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ESG Covered Bonds zum Nulltarif

ESG Covered Bonds gibt es an den Anleihemärkten zum Nulltarif. Die Nachfrage nach den Papieren ist ungebrochen sehr hoch.

ESG Covered Bonds zum Nulltarif

Von Thorsten Euler*)

Die Themen Klimawandel und Nachhaltigkeit stehen derzeit nicht nur bei Politikern ganz oben auf der Agenda, auch Banken richten sich immer mehr danach aus. Ein Beispiel hierfür ist das in diesem Jahr deutlich gestiegene weltweite Emissionsvolumen von auf Euro lautenden grünen, sozialen oder anderen nachhaltigen Covered Bonds (ESG Covered Bonds) – wenn auch von einem niedrigen Niveau ausgehend. Grüne gedeckte Anleihen sind beispielsweise durch Immobilien besichert, die sich durch einen besonders niedrigen Energieverbrauch auszeichnen. Der Markt der grünen, sozialen und nachhaltigen Anleihen von Emittenten aus allen Lagern hat in der vergangenen Woche einen neuen Meilenstein aufgestellt. Das ausstehende Volumen dieser Bonds erreichte die Marke von 2 Bill. Dollar. Die Tendenz in diesem Marktsegment weist nach oben. Die Nachfrage nach diesen Bonds ist weiterhin sehr gut.

Immer mehr Banken

Das Neuemissionsvolumen der weltweit emittierten ESG Covered Bonds (Emissionsvolumen mindestens 250 Mill. Euro) belief sich in diesem Jahr bis Ende September auf 13,2 Mrd. Euro und liegt damit bereits 62% über dem Wert für das Gesamtjahr 2020. Die bedeutendste Kategorie sind dabei nach wie vor grüne Covered Bonds, auf die ein Anteil von zwei Dritteln entfällt. Gedeckte Anleihen zur Refinanzierung von Projekten mit einem sozialen Hintergrund machen aktuell knapp 30% aus, der Rest entfällt auf sonstige ESG-Typen. Alleine 2021 sind bislang 13 Emittenten hinzugekommen, die erstmals gedeckte Anleihen im ESG-Format platziert haben, wodurch sich die Gesamtzahl der Banken mit ausstehenden ESG Covered Bonds auf 31 erhöht hat.

Günstigere Zinsen

Warum entscheiden sich immer mehr Banken dazu, ESG Anleihen aufzulegen? Spielen neben einem Bekenntnis zur Unterstützung von politischen Klima- und Nachhaltigkeitszielen auch ökonomische Vorteile eine Rolle? Einige Banken bieten im Aktivgeschäft inzwischen Darlehen mit vergünstigten Zinskonditionen an, wenn damit beispielsweise energieeffiziente Immo­bilien finanziert werden sollen. Es stellt sich unweigerlich die Frage, ob die Institute ihrerseits bei der Emission von grünen Covered Bonds einen Refinanzierungsvorteil in Form von geringeren Risikoaufschlägen gegenüber konventionellen gedeckten Bankanleihen erzielen können.

Greenium im Blick

Um einen Anhaltspunkt für diese oft als Greenium bezeichnete Spread-Differenz zu bekommen, kann die Verteilung der Swapspreads von ESG und konventionellen Covered Bonds jener Emittenten verglichen werden, die neben einigen konventionellen auch mindestens drei gedeckte Anleihen im ESG Format ausstehen haben. Dieses Kriterium erfüllen derzeit weltweit lediglich drei Emittenten: Berlin Hyp, Caisse Francaise de Financement Local sowie die Nord/LB. Im Ergebnis zeigt sich, dass bei keinem dieser drei Institute ein systematisches Greenium im Sekundärmarkt zu beobachten ist. Zwar liegen die Swapspreads einzelner ESG-Anleihen mitunter ein bis zwei Basispunkte unter dem Niveau konventioneller Papiere, andere reihen sich wiederum unauffällig in die Spread-Landschaft ein. Daher kann nicht von einem systematisch vorhandenen Greenium gesprochen werden.

Das derzeitige sehr niedrige Swapspreadniveau im Covered–ond-Markt, welches ein Ergebnis der massiven Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) ist, lässt momentan kaum Platz für eine nennenswerte Preisdifferenzierung.

Für Investoren bedeutet das, dass sie grüne oder soziale Covered Bonds aktuell oft zum gleichen Preis wie die „grauen“ gedeckten Anleihen bekommen können. In anderen Anleiheklassen sieht das mitunter anders aus. Zehnjährige grüne Bundesanleihen notieren beispielsweise derzeit mit einem Renditeabschlag von etwa 5 Basispunkten gegenüber ihren konventionellen Pendants. Diese für Investoren positive Marktsituation bei gedeckten Anleihen hat eine Kehrseite: Die Emittenten dürften es sich gut überlegen, in welcher Art und Weise sie ihre für ESG-Anleihen geeigneten Aktiva refinanzieren, sofern ihnen sinnvolle Alternativen offenstehen. Covered Bonds sind zwar absolut gesehen eine der günstigsten Möglichkeiten zur Kapitalmarktrefinanzierung. Das Greenium dürfte aber beispielsweise bei der Emission von unbesicherten ESG-Papieren höher sein und diese Anleiheklasse daher zumindest relativ gesehen attraktiver machen. Das in diesem Jahr sehr starke ESG-Neuemissionsvolumen unbesicherter Bankanleihen spricht für diese These.

Vorteil für Emittenten

Trotz des systematisch fehlenden Greeniums bietet die Platzierung von ESG Covered Bonds den Emittenten Vorteile gegenüber konventionellen gedeckten Anleihen, sonst gäbe es wohl auch in diesem Anleihesegment kein so starkes Wachstum. Die Anzahl der Zeichnungsaufträge und die Bid/Cover Ratio (Verhältnis von Orderbuch- zu Emissionsvolumen) von ESG Covered Bonds waren im Durchschnitt im laufenden Jahr etwas höher als bei den konventionellen gedeckten Anleihen, was für ein geringeres Platzierungsrisiko der nachhaltigen Anleihen spricht. Für diese höhere Nachfrage dürften in erster Linie Investoren verantwortlich sein, die sich auf nachhaltige Papiere spezialisiert haben und sonst nicht im Covered Bond Markt aktiv sind.

Geringere Prämie

Auch die durchschnittliche Neuemissionsprämie fiel für die nachhaltigen gedeckten Anleihen geringfügig niedriger aus, wobei die Differenz lediglich bei einem halben Basispunkt lag. Bei der einfachen Durchschnittsbetrachtung der genannten Kennzahlen muss natürlich im Hinterkopf behalten werden, dass es im Laufe eines Jahres immer wieder verschiedene Marktphasen mit unterschiedlicher Risikoaversion gibt, die Einfluss auf diese Kennzahlen haben. Außerdem ist die Zahl der ESG Neuemissionen im Verhältnis zu den konventionellen Pendants immer noch recht gering, trotz des diesjährigen Wachstums. Dennoch ist zu erwarten, dass die genannten Durchschnittswerte durchaus geeignet sind, um bestehende Unterschiede zwischen ESG und konventionellen Neuemissionen aufzuzeigen. Den Covered Bond Emittenten dürfte es bei ESG Neuemissionen aufgrund der etwas höheren Nachfrage im Einzelfall leichter fallen, die Neuemissionsprämie gegenüber den konventionellen Papieren gegebenenfalls geringfügig zu reduzieren.

Ein markanter systematischer Spread-Vorteil von ESG Covered Bond Neuemissionen lässt sich derzeit allerdings nicht erkennen. Neben diesen nüchternen Erwägungen bezüglich der Platzierbarkeit der Anleihen dürften die Anstrengungen der Emittenten im ESG-Bereich auch darauf beruhen, einen positiven gesellschaftlichen Beitrag zu leisten.

*) Thorsten Euler ist Senior Covered Bond Analyst bei der DZ Bank.

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