mehr Risiken als in der Vergangenheit: „Wir sollten die Gefahren nicht unterschätzen“.

Kritisch sieht Branson die EU-Taxonomie, auch für die eigene Arbeit. Die Vorgaben für die Finanzindustrie zur grünen Geldanlage – „eine Kombination aus Wissenschaft und Energiepolitik“ – sind dem BaFin-Chef zufolge sogar eher hinderlich für Aufseher: „Die Taxonomie hat unseren Job schwieriger gemacht.“