Zahlungsausfälle

Spaniens Banken halten sich für Krise gerüstet

Der Zinsanstieg hat dem Kreditgeschäft auf die Sprünge geholfen. Doch machen die hohen Zinsen vielen Hypothekenkunden zunehmend zu schaffen. Die Branche fürchtet jedoch keine massiven Probleme.

Spaniens Banken halten sich für Krise gerüstet

ths Madrid

Trotz des möglichen wirtschaftlichen Abschwungs waren sich die Vorstände von Spaniens Banken auf den Bilanzpressekonferenzen vor zwei Wochen in einer Sache einig: Eine existenzbedrohende Krise wie nach der Immobilienblase 2008 wird die Finanzbranche diesmal nicht erleben. „Die Auswirkungen werden geringer ausfallen als in vergangenen Krisen. Spanien ist besser vorbereitet als andere Länder Europas“, versicherte der CEO von Caixabank, Gonzalo Gortázar.

Experten geben dem Banker recht. Spanien und seine Kreditinstitute sind weit weniger von den Folgen des Krieges in der Ukraine und dem Ende der russischen Gaslieferungen betroffen. Anders als vor zehn Jahren sind die Haushalte und die Unternehmen deutlich weniger verschuldet und ein massiver Einbruch der spanischen Wirtschaft ist, nach gegenwärtigem Stand, nicht zu erwarten. Der Arbeitsmarkt hält dem Abschwung stand, dank massiver Staatshilfen. Bisher habe man kaum einen Anstieg der Zahlungsunfähigkeit der Kunden ausgemacht, versicherten die vier großen Kreditinstitute, Santander, BBVA, Caixabank und Sabadell. Man erwarte lediglich eine „gemäßigte Verschlechterung“ in den kommenden Monaten, sagte Gortázar.

Die Finanzinstitute sind auch besser auf den Abschwung vorbereitet. Der Anteil notleidender Kredite liegt im Branchenschnitt mit etwas über 3% so niedrig wie noch nie. Die Abdeckung ist auf 60 bis 80% der NPLs erhöht worden. Die Banken verfügen über üppige Rücklagen, da sie die hohe Risikovorsorge nach Ausbruch der Pandemie zum größten Teil nicht aufgelöst haben.

Dennoch werden angesichts des Mix aus Inflation und Konjunkturabschwung wohl bald neue Sicherheitsvorkehrungen nötig sein. Nach Gesprächen mit den Finanzvorständen der führenden Geldhäuser im September rechnen die Experten von J.P. Morgan mit einer Anhebung der Risikovorsorge zum Ende des Jahres. „Noch gibt es keine Zeichen für eine Verschlechterung der Qualität der Aktiva. Die Banken versuchen jedoch proaktiv Zeichen von Schwächen, die sie noch nicht sehen, auszumachen“, kommentierte J.P. Morgan.

Die Zinswende in der Eurozone hat den spanischen Kreditinstituten, die mehr als andere vom Retailgeschäft leben, zu einem Gewinnsprung von einem Drittel in den ersten neun Monaten verholfen. Doch die Kreditvergabe nimmt langsam ab, da sich die Kunden die hohen Zinsen nicht leisten können oder wollen. Das gilt vor allem für Hypotheken. Die meisten Verträge stammen aus den Jahren der Negativzinsen.

Nun wendet sich das Blatt und mehr und mehr Kunden bekommen Schwierigkeiten wegen der steigenden Hypothekenzinsen, zusätzlich zur allgemeinen Preissteigerung. Die Linksregierung in Spanien berät derzeit zusammen mit der Branche über Mechanismen, wie einkommensschwache Haushalte ihre Forderungen begleichen können. „Wir sitzen alle im selben Boot“, erklärte der CEO von Branchenprimus Santander, José Antonio Álvarez. Besorgt über die Zahlungsfähigkeit der Kunden sei man jedoch nicht.

Die spanische Notenbank hält die heimische Branche zwar ebenfalls für gut vorbereitet auf die kommende Krise, auch dank der verbesserten Rentabilität und der recht soliden Eigenkapitalquoten. „Aber sollte der konjunkturelle Abschwung anhalten, werden wir geringere Kreditvolumen und einen Anstieg von NPLs erleben. Wir sehen bereits einen Anstieg der Finanzierungskosten der Bankbranche und alle diese Effekte zusammen könnten netto mittelfristig negativ sein“, erklärte der Gouverneur des Banco de España, Pablo Hernández de Cos, auf einer Konferenz Anfang November.

Die beiden Großbanken Santander und BBVA sind von den Problemen in der Eurozone weniger betroffen, da sie den überwiegenden Teil ihres Geschäfts in Mexiko, Brasilien und den USA erzielen. Die Wechselkurse machten sich wegen der Schwäche des Euro im Gegensatz zu früheren Jahren zuletzt positiv in der Bilanz bemerkbar. Die Ratingagentur Moody’s zählt Santander und BBVA zu den acht Banken weltweit, die am besten auf die Krise vorbereitet sind, nicht zuletzt dank ihrer geografischen Diversifizierung.

Daheim tobt derweil der Streit um die von der Linksregierung auf den Weg gebrachte Sonderabgabe für Banken, die in den nächsten zwei Jahren 3 Mrd. Euro bringen soll. „Die neue Steuer reduziert die Flexibilität der spanischen Banken im Umgang mit einem ungewissen Umfeld“, warnte die Ratingagentur DBRS. Trotz einer klar negativen Bewertung durch die EZB hält die Regierung an dem Plan fest. Wirtschaftsministerin Nadia Calviño stellt jedoch in Aussicht, dass die Bankensteuer auf dem Weg durchs Parlament noch „Verbesserungen“ erfahren könne.

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