Euro-Clearing in London

„Wetten Sie nicht auf eine Verlängerung“

Die EU-Kommission hatte die Frist für das Euro-Clearing in London gerade erst auf Mitte 2025 verschoben. Eine weitere Verlängerung solle es nicht mehr geben, fordert Finanzkommissarin Mairead McGuinness.

„Wetten Sie nicht auf eine Verlängerung“

jsc Frankfurt

Nach der Verlängerung des Euro-Clearings in London bis Mitte 2025 warnt die EU-Kommission die Finanzbranche davor, auf eine weitere Fristverschiebung zu bauen. „Wetten Sie nicht auf eine Verlängerung“, sagte die EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness am Donnerstag in Frankfurt. Die Verrechnung von Euro-Derivaten sei in der Finanzinfrastruktur zu wichtig, um sie auf Dauer außerhalb der EU zu belassen. Der Übergang erfolge nicht von selbst. „Wir werden bestimmte Anreize brauchen.“ Das Finanzsystem in Europa erweise sich zwar als robust, aber die Kommission müsse für alle Fälle vorbereitet sein. Im November hatte die Kommission die Übergangsfrist von Mitte 2022 um drei Jahre verlängert.

Derzeit liegt das Euro-Clearing überwiegend in der Hand der LCH: Die Tochter der London Stock Exchange hat im laufenden Jahr eigenen Angaben nach bereits ein Euro-Derivatevolumen in Höhe von 18,5 Bill. Euro verrechnet. Die EU-Wertpapieraufsicht ESMA schätzt die Kosten eines Transfers des Geschäfts für EU-Kunden auf insgesamt 107 Mill. Euro, sofern es keine weitere Übergangszeit gibt. Je länger jedoch die Frist, desto geringer die Kosten. Eine Zeit von zwei Jahren etwa senkt den Aufwand auf 62 Mill. Euro, wie die Modellrechnung der ESMA weiter zeigt. Die Bandbreite der Schätzung ist allerdings groß.

Für die Verlagerung des Euro-Clearings bleibe viel zu tun, doch der Aufwand lohne sich, sagte die ehemalige EU-Parlamentarierin der christ­demokratischen Europäischen Volkspartei weiter. „Wir haben nicht, was wir brauchen. Aber wir können dorthin gelangen. Tatsächlich liegt eine riesige Chance vor uns.“

In Frankfurt stößt die Aussicht auf eine Verlagerung des Clearings auf Zustimmung. Zwar bringe die Verrechnung bei einem großen Anbieter Vorteile, da er so leichter Risikopositionen der einzelnen Handelspartner gegeneinander saldieren könne, hält das Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung (SAFE) fest. Gegen eine Konzentration in London spreche aber, dass die britische Aufsicht das Euro-Clearing womöglich nicht streng genug kontrolliere, weil das Risiko nicht in Großbritannien liege.

„Wohltuende Debatte“

In Deutschland ist McGuinness zuletzt mit einer Reihe von Themen angeeckt: Im Streit darum, ob Atomkraft als Übergangstechnologie in der EU-Taxonomie berücksichtigt werden sollte, sieht die irische Kommissarin wenig Raum für einen Kompromiss. Die Lage sei komplex, da der Energiemix in den EU-Staaten unterschiedlich sei. Mit Blick auf eine gemeinsame Einlagensicherung für Banken dringt sie auf eine Einigung und hofft auf einen Durchbruch im laufenden Jahr, legt sich dabei aber auf kein bestimmtes Modell fest. Mehr Kompromissbereitschaft deutet sie für das sogenannte Payment-for-Orderflow-Modell von Internetbrokern an, die Kundenaufträge über bestimmte Plattformen ausführen lassen und dafür eine Rückvergütung erhalten. Der Vorschlag der Kommission für ein Verbot der Praxis liege weiter auf dem Tisch, doch handele es sich dabei um ein weitreichendes Instrument. Das politische Ringen um die Vergütungspraxis will sie als „wohltuende Debatte“ verstanden wissen.