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Bitcoin droht nach ETF-Euphorie neuer Druck

Digital-Assets-Enthusiasten rechnen mit einem baldigen US-Start von ETFs, die direkt in den Kryptomarkt investieren. Das ruft eine neue Rekordrally im Segment hervor. Doch Analysten raten Anlegern zur Vorsicht.

Bitcoin droht nach ETF-Euphorie neuer Druck

Bitcoin droht neuer Druck

Hoffnung auf neue Krypto-ETFs löst Kursspekulation aus – Analysten mahnen zur Vorsicht

Von Alex Wehnert, New York

Die Hoffnung auf einen Start spotbasierter Bitcoin-ETFs in den USA ruft hochfliegende Kursspekulationen am Kryptomarkt hervor. Die führende Digitalwährung hat ihren Wert zwischen Mitte Oktober und Montagabend um über 56% verdoppelt. Ende der vergangenen Woche erreichte Bitcoin mit nahezu 44.000 Dollar den höchsten Stand seit März 2022, bevor die Cyberdevise wieder in Richtung 40.000 Dollar zurücksetzte – Analysten verwiesen auf Gewinnmitnahmen. Die Stimmung im Markt bleibt indes bullish: Der Assetmanager Coinshares beispielsweise wagt sich mit Berechnungen zu einer möglichen Rekordrally auf bis zu 141.000 Dollar vor.

Denn der Optimismus, dass die US-Börsenaufsicht SEC neue, direkt in Bitcoin investierende Indexfonds zulassen wird, ist massiv gewachsen. Im August hob ein US-Gericht einen ablehnenden Bescheid der Behörde gegen die Investmentgesellschaft Grayscale auf, die ihren Bitcoin Trust in einen Spot-ETF umwandeln will. Nun liegen der SEC Anträge großer Vermögensverwalter wie Blackrock und Invesco auf solche Indexfonds vor. Sollten die Vehikel grünes Licht erhalten, erhoffen sich Krypto-Enthusiasten großvolumige institutionelle Mittelzuflüsse.

Rekordzuflüsse in Aussicht

Invesco-Produktstratege Christopher Mellor betonte im Gespräch mit der Börsen-Zeitung zuletzt, dass institutionelle Investoren im Umgang mit ETFs vertraut seien. Die Indexfonds erfüllten hohe Ansprüche an die Sicherheit und die Verwahrung der Basis-Assets. Coinshares geht davon aus, dass der Start von Spot-ETFs Mittelzuflüsse von 14,4 Mrd. Dollar binnen eines Jahres freisetzen könnte – diese würden damit rund doppelt so hoch ausfallen wie 2021, als Bitcoin auf das bisherige Rekordhoch nahe bei 69.000 Dollar schnellte. Auf Basis bisheriger Korrelationen zwischen Assetströmen und Marktbewegungen kommt Coinshares auf das Kurspotenzial von 141.000 Dollar.

Wenngleich der Assetmanager zugleich einräumt, dass sich aus der Vergangenheit keine sicheren Aussagen über die Zukunft ableiten lassen, treibt die Hoffnung auf großvolumige institutionelle Engagements die Nachfrage nach bereits verfügbaren Krypto-Indexprodukten auch in Europa kräftig an. Auch Vermögensverwalter wie die DWS denken nun wieder laut darüber nach, „inwiefern Kryptowährungen eine interessante Portfolioergänzung sein könnten“.

Auch andere Cyberdevisen profitierten zuletzt von der aufgehellten Stimmung, doch Bitcoin weitet seine Dominanz im Segment infolge der ETF-Spekulationen noch aus. Inzwischen kommt die führende Digitalwährung auf einen Anteil von nahezu 53% an der Kapitalisierung des gesamten Kryptomarkts – vor einem Jahr waren es noch weniger als 40%.

Analysten mahnen zur Vorsicht

Die DZ Bank mahnt Anleger allerdings, die „ETF-Thematik mit Vorsicht zu genießen“. Trotz einiger positiver Anzeichen fehle nach wie vor das grüne Licht der SEC für neue Produkte, weitere Ablehnungen von Anträgen seien nicht ausgeschlossen. Zudem sei in den USA weiterhin kein einheitliches Krypto-Regelwerk vorhanden. „Ohne eine solche verlässliche Regulierung dürften sich viele institutionelle Anleger schwertun, nennenswert in den Markt einzusteigen“, kommentieren die Analysten die Entwicklung.

Selbst wenn die SEC gezwungen sein sollte, Anträge auf Krypto-Spot-ETFs durchzuwinken, bedeutet dies nach Ansicht der DZ Bank noch nicht, dass die US-Börsenaufsicht ihren harten Kurs gegen die Digital-Assets-Branche aufgeben wird. Die Behörde stuft so gut wie alle Cyberdevisen außer Bitcoin und Ether als nicht registrierte Wertpapiere ein und hat in den vergangenen Monaten große Handelsplattformen wie Coinbase und Kraken wegen mutmaßlicher Verstöße gegen den Investorenschutz verklagt.

Rechtsstreit dauert an

Andere Regulatoren wie das US-Justizministerium, das Finanzministerium und der Derivate-Regulator CFTC haben im November einen 4,3 Mrd. Dollar schweren Vergleich mit der Kryptobörse Binance beigelegt, um strafrechtliche Ermittlungen und zivilrechtliche Klagen wegen mutmaßlicher Geldwäsche, Sanktionsverstößen und des Betriebs einer illegalen Börse beizulegen. Die SEC war darin nicht involviert, führt aber ihren eigenen Rechtsstreit gegen Binance. Kommentatoren wie der ehemalige SEC-Beamte John Reed Stark sehen die Zukunft von Binance in den USA dadurch massiv gefährdet.

Bricht der weltweit führende Krypto-Dienstleister in der Folge zusammen, würde dies laut Analysten einen harten Schlag für den Markt bedeuten. Zudem gehen viele Marktteilnehmer trotz rückläufiger Inflationsdaten in den USA und Europa davon aus, dass die Notenbanken ihre Leitzinsen noch für längere Zeit auf hohen Niveaus belassen werden. Wie Invesco-Manager Mellor betont, bedeutet dies Gegenwind für alle Risiko-Assets. Der Kryptomarkt als vergleichsweise kleines und illiquides Segment könnte nach Ansicht der DZ Bank aber besonders darunter leiden, dass infolge der restriktiven Geldpolitik noch attraktivere Alternativrenditen an den Geld- und Rentenmärkten verfügbar werden dürften.

Digital-Assets-Enthusiasten rechnen mit einem baldigen US-Start von ETFs, die direkt in den Kryptomarkt investieren. Dies ruft nun wilde Spekulationen auf großvolumige institutionelle Mittelzuflüsse und eine neue Rekordrally im Segment hervor. Doch Analysten raten Anlegern nun zur Vorsicht.