Historischer Kurssturz

Chinas Partei vergrault Anleger

Die Furcht vor einer ideologischen Überfrachtung der chinesischen Wirtschaftspolitik führt zu einem historischen Kurssturz an der Hongkonger Börse. Auch der Devisenmarkt steht unter Druck.

Chinas Partei vergrault Anleger

nh Schanghai

Der erste Handelstag nach Abschluss des chinesischen Parteikongresses hat einen historischen Selloff an der Hongkonger Börse und eine weitere Schwächung des Yuan gebracht. Die Furcht vor einer noch weitergehenden staatlichen Kontrolle und ideologischen Überfrachtung der chinesischen Wirtschaftspolitik schlägt vor allem internationale Anleger in die Flucht. Hinzu kommen ernüchternde Wirtschaftsdaten, die für die Dauer des Parteikongresses zurückgehalten und erst am Montag verbreitet wurden.

An der Hongkonger Börse ist der Leitindex Hang Seng am Montag um 6,4% auf 15181 Punkte eingebrochen. Dies bedeutete den größten Tagesverlust seit dem Ausbruch der globalen Finanzkrise im Herbst 2008 und gleichzeitig den tiefsten Indexstand seit 13 Jahren. Der nur chinesische Werte umfassende Hang Seng China Enterprise Index fiel sogar um 7,2% zurück. Seit Jahresbeginn hat der Hang Seng nun bereits 35% verloren und weist gegenüber seinem 52-Wochen-Hoch einen Abstand von fast 43% auf.

An den chinesischen Festlandbörsen hielt sich der Abverkauf allerdings in engeren Grenzen. Hier bremste der stützende Einsatz von staatskontrollierten Finanzinstituten und Investmentvehikeln die Talfahrt, der Blue-Chip-Index CSI 300 büßte in der Folge „nur“ 2,9% auf 3633 Punkte ein. Auch dies bedeutet freilich ein 52-Wochen-Tief mit einem Rückgang von 26% im bisherigen Jahresverlauf.

Zwar ist Chinas Bruttoinlandsprodukt (BIP) im dritten Quartal mit 3,9% etwas kräftiger gewachsen als von den Marktteilnehmern erwartet, allerdings deuten begleitende Wirtschaftsdaten vom Montag darauf hin, dass die Konjunkturkräfte weiter nachlassen. In Verbindung mit einer Bekräftigung der wirtschaftsschädlichen Corona-Nulltoleranzpolitik in China und der Neubesetzung der Spitzenpositionen des Politbüros mit ausschließlich engen Verbündeten des Staatspräsidenten Xi Jinping wächst in den Augen der Marktteilnehmer nun das Risiko eines von machtpolitischen Erwägungen dominierten und tendenziell marktfeindlichen Wirtschaftskurses in China.

Die Enttäuschung über den Verlauf des Parteikongresses lässt auch die Devisenmärkte nicht kalt und verschärft den Abwertungsdruck auf die chinesische Währung. Am Montag legte der Dollar im Onshore-Handel in Schanghai um weitere 0,3% auf 7,26 Yuan zu, was für die chinesische Valuta ein 14-Jahres-Tief bedeutet. Im Hongkonger Markt, wo der Yuan seit 2010 „offshore“ und damit von der chinesischen Zentralbank nicht direkt beeinflusst handelt, wurde erstmals überhaupt die Marke von 7,30 Yuan passiert und ein historisches Tief bei 7,31 Yuan je Dollar erreicht.

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