IM INTERVIEW: MARIJA KOLAK

"Wir wollen europäische Vielfalt und Subsidiarität"

Die BVR-Präsidentin über die Bedeutung Europas für die Genossenschaftsbanken, das EU-Bankenpaket und die unnötige Verschiebung der Zinswende

"Wir wollen europäische Vielfalt und Subsidiarität"

Frau Kolak, in wenigen Tagen wird ein neues Europäisches Parlament gewählt. Was erwarten oder erhoffen oder befürchten Sie von der Wahl?Die anstehenden Europawahlen werden immer wieder als “Schicksalswahlen” für den europäischen Kontinent beschrieben, vor allem vor dem Hintergrund der aktuellen geopolitischen Unsicherheiten und des globalen Wettbewerbs. Nur mit einem starken Europa können wir wirkungsvolle Antworten auf die genannten Herausforderungen geben. Und hier wird es ambivalent: Viele Mitgliedstaaten, aber auch viele EU-Bürgerinnen und -Bürger reduzieren Europa auf ein bürokratisches und ineffizientes Konstrukt. Zu wenig wird herausgearbeitet, welchen Beitrag die europäische Integration zum Wohlstand in Europa geleistet hat. Was meinen Sie konkret?Ohne den Binnenmarkt mit dem grenzüberschreitenden Verkehr von Waren, Dienstleistungen und Kapital sowie der Personenfreizügigkeit wären die Pro-Kopf-Einkommen der Bevölkerung nach Schätzungen der Europäischen Kommission um 8,5 % niedriger als heute. Insofern erhoffe ich mir, dass die Befürworter der europäischen Integration auch zur Wahl gehen. Jeder Einzelne von uns ist dazu aufgefordert. Es würde nämlich die Arbeit des Parlaments und seiner Ausschüsse und auch der Kommission beeinträchtigen, wenn diejenigen Kräfte in der EU gestärkt würden, die den Binnenmarkt, die Personenfreizügigkeit oder sogar die EU insgesamt in Frage stellen. Ein geschwächtes Parlament wäre nicht hilfreich für eine Europäische Union, die sich im globalen Wettbewerb mehr denn je behaupten muss. Was bedeutet Europa für die deutschen Kreditgenossenschaften?Für die genossenschaftliche Finanzgruppe Volksbanken Raiffeisenbanken steht fest: Die europäische Einigung ist ein einzigartiges Friedens-und Wohlstandsprojekt. Wir glauben allerdings, dass Europa sich auf seine Grundwerte zurückbesinnen sollte. Vielfältigkeit, Dezentralität und Subsidiarität sind doch ganz wunderbare europäische Werte. Werte, die auch die Genossenschaftsbanken auszeichnen. Regionale Diversität ist ja kein Nachteil, sondern etwas ganz Besonderes, nicht zuletzt zeigt sie auch, wo andere etwas anders und vielleicht auch besser machen. Wir brauchen keine weitgehende und bürokratische europaweite Regulierung, kein Alles-über-einen-Kamm-Scheren. Wir wollen europäische Vielfalt und Subsidiarität, dafür kämpfen wir auch in der Interessenvertretung. Und wie würden Sie das Verhältnis zwischen den europäischen Institutionen und den Kreditgenossenschaften derzeit beschreiben und bewerten?Die Europäische Union ist ja kein einheitliches Gebilde, ihre Institutionen haben alle unterschiedliche Schwerpunkte und einen eigenen politischen Willen. Deshalb kann auch die Bewertung nicht einheitlich sein. Wir haben uns in den letzten Jahren immer wieder intensiv mit allen europäischen Akteuren auseinandergesetzt und unser – zugegeben in Europa nicht immer leicht verständliches – Bankmodell der Genossenschaftsbank erklärt. Hier sehen wir ein wachsendes Verständnis. Gerade in dieser Legislaturperiode, mit der wichtige Vorhaben abgeschlossen werden, konnten wir gute Erfolge verzeichnen. Ich denke vor allem daran, dass es erstmals gelungen ist, Regeln einer proportionalen Behandlung von Banken bereits in europäischen Gesetzestexten zu verankern, anstatt sie erst hinterher durch mühsame Korrekturen zu erreichen. Dies ist ein entscheidender Schritt und ein gutes Muster für weitere Gesetzesvorhaben auf europäischer Ebene. So entsteht Schritt für Schritt der Kern einer “Small and Simple Banking Box”, die wir schon lange fordern. In welchen Punkten liegen die Volksbanken und Raiffeisenbanken mit der europäischen Politik über Kreuz?Auch hier gilt, dass das Bild nicht einheitlich ist. Es ist aber kein Geheimnis, dass wir uns dem Vorhaben, eine europäische Einlagensicherung – Edis – zu schaffen, vehement entgegenstellen. Hier muss es um Solidität, nicht um falsch verstandene Solidarität gehen. Europa bleibt also weiterhin eine Daueraufgabe für uns, wobei wir uns der Bedeutung und der wichtigen Erfolge der Europäischen Union gerade in den heutigen Zeiten immer bewusst sind. Für Edis soll bis Juni eine Roadmap vorliegen. Wie ist aus Ihrer Sicht der Stand der Dinge, und wie positioniert sich der BVR beim aktuellen Diskussionsstand?Im Moment diskutiert eine High Level Working Group der Eurogruppe über dieses Thema. Sie soll bis Juni 2019 dazu berichten. Und nach den Europawahlen muss ja auch erst einmal die neue EU-Kommission eingesetzt werden. Ich bleibe dabei: Wenn unsere Genossenschaftsbanken gemeinsam mit anderen Banken in Deutschland für Risiken anderer europäischer Banken mit ganz anderer geschäftspolitischer Ausrichtung haften müssten, dann ginge das zu Lasten der Sparerinnen und Sparer hierzulande, die uns ihre Einlagen anvertraut haben. Auch die Einlagen von Unternehmen wären betroffen. Das wäre nicht “Gleiche Haftung bei gleichem Risiko”, sondern eine Transferunion. Und der Einlegerschutz in Deutschland würde dann nicht besser, sondern schwächer. Mir ist ganz wichtig, dass es erst einmal gleiche Grundlagen in Europa geben muss und gleiche rechtliche Voraussetzungen. Zum Beispiel?Risiken in den Bankbilanzen müssen weiter reduziert werden, und zwar in allen Mitgliedstaaten und nicht nur im europäischen Durchschnitt. Dazu gehört ebenso, auch wenn es einige Länder und Banken nicht gerne hören, dass Staatsanleihen des eigenen Staates angemessen risikogewichtet werden. Außerdem sind das Insolvenzrecht und seine Durchsetzung in der Eurozone uneinheitlich. Sicherheiten werden also in verschiedenen Ländern unterschiedlich verwertet. All diese ungeklärten Fragen zeigen doch, dass die Zeit weiterhin nicht reif für Edis ist. Wo würden Sie sich “mehr Europa” wünschen, und wo geht Ihnen Europa zu weit?Die Genossenschaftsbanken bekennen sich zu Europa. Es ist völlig richtig, die Rolle Europas zu stärken. Schauen Sie nur auf die Bereiche Klimaschutz, Verteidigung, Terrorbekämpfung, Forschung. Oder auf gemeinsame Infrastrukturinitiativen. Allerdings ist zunächst immer die konkrete Ausgestaltung von neuen Ideen zu klären. In der Politik, aber durchaus auch in der Wirtschaft werden mitunter sehr schnell gut klingende Ideen entworfen, wie zum Beispiel die Idee eines Eurofinanzministers oder eines Eurozonenbudgets. Allerdings ist nicht immer zu Ende gedacht, was genau die Aufgaben eines solchen Ministers sein sollen. Es besteht auch die Gefahr, dass die Zuständigkeiten immer unklarer werden und Finanzmittel ineffizient eingesetzt werden. Ich sehe jedenfalls keine Bereitschaft bei den Mitgliedstaaten, in nennenswertem Umfang Kompetenzen nach Europa zu verlagern, und halte das im Bereich der Wirtschaftspolitik auch nicht für notwendig. Daher finde ich die Idee eines Eurofinanzministers auch nicht überzeugend. Das gilt auch für ein Eurozonenbudget?Auch beim Budget kommt es auf die Ausgestaltung an. Ich schaue mit Skepsis auf die Idee der Finanzminister Deutschlands und Frankreichs, zusätzliche Einzahlungen aus den Eurostaaten in das EU-Budget vorzusehen. Das will man mit möglichen Einnahmen aus einer Finanztransaktionssteuer finanzieren. Das belastet wiederum die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die in der Altersvorsorge angesichts von Nullzinsen auf Aktien kaum verzichten können. Mit dem Geld sollen wachstumsschwache Länder des Euroraums gefördert werden, damit sie Investitionen finanzieren oder Reformmaßnahmen durchführen können. Dafür gibt es doch aber schon den europäischen Investitions- und Strukturfonds. Ich finde das nicht richtig durchdacht. Und ein Schlechtwetterfonds, Stabilisierungsinstrument oder wie auch immer man es nennen mag?Auch die Idee, ein finanzkräftiges europäisches Stabilisierungsinstrument einzuführen, ist nicht richtig durchdacht. Das soll europäische Finanzmittel in einzelne Mitgliedstaaten lenken, wenn es dort konjunkturelle Schwächephasen gibt. Die Kommission spricht sich dafür aus, ebenso die Europäische Zentralbank. Ich finde ein solches Instrument unnötig. Die nationalen Möglichkeiten zur Krisenbewältigung sind da vollkommen ausreichend, sofern die europäischen Schuldenregeln eingehalten werden. Andernfalls besteht das große Risiko dauerhafter Finanztransfers, wenn zum Beispiel Mitgliedstaaten die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen weiter verschieben, aber gleichzeitig ein solches Stabilisierungsinstrument nutzen. Das würden die Steuerzahler in vielen EU-Ländern zu Recht nicht akzeptieren können. Was müsste und könnte die Politik tun, um neue Wachstumschancen für Europa zu eröffnen? Industriepolitik? Ein Konjunkturprogramm? Eine Innovationsoffensive?Ich freue mich, dass Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier unser Gast auf der Bankwirtschaftlichen Tagung ist und wir das Thema mit ihm diskutieren können. Alle reden von Industriepolitik. Dabei ist der Mittelstand mit seinem Erfindungsgeist und auch seiner persönlichen Risikobereitschaft das tragende Element in unserem Land. Die Genossenschaftsbanken verdanken ihren Erfolg einer dauerhaften und vertrauensvollen Begleitung des Mittelstands. Deutschland benötigt eine Politik, die für diesen Mittelstand Nutzen stiftet. Zum Beispiel bei der Unternehmensbesteuerung. Hier hat sich in den letzten zehn Jahren nichts getan. Also brauchen wir keine Industriepolitik?Industriepolitik kann natürlich Impulse für das langfristige Wirtschaftswachstum Europas setzen. Gemeinsame europäische Initiativen können die Leistungsfähigkeit der Infrastruktur grenzüberschreitend verbessern: Denken Sie nur an Verkehrswege, Energie, Forschung in Schlüsseltechnologien, digitale Netze oder Zahlungsverkehr. Sie dürfen dann aber auch kartellrechtlich nicht konterkariert werden. Auch eine europäische Chinastrategie ist wichtig, sei es aus Sicherheitsinteressen oder mit Blick auf zu ungleiche Wettbewerbsbedingungen. Der Staat ist aber nicht der bessere Unternehmer. Wie bewerten Sie den Sustainable-Finance-Aktionsplan der EU-Kommission?Nachhaltigkeit im Finanzwesen ist – das wissen Sie – ohnehin schon immer Teil unseres genossenschaftlichen Bankgeschäfts. Uns allen ist klar, dass Nachhaltigkeit inzwischen für Investoren und Bankkunden ein immer wichtigeres Entscheidungskriterium ist. Daher finde ich es grundsätzlich richtig, mit dem Aktionsplan sinnvolle und einheitliche Anreizstrukturen im europäischen Markt zu schaffen. Neue Regeln müssen aber effizient und praxistauglich sein und aus Kundensicht zielführend. Im Moment habe ich den Eindruck, dass noch zu viele verschiedene Regulierungsideen recht unkoordiniert entworfen und diskutiert werden. Zunächst einmal muss die EU den ersten Schritt zu Ende gehen: Der zentrale Definitionskatalog darüber, was unter Nachhaltigkeit bei Finanzprodukten genau zu verstehen ist, die sogenannte Taxonomie, ist derzeit auf EU-Ebene noch in der Diskussion. Also fehlt es noch an der Basis?Ja. Und erst wenn diese Basis für alle Nachhaltigkeitsbestandteile – also Umwelt, Soziales, Unternehmensführung – gelegt ist, sollten die anderen im Raum stehenden Ideen geprüft werden. Ein Anreizfaktor für größere Nachhaltigkeit bei einem Produkt, bei Krediten zum Beispiel, darf aber nicht die zwingend notwendige Bonitäts- und Risikoprüfung außer Acht lassen. Wir bringen uns als BVR und auch gemeinsam als Deutsche Kreditwirtschaft mit unseren Praxiserfahrungen nachdrücklich in die politischen Vorhaben ein. “Europa” begegnet den Volksbanken und Raiffeisenbanken und ihren Kunden nicht zuletzt in Gestalt der EZB. Wie schmerzhaft ist die Zinspolitik, insbesondere auch mit Blick auf ihre strukturverändernden Folgen?Die Folgen der Negativzinspolitik für die Banken sind schwerwiegend, das gilt auch für die Genossenschaftsbanken. Im Privatkundengeschäft wird der Negativzins nur in Ausnahmefällen an den Kunden weitergegeben, so dass die Erträge aus dem Privatkundengeschäft stark gedämpft werden. Wegen der anhaltend flachen Zinsstrukturkurve werden die Erträge auch bei der Eigenanlage der Banken gedrückt. Dazu kommen Belastungen durch den intensiven Wettbewerb im Kreditgeschäft. Der Geschäftsbericht der Bundesbank verzeichnet 2,4 Mrd. Euro Gewinn aus den gezahlten Negativzinsen der Banken. Die tatsächlichen Belastungen der Kreditwirtschaft sind sicherlich höher. In jedem Fall muss die EZB Sorge tragen, dass ihre Zinspolitik die Diversität und Heterogenität des Bankenmarkts nicht gefährdet. Zumal die gestiegenen Regulierungslasten und Meldeanforderungen gerade für kleine und mittelgroße Institute eine sehr große Herausforderung darstellen. Was halten Sie von der Verschiebung der Zinswende?Die Verschiebung der Zinswende über das Ende dieses Jahres hinaus ist eine Überreaktion. Das wäre geldpolitisch wirklich nicht nötig gewesen. Damit reagiert die EZB auf die Konjunkturschwäche im Euroraum. Andererseits geht sie selbst davon aus, dass die konjunkturelle Delle bald überwunden wird und die Preisentwicklung aufwärtsgerichtet bleibt. Es ist höchste Zeit für eine Zinswende. Das wäre ein spürbarer Beitrag zur Finanzstabilität, ein ganz wichtiger Anreiz zur privaten Zukunftsvorsorge. Was erwarten Sie von der EZB in der aktuellen Lage?Sobald sich noch klarer zeigt, dass die aktuelle Konjunkturdelle überwunden ist, sollte die EZB ihre Forward Guidance ändern und wieder auf eine baldige Zinswende zusteuern. Bei einem Wachstum nahe des Trends und einer aufwärtsgerichteten Preisentwicklung im Euroraum gibt es keinen Grund, am Negativzins festzuhalten. Die EZB muss auch das Ziel einer Bilanzreduktion wieder auf die Tagesordnung setzen. Was halten Sie von der neuen Runde langfristiger Refinanzierungsgeschäfte (TLTRO)?Die für September angekündigten zweijährigen TLTRO-Kredite blähen die Bilanz zunächst noch weiter auf. Diese langfristigen Refinanzierungsgeschäfte hat die EZB ja 2014 als Kriseninstrument im Rahmen der europäischen Staatsschuldenkrise aufgelegt. Die neue Runde ist völlig unnötig. Wir sehen weit und breit keine Verknappung des Kreditangebots. Das Europäische Parlament hat vor einem Monat das “Bankenpaket” beschlossen, das Entlastungen für kleinere und nicht komplexe Institute bringt – Stichwort “Proportionalität”. Sie sprachen es ja schon kurz an. Wie bewerten Sie diese Entscheidungen?Es ist für uns ein wichtiger Meilenstein, dass das Thema Proportionalität beziehungsweise Small Banking Box nun Teil des EU-Bankenpaketes ist. Hier wird erstmals klar festgelegt, was unter kleinen und nicht komplexen Instituten zu verstehen ist. Institute mit einer Bilanzsumme bis 5 Mrd. Euro erhalten regulatorische Erleichterungen etwa bei Offenlegungsanforderungen und Meldeanforderungen. Mein Zwischenfazit ist also: Mit dem EU-Bankenpaket ist eine gute Bankenregulierung, die sinnvolle Differenzierungen vornimmt, gelungen. Aber die Entlastungen reichen aus Ihrer Sicht nicht aus?Hier kann weiter optimiert werden: Die jetzige Definition von kleinen, nicht komplexen Instituten mit dem Kriterium der Bilanzsumme von bis zu 5 Mrd. Euro führt zu Klippeneffekten für Institute knapp oberhalb der Schwelle. Hier gäbe es die Möglichkeit der Einteilung in mehrere Kategorien, an die sich unterschiedliche regulatorische Anforderungen anschließen. Wo sehen Sie noch weiteren Handlungsbedarf?Proportionalität bleibt in der Regulierungsdebatte ein Dauerthema. Dafür machen wir uns selbstverständlich auch bei weiteren Regulierungsvorhaben wie der Umsetzung von Basel IV stark. Ein weiteres Beispiel: Aktuell stellt die EZB-Bankenaufsicht eine Änderung ihrer Gebührenordnung in Aussicht, die kleine Institute stärker von Kosten entlasten soll. Die angedachte Halbierung der Mindestgebühren für kleinere Institute halten wir für angemessen. Allerdings ist die Grenze der Institute, die davon profitieren können, mit lediglich 500 Mill. Euro zu eng gezogen. Diese Institute werden trotz der Gesamtzuständigkeit der EZB für die Aufsicht im Wesentlichen ja dezentral überwacht. Eine Größenordnung von 5 Mrd. Euro Bilanzsumme, die sich an der Schwelle im EU-Bankenpaket orientiert, wäre konsistent. Wie beurteilen Sie die beschlossene Reform der europäischen Finanzaufsichtsbehörden? Was bedeutet diese Reform für die Kreditgenossenschaften?Natürlich ist es sinnvoll, Kompetenzen der Aufsichtsbehörden in Europa genau und verlässlich zu definieren. Allerdings arbeiten die Genossenschaftsbanken regional und nicht grenzüberschreitend. Deshalb müssen wir immer aufpassen, dass keine Regelungen erlassen werden, die die nationale Aufsicht zugunsten der europäischen Behörden beschränken. Die nationalen Aufseher kennen die regionalen Märkte ja viel besser als die europäischen Behörden und sind näher an unseren Banken. Daher ist es ganz wichtig, dass unsere Mitgliedsbanken primär den nationalen Aufsichtsbehörden BaFin und Bundesbank zugeordnet bleiben. Sie haben aber in der Reformdiskussion schon einige Forderungen durchgesetzt.Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens ist es uns gelungen, die zu weitgehenden Vorschläge der Kommission begründet abzumildern. So müssen Institute nun nicht unmittelbar die europäischen Finanzaufsichtsbehörden finanzieren, sie unterliegen auch nicht weitgehenden Informationspflichten. Die europäischen Finanzaufsichtsbehörden werden nicht wie ursprünglich geplant zu einer umfassenden lückenlosen Superaufsichtsbehörde über nationale Aufsichtsbehörden. Welche Rolle wird Europa bei der Bankwirtschaftlichen Tagung des BVR spielen? Und welche Botschaften sollen ganz allgemein von diesem “Familientreffen” ausgehen?Unsere Bankwirtschaftliche Tagung findet unmittelbar vor der Europawahl statt. Deshalb ist Europa auch auf der Tagung von erheblicher Bedeutung: Finanzverbraucherschutz, Zahlungsverkehr, Proportionalität sind hier nur einige Stichworte. Die Botschaft, die von der Bankwirtschaftlichen Tagung ausgeht, kommt in unserem Motto zum Ausdruck: “Eine gemeinsame Strategie – ein gemeinsamer Erfolg”. Wir sind verpflichtet, unser erfolgreiches Geschäftsmodell zukunftssicher weiterzuentwickeln und in das digitale Zeitalter zu übertragen. Dazu werden wir auf der Tagung erste Überlegungen vorstellen und diskutieren. Marija Kolak, Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) Das Interview führte Bernd Wittkowski.