Fleischersatz-Aktien

Beyond Meat ist für Anleger unappetitlich geworden

Der Kurs des Fleischersatz-Herstellers Beyond Meat ist im laufenden Jahr stark gesunken. Die Perspektiven der Aktie für die Anleger sind unappetitlich geworden.

Beyond Meat ist für Anleger unappetitlich geworden

Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt

Fleischersatz war bis vor kurzem noch in aller Munde. Die Produktion von echtem Fleisch ist bekanntermaßen für die Umwelt schädlich, da bis zu 20 Kilogramm Getreide benötigt werden, um ein Kilogramm Fleisch zu erzeugen. Allerdings möchten die meisten Konsumenten nicht auf Fleischgeschmack verzichten. Damit tut sich ein weites Geschäftsfeld für Unternehmen auf, die pflanzlich hergestellte Lebensmittel anbieten, die von Geschmack und Textur echtem Fleisch möglichst ähnlich sind. Der große Vorteil für die Anbieter lag bisher darin, dass die vegetarischen Ersatzprodukte oftmals viel billiger als Fleisch herzustellen sind, allerdings in den Supermärkten Preise erzielten, die deutlich über denen von echtem Fleisch liegen.

Ein Pionier auf diesem Gebiet ist die bereits 2009 gegründete und im Mai 2019 als erstes Unternehmen aus diesem Bereich an die Börse gegangene amerikanische Beyond Meat. Das Initial Public Offering (IPO) war zunächst ein enormer Erfolg. Beim Sprung aufs Parkett mit 3,8 Mrd. Dollar bewertet, hat es sich am ersten Handelstag um den Börsenstart eines größeren US-Unternehmens mit der besten Performance seit fast 20 Jahren gehandelt. Binnen fast drei Monaten verdoppelte sich der Kurs auf seinen Höchststand von 234,90 Dollar, die Marktkapitalisierung überschritt die Marke von 9 Mrd. Dollar.

Inzwischen hat sich aber das Blatt gewendet und die Aktie befindet sich spätestens seit Anfang 2021 in einer langen Phase des Verwelkens. Inzwischen beträgt die Marktkapitalisierung weniger als 940 Mill. Dollar. Auf Sicht von einem Jahr hat die Aktie 85% an Wert eingebüßt, seit Jahresanfang sind es knapp 76%. Der US-Nachrichtensender CNN fragt aktuell auf seiner Website, ob Beyond Meat „beyond saving“ sei, also nicht mehr gerettet werden könne.

Analysten pessimistischer

Die Aktie von Beyond Meat ist für viele Investoren unappetitlich geworden, was auch für viele Analysten gilt. Aktuell gibt es keine einzige Kaufempfehlung für die Aktie, was angesichts der stets positiven Grundeinstellung an der Wall Street äußerst ungewöhnlich ist. Ein einziges Haus rät dazu, die Aktie überzugewichten. Es gibt aber 14 Einstufungen mit „Hold“, ein auf „Underweight“ lautendes Anlageurteil und drei Verkaufsempfehlungen. Das durchschnittliche Kursziel liegt allerdings bei 21,62 Dollar bei einem aktuellen Preis der Aktie von 14,78 Dollar – die Analysten sind also mit dem Senken ihrer Kursziele nicht so recht hinterhergekommen.

Das Problem für Beyond Meat liegt darin, dass der Markt für Fleischersatz offenbar wesentlich kleiner ist als ursprünglich gedacht. Nach einer Umfrage des US-Meinungsforschungsinstituts Gallup be­zeichnen sich nur 5% der Amerikaner als Vegetarier, für 95% der Bevölkerung kommen die Produkte von Beyond Meat damit praktisch nicht in Frage. Unter den Vegetariern dürften sich auch viele Personen befinden, die das Konzept von künstlichem Fleisch ablehnen, was den Markt weiter verkleinert. Nach Angaben von US-Marktbeobachtern sind die Verkäufe von tiefgekühlten Fleischalternativen in den USA in den 52 Wochen per 4. September im Vorjahresvergleich um 10,5% eingebrochen, was unter anderem auf Preisanstiege der Produkte zurückgeführt wird. Damit dürften die Chancen für das Unternehmen, jemals schwarze Zahlen zu erreichen, kleiner sein als bisher gedacht. Die jüngsten Ergebnisse des Unternehmens sind auch alles andere als erfreulich. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2021 erwuchs unterm Strich ein Nettoverlust von 182,11 Mill. Dollar bei Erlösen von 464,7 Mill. Dollar. Gegenüber dem Vorjahr 2020 hatte sich der Verlust in etwa verdreifacht. Im Quartal per 2. Juli war die Ertragslage desolat: Die Erlöse gingen leicht von 149,4 Mill. Dollar auf 147 Mill. Euro zurück. Der Nettoverlust betrug bei diesem Umsatzvolumen sage und schreibe 97,1 Mill. Euro.

Nun ist bei Wachstumsunternehmen ein hoher Verlust oftmals nicht besorgniserregend. Problematisch wird es allerdings, wenn gleichzeitig das Wachstum stark zurückgeht. Das Management führt den Umsatzrückgang auf Inflation und höhere Energie- und Rohstoffkosten zurück. Die US-Konsumenten können sich in der gegenwärtigen Situation Premium-Produkte wie diejenigen von Beyond Meat nicht mehr leisten und kaufen billiger ein. Vom Unternehmen selbst hieß es in der Telefonkonferenz zum kürzlich präsentierten Ergebnis, das Pfund künstliches Hackfleisch von Beyond Meat werde zu 8,35 Dollar verkauft. Nach den Daten des US-Landwirtschaftsministeriums beträgt der Durchschnittspreis für das Pfund echtes Rinderhackfleisch aber nur 4,90 Dollar.

Besonders getroffen war im Quartal das internationale Geschäft mit einem Rückgang von 7% im Vorjahresvergleich. Die internationalen Einzelhandelsverkäufe gingen sogar um 17% zurück. Beyond Meat sieht sich inzwischen einer Vielzahl von Start-up-Wettbewerbern gegenüber, die derzeit stark die Preise senken, um die Lagerbestände zu verkleinern und um wenigstens auf diese Weise Cash hereinzubekommen. Das drückt auf das Preisniveau.

Beunruhigend ist nach Einschätzung von Investoren auch, dass die Bruttomarge zurückgeht, was bereits 2021 der Fall war – nämlich von 30,1% auf 25,2%. Um gegenzusteuern, hat das Unternehmen seine operativen Ausgaben um 15% gesenkt und 4% der Belegschaft abgebaut. Im Gesamtjahr 2022 sollen die Investitionen um 40% reduziert werden. Angesichts des hohen Verlustes ist es aber fraglich, ob das ausreicht, um angesichts der schwierigen Marktverhältnisse jemals die Profitabilität zu erreichen, zumal das Management im Conference Call die Bereitschaft erkennen ließ, sich auf Preiswettbewerb einlassen zu wollen. Dies ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass das Unternehmen nach Analystenschätzungen derzeit 100 Mill. Dollar pro Monat an Cash verbrennt. Per 2. Juli weist die Bilanz noch 455 Mill. Dollar an Cash aus, so dass weitere Kapitalaufnahmen in absehbarer Zeit notwendig sein werden.

Mit der Krise in den westlichen Industrieländern hat sich auch die Situation  von Beyond Meat deutlich verschlechtert. Möglicherweise wäre es die beste Option für Aktionäre, wenn sich ein großer Lebensmittelkonzern für das Unternehmen und seine Produkte interessiert und ein Übernahmeangebot abgibt. Davon ist aber momentan noch nichts zu sehen.

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