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Kapital möglichst global allokieren

Wer seinen Wohlstand sichern möchte, sollte sich nicht auf die gesetzliche Rente verlassen. Stattdessen sollte man sein Kapital möglichst global allokieren.

Kapital möglichst global allokieren

Ob Finanzkrise, Eurokrise, Coronakrise oder Energiekrise – jedes Mal wurden umfangreiche staatliche Rettungsmaßnahmen ergriffen, um die Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft abzufedern. Die Staatsquote, die die Staatsausgaben ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt setzt, ist auf über 51% gestiegen, den höchsten Wert seit Einführung des Euro. Allein um Konsumenten und Indus­trie vor den explodierenden Energiepreisen zu schützen, wurden vergangenes Jahr über 260 Mrd. Euro bereitgestellt. Das entspricht in etwa der Hälfte des geplanten Bundeshaushaltes des Jahres. Solange die Unterstützung dem Erhalt der Industrie – dem Kernstück der deutschen Wirtschaft – dient, sind solche Ausgaben kurzfristig durchaus gerechtfertigt. Allerdings folgen viele Maßnahmen wie zum Beispiel Tankrabatte, Energiegeld oder Vergünstigungen im Nahverkehr zunehmend dem „Gießkannenprinzip“ und scheinen wenig zielgerichtet. Viele Maßnahmen wurden dabei erst erforderlich, weil der Staat bei der Energiewende zunächst durch Regulierungen und dann durch Inaktivität die hohen Kosten mitverursacht hat. Die Folgen einer hohen Staatsquote sind wachsende Abhängigkeit der Wirtschaft und Bürger von staatlichen Transfers, geringeres Wachstum sowie ein deutlicher Anstieg der Staatsverschuldung.

Allgemein werden staatliche Ausgaben in Deutschland eher konsumorientiert als produktiv eingesetzt. Einer Studie des IfW Kiel zufolge wurden im Jahr 2021 kaum mehr als 20% der Bundesausgaben für unmittelbar produktive Zwecke verwendet. Dazu gehören beispielsweise Investitionen in Infrastruktur, Digitalisierung, Grundlagenforschung und Bildung. Hinzu kommt, dass Planungs- und Genehmigungsprozesse – auch aufgrund der föderalen Ordnung – viel zu lange dauern. Dementsprechend marode sind die Verkehrsnetze: Vier von fünf Unternehmen gaben vergangenes Jahr an, dass sie durch marode Infrastruktur in ihrer Geschäftstätigkeit ausgebremst werden. Mit Blick auf die bevor­stehenden Herausforderungen im Zusammenhang mit der Energiesicherheit, dem Facharbeitermangel, zunehmender Deglobalisierung und Regionalisierung der Produktion wären zielgerichtete Investitionen aber dringend notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu erhalten.

Der Löwenanteil von 58% der Bundesausgaben wurde hingegen für die Umverteilung von Wohlstand aufgewendet. Zwar gilt, dass ein gewisses Maß an Umverteilung notwendig ist, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Dennoch ist es des Guten zu viel. Das eindrücklichste Beispiel sind die Leistungsversprechen im Zusammenhang mit der gesetzlichen Rentenversicherung. Schon heute muss der Bund über 100 Mrd. Euro pro Jahr zuschießen, um die versprochenen Auszahlungen zu gewährleisten. Dabei wird die Tragfähigkeit des Rentensystems im Zuge des demografischen Wandels immer stärker gefährdet: Kamen in den 1960er Jahren sechs Beitragszahler auf einen Rentner, sind es heute gerade mal zwei aktiv Versicherte. Das Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentnern dürfte in Zukunft weiter deutlich abnehmen, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand gehen. Schmerzliche Reformen des Rentensystems werden von der Politik immer wieder aufgeschoben.

Stattdessen wird der Beamtenapparat, der die Umverteilung zu verantworten hat, stetig erweitert. So hat sich im vergangenen Jahrzehnt die Zahl der Bundesbeamten nahezu verdoppelt. Etwaige Mehraufwendungen für Personal im öffentlichen Dienst müssen auf den Schultern zukünftiger Steuerzahler getragen werden. Zudem verstärken unverhältnismäßige staatliche Eingriffe die Abhängigkeiten der Wirtschaftsakteure. Das staatliche Füllhorn ersetzt dabei zusehends das billige Zentralbankgeld und beeinträchtigt die Mechanismen der Marktwirtschaft. Das begünstigt beispielsweise das Weiterbestehen von Zombie-Unternehmen – in Deutschland wird ihr Anteil auf 2 bis 5% geschätzt. In der Vergangenheit förderten Minuszinsen sowie die anhaltend steigende Nachfrage das Entstehen von Firmen mit hohen Schulden und ohne profitables Geschäftsmodell. Heute können sich diese nur über Wasser halten, weil der Staat hilft. Eine Marktbereinigung wäre dringend vonnöten, um die Dynamik wieder zu erhöhen und innovative Unternehmen zu fördern.

In der vergangenen Dekade erschienen Belastungen und Risiken wenig zielgerichteter Staatsausgaben vernachlässigbar, da die Niedrigzinspolitik führender Zentralbanken die Schuldenaufnahme attraktiv und erschwinglich machte. Die aktuell höhere Inflation trägt zwar dazu bei, die Folgen steigender Schulden zu verschleiern, weil sie dabei hilft, den Schulden zu entwachsen. Mittelfristig verteuern steigende Zinsen die Schuldenaufnahme allerdings signifikant und offenbaren die Gefahren fiskalpolitischer Programme: Einerseits erhöhen steigende Schulden die Mehrbelastung zukünftiger Generationen, andererseits steigen die Finanzrisiken für Gläubiger. Hinzu kommt, dass erhöhte Schuldenaufnahmen inflationstreibende Effekte nach sich ziehen und somit die Maßnahmen der Zentralbanken konterkarieren.

Wer seinen Wohlstand sichern möchte, sollte sich keinesfalls nur auf Leistungsversprechen des Staates verlassen, insbesondere nicht auf die gesetzliche Rente. Stattdessen sollte man sein Kapital möglichst global allokieren. Länder wie die Vereinigten Staaten, China oder auch Indien bieten Unternehmen ein dynamischeres Wirtschaftsumfeld und damit bessere Renditechancen als Deutschland, das aufgrund starker Bürokratie und Regulierungen limitiert bleiben wird. Sollten jedoch Reformen ergriffen und Staatsausgaben wieder für produktive Zwecke eingesetzt werden, dürfte Deutschland auch bei den Anlegern wieder in den Fokus rücken.