Siemens

Bilanz eines verrückten Jahres

Hinter Siemens liegt ein Ausnahmejahr. Drei Mal wurde die Prognose erhöht. Auf der Bilanzpressekonferenz wird der Vorstand dennoch einen konservativen Ausblick auf 2021/22 präsentieren.

Bilanz eines verrückten Jahres

mic München

Wie läuft die Bilanzsaison für das Jahr 2021 in Zeiten der Pandemie? Siemens gibt wieder einmal den Takt vor, schließlich endet das Geschäftsjahr des Konzerns schon am 30. September. Das Management rund um den Vorstandsvorsitzenden Roland Busch hat sich für eine hybride Form der Bilanzpressekonferenz entschieden: Ein kleiner Kreis von Journalisten wird am nächsten Donnerstag in der Konzernzentrale München präsent sein, ansonsten können auch Fragen per Video gestellt werden.

Hinter Siemens liegt ein verrücktes Geschäftsjahr. Finanzvorstand Ralf Thomas hat die Prognose drei Mal erhöht, darüber hinaus kam eine versteckte Anhebung hinzu – durch die Einbeziehung eines Effekts aus dem Varian-Kauf der Tochter Siemens Healthineers.

Auch das vierte Quartal dürfte ein fortgesetzt starkes Wachstum und widerstandsfähige Margen gebracht haben. 21 Analysten, deren Prognosen der Konzern zusammengefasst hat, erwarten einen Umsatzanstieg in absoluten Zahlen um 10 % auf 16,8 Mrd. Euro. Der bereinigte operative Gewinn (Ebita) im industriellen Geschäft wird demnach auf 2,4 Mrd. Euro sinken, weil im Vorjahr zwei Sondereffekte 0,7 Mrd. Euro Gewinn brachten. Zusätzlichen Rückenwind 2020/21 sollte der erfolgreiche Börsengang der Siemens-Beteiligung Thoughtworks geben. Das Beratungsunternehmen hatte seine Aktien zu je 21 Dollar ausgegeben und damit weit über der Bewertung beim Siemens-Einstieg. Mittlerweile notieren die Aktien an der Nasdaq bei rund 30 Dollar.

Siemens hat für das vergangene Geschäftsjahr zuletzt ein Umsatzplus, bereinigt um Währungs- und Portfolioeffekte, um 11 bis 12 % prognostiziert. Der Gewinn soll 6,1 Mrd. bis 6,4 Mrd. Euro betragen. Siemens wird zwar wie die gesamte deutsche Wirtschaft von Ausfällen in der Lieferkette getroffen. Doch die Münchner sind weltweit so gut vernetzt, dass ihnen zumindest im Konkurrenzvergleich kein Nachteil entstehen sollte. Alarmierender könnte der Absatzeinbruch der Autoindus­trie sein, denn die Branche ist ein zentraler Kunde. Das Risiko ist für Siemens nur deswegen gering, weil der Konzern nicht in die Produktion liefert, sondern Fabriken ausstattet.

Trotzdem ist der Blick in die Zukunft getrübt. Die Pandemie tobt im Winterhalbjahr rund um die Nordhalbkugel, die Einkaufspreise schießen in die Höhe. Der Vorstand dürfte daher eine konservative Prognose präsentieren. Der geplante Verkauf von Randaktivitäten mit niedriger Rendite wird die Marge stützen. Spannend wird sein, ob der Vorstand im gerade begonnenen Geschäftsjahr einen Teil der Beteiligung an Siemens Energy verkauft.

Rätselhafter Aktienkurs

Ein Rätsel bleibt der Aktienkurs. Zwar hat er mit 150,26 Euro Ende September ein Allzeithoch erreicht. Analysten beispielsweise der Deutschen Bank diagnostizieren trotzdem eine „signifikante Unterbewertung“.

Einen Tag vor der Siemens AG und damit am 10. November wird Siemens Energy die Bilanz präsentieren. Siemens Healthineers gab die Zahlen bereits am Donnerstag an den Markt, die Energy-Tochter Siemens Gamesa ist am Freitag (5. November) dran.