IM INTERVIEW: FRANZ WENZEL, AXA INVESTMENT MANAGERS

"Die Zinsen werden weiter steigen"

Verhaltene Zuversicht für Aktien - Folgen eines eskalierenden Handelskonflikts wären verheerend

"Die Zinsen werden weiter steigen"

Franz Wenzel ist für Dividendenwerte verhalten zuversichtlich. Für das laufende Jahr hält der Anlagestratege von Axa Investment Managers Erträge in der Größenordnung zwischen 5 und 10 % für erreichbar.- Herr Wenzel, nach einem sehr guten Start ins Jahr sind die Aktienmärkte zurückgefallen. Was können wir in diesem Jahr von Dividendentiteln erwarten?Mit Aktien konnten im zurückliegenden Jahr deutlich bessere Erträge erzielt werden als mit Renten. Wenn zum Ende dieses Jahres zwischen 5 und 10 % zu Buche stehen, sollten wir zufrieden sein. Das gute Wachstum hat den Zenit überschritten, was unserer Einschätzung nach ein Wachstum der Unternehmensgewinne von 5 bis 10 % in diesem Jahr bedingt. Dadurch, dass die Zentralbanken aus dem Quantitative Easing aussteigen, haben wir wahrscheinlich den KGV-Gipfel gesehen, das heißt, wir erwarten keine KGV-Expansion. Vielleicht wird es sogar eine leichte Konsolidierung der KGVs geben. Die Aktien-Performance muss von nun an von den Unternehmensgewinnen getragen werden.- Zur Korrektur trugen Sorgen über deutlicher steigende Zinsen bei. Wie berechtigt sind die Befürchtungen?Die Historie zeigt, dass steigende Zinsen per se in 60 bis 70 % der Fälle keine unüberwindbare Hürde für die Aktienmärkte sind. Erst ab einer gewissen Höhe bewegen sich die Aktienmärkte und die Renditen nicht mehr im Gleichschritt beziehungsweise wird die Zinsentwicklung zum Gegenwind. Da sind wir noch nicht. Allerdings ist die Zeit der extrem niedrigen Volatilität vorbei.- Wie agieren Ihre Kunden in dem aktuellen Umfeld?Wir beobachten, dass viele institutionelle Kunden vermehrt Produkte nachfragen, die Risikoparameter darstellen. Konkret sind das Vol-Cap-Produkte, die Risiken runterfahren, sobald die Volatilität gewisse Grenzen überschreitet beziehungsweise übersteigt.- Was erwarten Sie auf der Zinsseite?Die Zinsen werden weiter steigen. Für die USA erwarten wir vier Leitzinsanhebungen in diesem Jahr und dann nochmal drei bis vier Zinsschritte im kommenden Jahr. Somit kommen 200 Basispunkte hinzu, womit der amerikanische Leitzins Ende 2019 grob bei 3 bis 3,5 % liegen wird. Das haben die Märkte noch nicht eingepreist. Am langen Zinsende kann es vor diesem Hintergrund noch Druck nach oben geben. Wir erwarten eine Abflachung in der Kurve bis hin zu einer leicht invertierten Zinsstrukturkurve. Irgendwann wird die Normalisierung am kurzen Ende auch am langen Ende sowie auch an den Aktienmärkten ankommen. Deswegen unsere Aussage: Die Zeiten extrem niedriger Volatilität sind Historie.- Die Zinskurvenverflachung gilt manchen als Rezessionswarnsignal. Was sagen Sie dazu?Ob aus der Zinsstrukturkurve eine bevorstehende Rezession abgeleitet werden kann, sei dahingestellt. Zum einen befinden wir uns auf einem sehr niedrigen Zinsniveau. Eine Inversion auf einem Niveau von 2,5 bis 3 % hat es seit Beginn der modernen Geldpolitik, also nach Bretton Woods und der Politik von Paul Volcker, nicht gegeben. Zum anderen kann Donald Trump fiskalische Impulse setzen und damit den Konjunkturzyklus strecken. Wir sind in den USA bereits im zehnten Jahr des Konjunkturaufschwungs und haben noch keinen richtigen Durchsetzer gesehen. Das ist sehr ungewöhnlich.- Wie schätzen Sie die konjunkturellen Aussichten des Euroraums ein?In der Eurozone hat das Wachstum überrascht, und wir tun gut daran, für die Region ein gutes Wachstum zu erwarten. Unsere Schätzungen für dieses und nächstes Jahr lauten auf 2,5 % und 2,3 %. Vor diesem Hintergrund ist die Europäische Zentralbank auch gut beraten, die Liquiditätsschwemme einzudämmen. Damit ähnelt die Lage hier der geldpolitischen Situation der USA vor zwei Jahren.- Gilt Ihr Optimismus auch für die Aktienmärkte des Euroraums?Aktien des Euroraums sehen wir im globalen Kontext nach wie vor relativ positiv. Solange die wirtschaftliche Entwicklung die nötige Schützenhilfe und die EZB noch Rückenwind bietet, können wir auf das Gewinnwachstum bauen. Mit einem Euro im Bereich von 1,20 bis 1,25 Dollar können wir gut leben.- Welche weiteren Asset-Klassen sind Ihrer Meinung nach attraktiv?Wir beurteilen Hochzinsanleihen positiv, gerade im Euroraum. Der Corporate-Sektor hat seinen Leverage nicht deutlich hochgefahren, und die Unternehmensgewinne wachsen zweistellig. Zudem haben die Unternehmen ein recht ordentliches Exposure in den Emerging Markets, die sich relativ positiv entwickeln. Hochzinsanleihen sind damit eine attraktive Alternative. Das gilt unserer Einschätzung nach aber nicht mehr für Investment-Grade-Anleihen. Die Renditeabstände sind mittlerweile viel zu gering, das heißt, es gibt ein Performance-Risiko, wenn die Zinsen steigen. Wir erwarten einen Anstieg der zehnjährigen Bundrendite auf 1 %. Ein Zinsanstieg um 35 bis 40 Basispunkte würde zu einer negativen Performance von 3 % führen. Das schlägt auf Investment-Grade-Anleihen durch, während Hochzinsanleihen noch ein bisschen Renditepolster haben.- Was würde ein Handelskrieg für die Aktienmärkte bedeuten?Wir können noch nicht abschätzen, wo hier das Ende der Fahnenstange sein wird. Trump befindet sich im Wahlkampfmodus. Im November finden die Zwischenwahlen statt, und Trump braucht positive Nachrichten. Wir wissen – und ebenso Trumps Berater -, dass ein Handelskrieg nur Verlierer kennt. Ob es wie bisher bei einem Säbelrasseln bleibt oder weitere Schritte folgen werden, ist noch nicht absehbar. Sollte der Konflikt eskalieren, wären die Folgen für die europäische wie auch die amerikanische Konjunktur verheerend. Die Belastungen wären für Europa und insbesondere für Deutschland wegen der hohen Exportorientierung stärker.- Welche Sektoren gefallen Ihnen?Derzeit sind wir sehr positiv für Banken. Aber das ist eher eine taktische Allokation auf Sicht von drei bis neun Monaten. Steigende Zinsen in der Eurozone sind positiv für Bankaktien, weil das bessere Margen zur Folge hat. Zudem steigt auch die Kreditnachfrage. Als Folge der Finanzkrise sind die Banken zudem jetzt wesentlich solider aufgestellt als vor zehn Jahren. Ansonsten haben wir keine aktiven Sektorpräferenzen in unseren Portefeuilles.—-Das Interview führte Christopher Kalbhenn.