Anlageberatung

Widerstand gegen Provisions­verbot nimmt zu

Dürfen Finanzberater in der EU bald keine Provisionen mehr kassieren? Österreichs Finanzminister schließt sich Christian Lindners Vorbehalten an. Die EU-Kommission scheint unschlüssig.

Widerstand gegen Provisions­verbot nimmt zu

rec Brüssel

Der Widerstand gegen das in der EU-Kommission erwogene Verbot von Provisionen für Finanzberater wächst. Nach Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ist dessen österreichischer Kollege Magnus Brunner aus der Deckung gekommen: In einem Brief an EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness, der der Börsen-Zeitung vorliegt, spricht Brunner sich wie Lindner gegen ein Provisionsverbot aus. In der EU-Kommission wiederum scheint es dem Vernehmen nach nicht ausgemacht zu sein, ob die Behörde im Frühjahr tatsächlich ein flächendeckendes Verbot vorschlagen wird.

Kleinanleger im Fokus

Die Überlegungen sind Teil der für Anfang April angekündigten Kleinanlegerstrategie. Geht es nach Finanzmarktkommissarin McGuinness, dürfen Finanzberater in der Europäischen Union künftig keine Provisionen mehr für die Vermögensberatung kassieren. Die Finanzbranche läuft dagegen Sturm. Auch Finanzminister Lindner lehnt ein Provisionsverbot ab und hat dies der Irin in einem Brief kundgetan.

Mit seiner Ablehnung steht Lindner im Kreise seiner Kollegen aus den anderen EU-Staaten nicht länger allein da. Österreichs Finanzminister Brunner befürchtet eine Beratungslücke. In seinem Brief an McGuinness schreibt er: „Provisionen zu ver­bieten und stattdessen Honorarbe­ratung vorzuschreiben wäre dem Ziel abträglich, die Beteiligung von Kleinanlegern an den Kapitalmärkten zu erhöhen, und eine hohe Zahl von Kleinanlegern würde den Zugang zu Anlageberatung verlieren.“ Studien zeigten, dass Kleinanleger im Falle eines Provisionsverbots schlechtergestellt wären als wohlhabende Kunden. „Wir sollten Privatanlegern die Wahlfreiheit lassen“, fordert Brunner.

Verbände begehren auf

Nach und nach formiert sich eine Protestfront gegen die Pläne. Eine Vielzahl deutscher und europäischer Finanzverbände macht dagegen mobil – sowohl in ihren nationalen Hauptstädten als auch in Brüssel. Ihnen gegenüber stehen Verbraucherschützer, die über versteckte Gebühren im Provisionsgeschäft klagen. Auch innerhalb der Bundesregierung ist das Thema umstritten. „Als Bundesverbraucherschutzministerium haben wir große Sympathie für eine Begrenzung oder ein Verbot von Provisionen“, lässt das Haus der Grünen-Politikern Steffi Lemke wissen – und geht damit auf Konfrontation zum Finanzministerium.

Branchenvertreter in Brüssel schöpfen Hoffnung, weil die Linie der EU-Kommission wohl nicht so klar ist, wie es McGuinness’ entschiedenes Eintreten für ein Provisionsverbot vermuten lässt. Vizekommissionspräsident Valdis Dombrovskis hat ebenfalls ein gewichtiges Wort mitzureden. Der Lette soll noch unentschlossen sein, ob er McGuinness bei ihrem Vorhaben unterstützt, so schildern es zumindest Beteiligte. Die Sache sei noch nicht entschieden, heißt es.

Kontroverse im Parlament

Die Mehrheitsverhältnisse im Europaparlament, das im weiteren Verlauf ein entscheidendes Wort bei der Kleinanlegerstrategie mitreden wird, sind ebenfalls unklar. Der finnische Sozialdemokrat Eero Heinäluoma nutzte eine Aussprache mit Finanzmarktkommissarin McGuinness im Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments, um für die Einführung eines Provisionsverbots zu werben. Heinäluoma hält die derzeitige Beratungspraxis in den meisten Ländern für befangen und moniert Interessenkonflikte.

Zu den entschiedensten Gegnern eines Provisionsverbots zählt der CSU-Europaparlamentarier Markus Ferber. Für fadenscheinig hält Ferber das Argument, die Niederlande habe gute Erfahrungen damit gemacht. Dieser Einzelfall sei wegen der Besonderheiten des dortigen Systems der Altersvorsorge kaum auf andere EU-Staaten übertragbar. Da müsse die EU-Kommission schon mehr bieten.

McGuinness ficht das nicht an. In einem verbalen Schlagabtausch mit Ferber im Ausschuss gab sie sich ungerührt. Ihr Fokus liegt auf dem Verbraucherschutz. Kleinanleger würden von unabhängiger Beratung profitieren, doch die sei derzeit nur eingeschränkt zu haben, argumentierte McGuinness. „Mit mehr Transparenz allein ist es nicht getan“. Wenige Tage später hat die Irin Post aus Österreich bekommen – und aufseiten der Mitgliedstaaten nun einen Gegner mehr.

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