Regulierung

MREL-Fehlbetrag von Europas Banken sinkt

Mit Einführung der Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten (Bank Recovery and Resolution Directive, BRRD) im Jahr 2015 hat der europäische Gesetzgeber unter anderem Mindestanforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige...

MREL-Fehlbetrag von Europas Banken sinkt

Von Alex Constanze Steinmann*)

Mit Einführung der Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten (Bank Recovery and Resolution Directive, BRRD) im Jahr 2015 hat der europäische Gesetzgeber unter anderem Mindestanforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten (Minimum Requirement for Own Funds and Eligible Liabilities, MREL) für die Banken der EU eingeführt. Sie sollen sicherstellen, dass die Institute ein bestimmtes Volumen bail-in-fähiger Eigenmittel und Verbindlichkeiten vorhalten, so dass ihre Abwicklung im Fall einer Schieflage auch ohne Rückgriff auf öffentliche Mittel möglich ist. Die Höhe des zu haltenden MREL ist institutsspezifisch und wird individuell von der Abwicklungsbehörde festgesetzt. Dabei werden unter anderem das Geschäftsmodell oder auch das Risikoprofil der Bank berücksichtigt. Für die wichtigsten ­­Ban­ken des Euroraums ist der Single Resolu­tion Board (SRB) die zuständige ­Behörde.

Mehrere Anpassungen

Nach mehreren inhaltlichen An­passungen müssen die Banken der EU nun bis Anfang 2024 ihre finalen MREL-Anforderungen erfüllen. Dafür erhält jedes Institut eine verpflichtende individuelle MREL-Vorgabe, die seine Eigenmittel und anrechenbaren Verbindlichkeiten (das MREL-Volumen) ins Verhältnis zu entweder seinen Risikoaktiva oder seinen Gesamtverbindlichkeiten setzt.

Jedes Quartal veröffentlicht das SRB nun ein aktualisiertes „MREL Dashboard“, in dem die Behörde die aktuellen MREL-Anforderungen, das anrechenbare MREL-Volumen sowie den daraus resultierenden MREL-Fehlbetrag auf Ebene der gesamten Bankenunion sowie auf Ebene der einzelnen Länder aufzeigt.

Lücke schließt sich

Im gerade erschienenen Dashboard mit Angaben zum Jahresende 2020 stellt das SRB bei einer durchschnittlichen MREL-Vorgabe von 26% der risikogewichteten Aktiva einen MREL-Fehlbetrag von insgesamt 39,6 Mrd. Euro für die 75 untersuchten Banken aus 21 Ländern fest. Das entspricht knapp 0,6% der durchschnittlichen Risikoaktiva. Damit ist der MREL-Fehlbetrag in den vergangenen Monaten merklich gesunken. Ende 2019 gab es noch eine Lücke von fast 80 Mrd. Euro.

Nach Ländern unterteilt, besteht der größte MREL-Bedarf mit 14,6 Mrd. Euro noch bei griechischen Banken, gefolgt von knapp 7,4 Mrd. Euro bei spanischen und 5,9 Mrd. Euro bei portugiesischen Banken. Ausgedrückt in Relation zu den risikogewichteten Aktiva, bleibt der MREL-Fehlbetrag in Griechenland mit 8,85% am größten, dann jedoch folgen Kroatien (7,2%), Zypern (6,82%) und Portugal (5,19%). Doch auch bei Banken aus Österreich und Italien besteht – absolut und auch in Relation zu den Risikoaktiva – noch ein gewisser Bedarf. Nur deutsche Banken haben einen MREL-Fehlbedarf von null.

Institute emittieren

Dass der MREL-Fehlbetrag in den vergangenen Monaten kontinuierlich und mittlerweile auch deutlich zurückgegangen ist, liegt vor allem an der anhaltenden Emissionstätigkeit der Institute. Im Gesamtjahr 2020 haben die untersuchten Banken mit über 275 Mrd. Euro zwar 10% weniger Eigenmittel und MREL-fähige Verbindlichkeiten als im Vorjahr emittiert, insgesamt hat sich das anrechenbare Volumen aber weiter erhöht. Dabei war die Emissionstätigkeit im ersten Halbjahr 2020 – trotz des Ausbruchs der Corona-Pandemie in Europa – größer als im zweiten.

Günstige Liquidität

In der zweiten Jahreshälfte schreibt das SRB, hätten die Banken verstärkt die aufgrund der Krise zusätzlich angebotene sehr günstige Zentralbankliquidität in An­spruch genommen. Das SRB hat aber auch beobachtet, dass insbesondere kleinere Banken die vergleichsweise ruhige Zeit und die Abwesenheit größerer Wettbewerber im dritten und vierten Quartal 2020 für Emissionen genutzt haben und folglich am Primärmarkt erheblich aktiver als in früheren Quartalen waren.

Es ist begrüßenswert, dass das SRB nun alle drei Monate über die Entwicklung der wichtigsten MREL-Kennzahlen berichtet und damit offenlegt, welche Bankenmärkte bei der Erfüllung der bald geltenden finalen MREL-Vorgaben noch etwas hinterherhinken und wo der Emissionsbedarf demnach noch etwas größer ist. Und auch die von den Banken erzielten Fortschritte werden so aufgezeigt.

Nationaler Sonderweg

Große Überraschungen gibt es dabei im aktuellen Dashboard nicht. Dass die Banken aus Deutschland die einzigen ohne MREL-Fehlbedarf sind, zeigt nur ein weiteres Mal, dass der hiesige Bankensektor noch immer deutlich vom einstigen nationalen Sonderweg profitiert, in dessen Folge der gesamte Altbestand an unstrukturierten Senioranleihen als „nachrangig vorrangig“ klassifiziert und damit MREL-fähig wurde. Die Banken aus anderen Ländern dagegen mussten und müssen diesen Bestand erst aufbauen, haben hier aber in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte erzielt. Der Bedarf französischer und belgischer Banken beispielsweise ist deutlich gesunken, aber auch in Spanien und Italien, wo den aktuellen Zahlen zufolge noch immer ein gewisser Nachholbedarf besteht, haben die Banken schon viel erreicht. Einzig in Griechenland, Zypern und Portugal erscheint der MREL-Fehlbetrag noch relativ hoch. Hier waren die missionsbedingungen in den vergangenen Jahren aber auch vergleichsweise ungünstiger als in anderen Ländern.

*) Alex Constanze Steinmann ist Senior-Bankanalystin bei der DZBank.