Evergrande

Verkauf von Bank­beteiligung hilft wenig

Der stark angeschlagene chinesische Immobilienentwickler Evergrande kann sich auch durch den Verkauf einer Bankbeteiligung kaum Luft verschaffen. Den der Erlös von umgerechnet 1,3 Mrd. Euro soll der Ablösung von Krediten bei der Bank dienen.

Verkauf von Bank­beteiligung hilft wenig

nh Schanghai

In der Zitterpartie um die Existenzsicherung des zweitgrößten chinesischen Immobilienentwicklers Evergrande lässt der nun angebahnte Verkauf einer Bankbeteiligung des weitgehend zahlungsunfähigen Konzerns die Marktteilnehmer aufhorchen. Laut einer Mitteilung vom Mittwoch hat Evergrande eine 20-prozentige Beteiligung am Regionalkreditinstitut Shengjing Bank an ein Staatsvehikel der Lokalregierung der Großstadt Shenyang verkauft, das nun zum größten Einzelaktionär der Bank aufsteigt. Evergrande behält eine Restbeteiligung von knapp 15% an dem in Hongkong börsennotierten Kreditinstitut.

10 Mrd. Yuan fließen zu

Mit der Transaktion nimmt Evergrande zwar auf einen Schlag 10 Mrd. Yuan (1,3 Mrd. Euro) ein, doch dürfte dies kaum die Zahlungsfähigkeit des pleitegefährdeten Immobilienriesen gegenüber Bond­investoren und anderen Gläubigergruppen verbessern. Wie aus dem Statement von Evergrande nämlich weiter hervorgeht, verlangt Shengjing Bank, dass der Geldfluss aus der Transaktion dazu verwendet wird, Evergrandes Kreditverbindlichkeiten gegenüber dem Institut abzulösen. Dies lässt darauf schließen, dass Shengjing eine wichtige Finanzierungsquelle für ihren bisherigen Hauptaktionär Evergrande war.

Im Evergrande-Statement werden keine Angaben über das ausstehende Kreditvolumen gegenüber Shengjing gemacht. Allerdings hatte das chinesische Wirtschaftsmagazin „Caixin“ im Mai berichtet, dass Finanzaufseher das Beziehungsgeflecht zwischen Evergrandes Gründer und Konzernchef Hui Ka Yan und der Shengjing Bank näher durchleuchten. Dabei war von direkten und indirekten Kreditvergaben an Evergrande in einer gewaltigen Höhe von umgerechnet 17 Mrd. Euro die Rede. Für eine möglicherweise unlautere Interessenverquickung zwischen dem Immobilienkonzern und dem Kreditinstitut spricht auch, dass der Chairman der Shengjing Bank, Qiu Huofa, zuvor als Executive Vice President bei Evergrande fungierte, während der für Kreditzusagen zuständige Chief Approval Officer ebenfalls früher in Evergrande-Diensten stand.

Evergrande konzediert, dass konzerneigene Liquiditätsengpässe die Geschäfte der Shengjing Bank „materiell beeinflusst“ haben. Damit kann das Eingreifen der Stadtregierung von Shenyang weniger als eine Hilfsaktion für Evergrande denn eine indirekte Stützungsmaßnahme für die in Shenyang und der Region breit vertretene Bank verstanden werden. Die Shengjing-Aktie zog am Mittwoch leicht um 1,4% an.

Das Eingreifen einer lokalen Staatsfirma bei Evergrande sorgt dennoch für Marktfantasie, weil Hoffnungen aufkeimen, dass das Modell Schule machen könnte. So schoss die hochvolatile Evergrande-Aktie am Mittwoch in Hongkong um 15% in die Höhe. Evergrande, die neben dem Wohnimmobiliengeschäft zahlreiche sektorfremde Aktivitäten betreibt, hält bereits nach Käufern für eine Reihe von Randgeschäften Ausschau und könnte möglicherweise bei weiteren Lokalregierungen auf Entgegenkommen stoßen. Zuletzt hieß es, dass Evergrande auf der Suche nach Geldquellen ihr Lebensversicherungsgeschäft versilbern wolle. Analysten veranschlagen den Wert der hälftigen Beteiligung an Evergrande Life Assurance Co. auf umgerechnet gut 500 Mill. Euro.

Auch wenn die vage Hoffnung auf Assetverkäufe bei Evergrande der Aktie wieder auf die Beine hilft, trübt sich das Sentiment am Bondmarkt weiter ein. Evergrande, die allein in diesem Jahr noch Kuponzinsen über knapp 700 Mill. Dollar zu leisten hat (siehe Grafik), ließ am Mittwoch den nächsten Zahlungstermin für eine Dollar-Anleihe verstreichen. Bereits am 23. September war eine Dollar-Anleihe nicht bedient worden. Noch greift bei den Dollar-Bonds eine „Gnadenfrist-Regelung“ von 30 Tagen, bevor ein förmlicher Zahlungsausfall (Default) mit entsprechenden Rechts- und Ratingkonsequenzen ausgerufen wird.

Allerdings wachsen die Zweifel im Markt, dass Evergrande ihren Verpflichtungen nachkommen wird. Die Ratingagentur Fitch senkt die Bonitätsnote für Evergrande nun von „CC“ auf „C“. Damit befindet sich das Rating nur noch eine Stufe über dem Niveau bei einem förmlichen Default.

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