Assetmanagement

Vom Kosten­treiber zur Ertrags­quelle

Nachhaltigkeit ist der bestimmende Megatrend der Gegenwart: Die „grüne“ Transformation betrifft alle Bereiche unseres Lebens. Als Treiber des Wandels kommt der Finanzbranche eine besondere Rolle zu. Sie muss entlang der gesamten Wertschöpfungskette...

Vom Kosten­treiber zur Ertrags­quelle

Nachhaltigkeit ist der bestimmende Megatrend der Gegenwart: Die „grüne“ Transformation betrifft alle Bereiche unseres Lebens. Als Treiber des Wandels kommt der Finanzbranche eine besondere Rolle zu. Sie muss entlang der gesamten Wertschöpfungskette ESG-Aspekte integrieren – auch um wettbewerbsfähig zu bleiben. Auf den ersten Blick eine große Herausforderung, die Assetmanager jedoch als Chance begreifen sollten.

 Die Europäische Union zieht beim Thema Nachhaltigkeit die Zügel an und hat die Reportingpflichten von Finanzdienstleistern zuletzt enorm verschärft. Davon zeugen allen voran die EU-Taxonomie, die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR). Das Ziel: die Transformation hin zu einer transparenten sowie nachhaltigen Finanzbranche als Treiber einer grünen Wirtschaft. Damit Assetmanager den Bestimmungen nachkommen können, steigt die Bedeutung von ESG-Daten. Finanzmärkte und Verbraucher profitieren von der zunehmenden Offenlegung und Transparenz. Auch Assetmanager können aus dieser Entwicklung einen Nutzen ziehen, jedoch sind sie derzeit noch mit einigen Herausforderungen konfrontiert.

In den Kinderschuhen

Insbesondere das ESG-Datenmanagement steckt noch in den Kinderschuhen: Zum einen ist die Datenlage noch rudimentär, zum anderen bringen viele Institutionen noch nicht die nötige Erfahrung im Umgang mit den Daten mit. Darüber hinaus sind Assetmanager mit einer ungeheuren Datenmenge konfrontiert, für deren Einordnung und zielgerichtete Auswertung standardisierte Verfahren, einheitliche Bewertungsmaßstäbe sowie verlässliche Quellen fehlen. Auch die Datenqualität ist nicht überall gleichermaßen hoch: So unterliegen börsennotierte Unternehmen einer Reportingpflicht, nicht aber der Private-Equity-Bereich. Das führt dazu, dass die Datenqualität, sofern überhaupt verfügbar, nur schwer einzuschätzen ist.

Unübersichtliche Situation

Um sich die nötigen Daten zu beschaffen, greifen Institute deshalb häufig auf externe Dienstleister zurück. Assetmanager sollten dabei im Blick behalten, dass sich die Anbieter in vier Kategorien wesentlich unterscheiden: Input-Faktoren, Methodik, Datenabdeckung und Produktlandschaft. Während sich manche Datenanbieter auf Publikationen und Geschäftsberichte von Unternehmen stützen, erheben andere ihre Daten auf Basis von Nachrichtenartikeln. Ähnlich verhält es sich mit der Auswertung: Das Methodik-Spektrum der Analyse reicht von künstlicher Intelligenz bis hin zur manuellen Auswertung durch Analysten, die in engem Kontakt mit den Unternehmen stehen.

Das heißt allerdings auch: Die Daten sind in diesem Fall schneller veraltet und aufgrund des personellen Aufwands teurer. Hinzu kommt, dass die Produktportfolien der externen Dienstleister oftmals sehr unterschiedlich sind: Klassische Vollsortimenter bieten Nachhaltigkeitsindizes, ESG-Scores und Rohdaten an, andere haben wiederum nur eine geringere Auswahl im Angebot und fokussieren sich auf eine Nische. Die Unterschiede in der Methodik und bei den Input-Faktoren haben zur Folge, dass sich einzelne Datenpunkte wie beispielsweise ESG-Scores zwischen den Providern nicht ohne Weiteres vergleichen lassen. Deshalb sollten Assetmanager großen Wert auf den Aufbau eines optimalen Datenhaushalts legen. Hierbei geht es vor allem darum, interne, bereits vorhandene Daten aus Unternehmensgesprächen und eigenes Research mit ESG-Daten anzureichern.

Datenvielfalt ist Trumpf

Alle Daten sollten in einer sogenannten Golden Source zentral gespeichert und aus dieser Quelle an unterschiedliche Stakeholder geliefert werden. Dank dieses zentralen ESG-Datenhaushalts lassen sich darüber hinaus Zusammenhänge erkennen und die Daten zentral speichern, auswerten und verteilen. Wegen der skizzierten Unterschiede bei den Datenanbietern sollten Assetmanager dabei ihren Datenhaushalt möglichst breit anlegen und aus unterschiedlichen Quellen speisen. Darüber hinaus sollten sie für einen ganzheitlichen Blick auf die Nachhaltigkeitsaspekte der Unternehmen unterschiedliche Roh- sowie Nachrichtendaten und ESG-Scores betrachten.

Die Ratings der Agenturen können für Assetmanager eine wichtige Bewertungsgrundlage für den Investmentprozess bilden. Allerdings sind auch hier die Bewertungsmaßstäbe nicht standardisiert und teils sehr unterschiedlich. Gleichzeitig basieren die Ratings auf Informationen, deren Herkunft oftmals nicht nachvollziehbar ist und die auf intransparenten Kalkulationen oder Extrapolationen basieren. Das bedeutet, dass Unternehmen teils sehr gegensätzliche ESG-Ratings aufweisen können. Auch deshalb ist es besonders wichtig, einen breiten ESG-Datenhaushalt aufzubauen, der mehrere Quellen einbezieht. Vor 2024 wird sich die Lage voraussichtlich nicht bessern, da erst dann die Non-Financial Reporting Directive (NFRD) in Kraft tritt. 

Zusätzlich bietet eine Golden Source die Möglichkeit, Arbeitsprozesse wie die Datenanlandung sowie -harmonisierung, Qualitätssicherheit und Analysefähigkeit organisationsübergreifend zu bündeln – unabhängig davon, ob die Daten direkt von Kunden oder aus dritter Hand stammen. Dies ist von besonderer Bedeutung, da ESG-Daten nicht mehr nur in den Front Offices, sondern auch den zweiten und dritten Defence Lines des Risikomanagements genutzt werden.

Teures Unterfangen

Einerseits ist der skizzierte Weg langfristig der richtige, andererseits ist der Datenkauf von externen Dienstleistern ein teures Unterfangen. 2021 nahmen Datenanbieter allein durch den Vertrieb von ESG-Daten laut Opimas Estimates rund 500 Mill. Euro ein – durch die steigende Nachfrage ist die Tendenz klar steigend. Das bedeutet auch, dass ESG-Daten – vor allem für kleinere Assetmanager – zunehmend eine Eintrittsbarriere in den stark wachsenden ESG-Markt darstellen. 

Deshalb sollten Assetmanager die noch frühe Phase des ESG-Datenmanagements als Chance begreifen und sich anschicken, es in das eigene Geschäftsmodell aufzunehmen – nicht nur, um Kosten zu sparen. Assetmanager können durch den Aufbau im ESG-Datenmanagement den Weg von Ausgaben hin zu Einnahmen schaffen. Diese können Assetmanager vor allem dadurch generieren, indem sie große Corporate-Kunden, die selbst zu ESG-Reportings verpflichtet sind, mit aufbereiteten, relevanten Daten in Form von Reports und Auswertungen beliefern. Dabei geht es nicht um den simplen Datenvertrieb, sondern um individuelle Reporting-Leistungen.

ESG-Risiken früh entdecken

Darüber hinaus können auch die Erträge auf Fondsebene gesteigert werden: Betrachten Assetmanager die Nachhaltigkeitsaspekte detailliert, können sie ESG-Risiken früh entdecken und entsprechend steuern, so dass Fondsmanager gegebenenfalls eine bessere Performance erzielen und Risiken auf Fondsebene minimiert werden können.