Portfoliomanagement

Diversifikation mit Alternativen Strategien

Das wieder attraktivere Zinsniveau macht es notwendig, defensive Alternative Strategien als Anleiheersatz zu überdenken. Der Diversifikationsaspekt sollte noch stärker in den Vordergrund rücken.

Diversifikation mit Alternativen Strategien

Die höchste US-Inflation seit 40 Jahren und die folglich deutlich restriktivere Zentralbankpolitik machten das Jahr 2022 zu einem der schwierigsten der Börsengeschichte. Traditionelle Diversifikationseffekte wurden aufgrund der steigenden Inflation und entsprechend restriktiveren Zentralbanken über den Haufen geworfen. Für gemischte Portfolios aus Aktien und Staatsanleihen in den USA war es gemessen am klassischen 60/40-Portfolio das schwierigste Jahr seit 1931.

Von den klassischen Anlagethemen boten über weite Strecken lediglich Rohstoffe, Aktien des Energiesektors und der US-Dollar etwas Rückhalt. Einen echten Diversifikationseffekt boten hingegen viele Alternative Strategien. Sie profitierten von ausgeprägten makroökonomischen Trends in den Anlageklassen und einer höheren Volatilität. Einzelne Strategien erzielten deutliche Zuwächse und überzeugten damit sowohl relativ zu konventionellen Anlagen als auch absolut. Das im Anleihebereich nun wieder attraktivere Zinsniveau – gepaart mit höheren Risikoprämien – macht es nun jedoch notwendig, gerade defensive Alternative Strategien als Anleiheersatz zu überdenken. Der Diversifikationsaspekt zum Multi-Asset-Portfolio sollte noch stärker in den Vordergrund rücken.

Diesen bieten aus unserer Sicht nach vorne gerichtet insbesondere Managed Futures, Long-Volatilitäts- oder auch globale Makrostrategien. Besonders Letztere sowie trendfolgende Strategien stachen zuletzt hervor. Beide erzielten 2022 zweistellige Zuwächse. Sie profitierten durch ihre Flexibilität von dem lang anhaltenden Trend steigender Zinsen, dem Abverkauf in Aktien und dem bis Oktober kontinuierlich aufwertenden US-Dollar.

Nach dem starken Zinsanstieg in diesem Jahr liegen die Renditen für Staatsanleihen erstklassiger Bonität derzeit wieder deutlich über dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Unternehmensanleihen haben zudem durch die Ausweitung der Risikoaufschläge dieses Jahr zusätzlich an Attraktivität gewonnen. Der Risikoaufschlag von Unternehmensanleihen hoher Qualität gegenüber laufzeitäquivalenten Staatspapieren lag Mitte Oktober 2022 in Europa mit rund 230 Basispunkten in der Nähe des Niveaus zur Hochzeit der Corona-Pandemie im März 2020 (243 Basispunkte). Entsprechend ergeben sich zumindest auf den ersten Blick mehr Möglichkeiten, sehr defensive Alternative Strategien durch bonitätsstarke Staats- oder Unternehmensanleihen zu ersetzen oder die taktische Allokation von Alternativen Strategien etwas zugunsten der Anleihen zu reduzieren. Allerdings sprechen Inflation und veränderte Marktstrukturen mittelfristig im Multi-Asset-Kontext weiterhin für den Bedarf zusätzlicher Diversifikation mittels Alternativer Strategien.

Erhöhte Volatilität

Durch die Deglobalisierung, den demografischen Wandel und die Energiewende ist von nachhaltig erhöhter Inflation und Inflationsvolatilität auszugehen, was in der Folge schnellere geldpolitische Zyklen und kürzere und erratischere Wirtschaftszyklen auslösen dürfte. Damit dürfte sowohl die Volatilität von Aktien als auch jene von Anleihen zunehmen. Die Volatilität der Unternehmensgewinne steigt und abnehmende Zinsdeckungsgrade belasten insbesondere höher verschuldete Unternehmen, was sich in Bewertungen und Kursreaktionen widerspiegelt. Besonders evident ist aktuell der deutliche Regimewechsel bei der Volatilität von Anleihen, die durch die (ultra)lockere Zentralbankpolitik in Form von niedrigen Leitzinsen und Anleihekaufprogrammen der zurückliegenden Dekade gedrückt wurde.

Die Anleihevolatilität dürfte auch zukünftig auf höherem Niveau verharren und die Volatilität von Multi-Asset-Portfolios negativ beeinflussen. Die Historie lässt zudem den Schluss zu, dass die Korrelation von Risikoanlagen und Staatsanleihen bei höherer Inflation tendenziell im positiven Bereich liegt, was sich negativ auf Multi-Asset-Portfolios auswirkt und neben dem Volatilitätsaspekt für eine zusätzliche Diversifikation abseits von Anleihen und Aktien spricht.

Alternative Strategien können nun eine Berechtigung haben, wenn es darum geht, den Diversifikationsgrad zu erhöhen und durch sorgfältig ausgewählte Profile die Volatilität und Draw-down-Anfälligkeit von Portfolios zu senken. Alternative Strategien haben sich nicht nur in der aktuellen Krise bewährt, sondern wurden ebenfalls sukzessive über die Jahre weiterentwickelt. Es sind vermehrt Ucits-Strategien an den Markt gekommen, die langfristig etablierte und erfolgreiche Offshore-Strategien replizieren – zu meist günstigeren Konditionen als in der Vergangenheit, einer verbesserten Fungibilität und mit investorenfreundlicheren Zugängen über Plattformen und entsprechenden Verbindungen zum Management der Strategien.

Das reflationäre Umfeld und der damit verbundene Wegfall der expansiven Zentralbankpolitik eröffnet Alternativen Strategien aktuell und wohl auch zukünftig wesentlich mehr Opportunitäten, um ihre Stärken auszuspielen und Alpha zu generieren. Die höhere Basisverzinsung wirkt sich dabei auch zum Vorteil aus, da sich Risikoprämien erhöhen und überschüssige Liquidität bzw. Collateral zu deutlich besseren Konditionen angelegt werden kann und so die Renditeerwartungen erhöht.

Bedeutung nimmt zu

Neben der bereits genannten potenziell längerfristig erhöhten Anleihevolatilität schaffen die grundsätzlich veränderte Marktstruktur mit kürzeren Zyklen sowie schnellere und schärfere Marktbewegungen in den konventionellen Anlageklassen Rahmenbedingungen, die eine Diversifikation im Multi-Asset-Kontext über Aktien und Anleihen hinaus erforderlich machen. Das Versprechen von vielen Alternativen Strategien, positive, unkorrelierte Renditen zu bieten, gewinnt in Phasen, in denen Aktien und Anleihen nicht die gewünschten Diversifikationseffekte bieten, noch mehr an Bedeutung.

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