Markus Stix

Österreich will ans kurze grüne Ende

Österreich debütiert mit einem Green Bond auf der Ebene des Zentralstaates. Neu für einen Emittenten im grünen Bondbereich ist, dass auch das kurze Laufzeitensegment angesteuert werden soll.

Österreich will ans kurze grüne Ende

Kai Johannsen.

Herr Stix, in Österreich steht auf Zentralstaatsebene nun das Green-Bond-Debüt an. Was ist das Besondere an Green Bonds aus Österreich? Gibt es Aspekte, durch die Sie sich mit Ihren Bonds ab­heben?

Ja, durchaus. Das bezieht sich etwa auf die Laufzeiten. Unser Rahmenwerk sieht vor, dass auch kurzfristige Finanzierungen, also etwa Bills oder Commercial Paper mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr möglich sind. In der gängigen Praxis anderer Emittenten ist es bisher eher so, dass diese nur Bonds begeben und diese in längeren Laufzeiten angesiedelt sind, zum Beispiel ab 15 Jahre aufwärts. Die kürzeren Laufzeiten helfen Österreich unter anderem, die Liquiditätssteuerung zu unterstützen. Zudem geben wir unter anderem Zentralbanken, Bank Treasuries und Geldmarktfonds die Möglichkeit, in staatliche Geldmarktinstrumente zu investieren, die grün ausgerichtet sind. Denn auch diese Adressen gehen immer mehr in Richtung von Green und Nachhaltigkeit beziehungsweise ESG.

Was sind wesentliche Merkmale Ihres Green-Bond-Rahmenwerks?

Wir fahren in unserem Rahmenwerk einen sehr konservativen Ansatz. Im öffentlichen Verkehrsbereich etwa wurden die fossilen Brennstoffe komplett herausgenommen, auch der Transport derselben. Das ist der strengste Ansatz, den bisher noch kein anderer Staat gewählt hat. Wir sind auch sehr strikt, was den Rückrechnungszeitraum unserer grünen Budgetausgaben betrifft. Hier nehmen wir immer nur das vergangene und das aktuelle Budgetjahr. Für 2021 haben wir 5,1 Mrd. Euro und für jetzt 5,4 Mrd. Euro an grünen Finanzierungsprojekten im österreichischen Bundesbudget. Der Anteil der grünen Ausgaben liegt dabei bei sehr hohen 3,4%. Das sind immerhin 1,3% des Bruttoinlandsproduktes unseres Landes, der höchste Wert aller Sovereign-Green-Bond-Emittenten bisher weltweit. Es ist also ein sehr strenges Framework, und trotzdem stehen relativ hohe Volumina für Finanzierungen und damit für grüne Emissionen zur Verfügung.

Welche Laufzeit kristallisiert sich für Ihren ersten Green Bond heraus?

Das ist derzeit noch schwer abzuschätzen, denn wir haben erst in dieser Woche den Beginn der Roadshow mit den Investoren. Wir planen, etwa 20% der Mittel über kurzlaufende Instrumente am Geldmarkt, also mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr aufzunehmen. Rund 80% sollen dann über mittel- bis langfristige Anleihen aufgenommen werden. Der große Schwerpunkt sollte in dem Laufzeitenspektrum von acht bis 30 Jahren liegen. Wir werden das nach den Roadshow-Terminen dann mit den Syndikatsbanken im Detail evaluieren.

Welche Strategie beim Aufbau einer grünen Zinskurve verfolgen Sie?

Wir werden ein Volumen von 5 Mrd. Euro oder etwas mehr pro Jahr zur Verfügung haben und können darüber dann verschiedene Punkte auf der Zinskurve abbilden. Wir werden dabei auch den ganz kurzfristigen Laufzeitenbereich mit ansteuern. Dann steuern wir auch das mittlere Fälligkeitensegment an, und in den nächsten Jahren auch noch andere Punkte. Wir wollen über das Ansteuern der einzelnen Punkte dann sukzessive in den nächsten Jahren eine grüne Kurve aufbauen.

Können sich Anleger auch auf einen 100-jährigen Green Bond aus Österreich einstellen?

Für die demnächst geplante Debüt-Emission können wir das ausschließen. Denn dieses Laufzeitensegment verfügt nicht über die Markttiefe beziehungsweise Liquidität, die wir benötigen, damit sich weite Anlegerkreise, das heißt eine größere Anzahl an Investoren, an der grünen Debüt-Emission beteiligen können.

Und später? Da wäre es doch eine Überlegung wert, da es doch gerade im grünen Bereich Projekte gibt, die durchaus mehrere Generationen betreffen.

Da will ich es nicht ausschließen – ganz klar. Denn es gibt grüne Projekte, die nun mal eine sehr lange Laufzeit haben. Nehmen wir doch als Beispiel nur mal ein Tunnelbauprojekt, das beispielsweise eine Laufzeit von 70 Jahren hat. Da ist es schon sinnvoll, eine grüne Anleihe mit einer entsprechenden Laufzeit zu haben, die man dann auf der Finanzierungsseite dagegenstellen kann.

Ihre Roadshow steht nun an: Welche Investorentypen werden Sie besuchen, und in welchen Ländern werden Sie auf Roadshow sein?

Wir werden selbstverständlich in Wien sein, und darüber hinaus werden wir in London, Paris, aber auch in den Niederlanden unterwegs sein. Bei den Investorentypen beginnt es bei den klassischen Anlegern wie Bank Treasuries oder Zentralbanken und geht über Pensionskassen, Versicherer bis hin zu Assetmanagern. Aber auch in den nordischen Ländern und der Schweiz, die bei ESG zu den Vorreitern gehören, werden wir mit potenziellen Anlegern virtuelle Termine durchführen. Wir wollen einem breiten Kreis an Anlegern die Möglichkeit geben, an der Erstemission zu partizipieren. Und am heutigen Donnerstag wird der Global Investor Call stattfinden mit einer Präsentation und Informationen rund um das Rahmenwerk und die Debüt-Emission. Hier werden auch unser Finanzminister und die Ministerin für Klimaschutz teilnehmen. Der Global Investor Call ist vor allem für Anleger gedacht, die nicht in einem der One-on-One-Termine die Möglichkeit haben, ihre Fragen zu stellen.

Wie ist die Investorenresonanz bislang?

Die Resonanz ist derzeit schon sehr positiv, denn Österreich ist bei Investoren bekannt als ein nachhaltiges Land. Wenn man sich die Nachhaltigkeits-Rankings von Österreich an­sieht, dann liegen die Bewertungen alle in den Top-5-Prozent weltweit. Der Erwartungsdruck der Investoren ist demzufolge schon sehr hoch. Wir sehen hier mit dem Rahmenwerk und auch der Second Party Opinion, dass wir diesem Erwartungsdruck durchaus standgehalten haben. Wir haben ein starkes Rahmenwerk geschaffen, die Second Party Opinion eines durchaus strengen Anbieters ist sehr gut ausgefallen, und wir wollen eine gute Emission im nächsten Schritt nachlegen. Wir wollen dem Markt auch die Liquidität bei dieser Emission geben, die notwendig ist, und das in diesem derzeit volatilitätsbedingt schwierigen Marktumfeld. Aspekte wie Rendite, Laufzeitenpunkte/Duration werden wir nun in den Investorengesprächen herausarbeiten. Wir wollen ja nicht am Markt vorbeiemittieren und etwa einen Punkt ansteuern, der nicht auf ausreichend Nachfrage trifft.

Mit welchem Greenium – also ­grüne Prämie/Renditeabschlag – rechnen Sie bei Ihrer Debüt-Emission?

Es ist schwierig, nun eine bestimmtes Greenium in Form von Basispunkten in Aussicht zu stellen, noch bevor wir mit den Investorengesprächen be­gonnen haben. Aber 2 bis 3 Basispunkte wären für uns ein schönes Ergebnis – gerade in diesem volatilen Marktumfeld. Wir wollen jetzt aber nicht die gesamte Debüt-Emission an diesem Greenium festmachen. Es liegen neun Monate intensive Arbeit hinter uns. Die Investoren bekommen ein Best-in-Class-Framework, ein umfangreiches Reporting und externe Verifizierungen. Sie wollen ja auch im Detail wissen, was mit ihrem Geld passiert. Das ist ein sehr hoher Aufwand für uns, und den wollen wir natürlich gern „vergütet“ bekommen, in Form einer etwas geringeren Rendite im Vergleich zu nichtgrünen Anleihen. Aber das Greenium ist natürlich auch immer vom Laufzeitenpunkt abhängig und reflektiert das im Vergleich zur hohen Nachfrage beschränkte Angebot an Green Bonds.

Welches Emissionsvolumen pro Jahr bei den Green Bonds streben Sie an, und wie viele Emissionen werden das pro Jahr? Streben Sie ein Mindestvolumen je Emission an?

Für dieses Jahr ist ein Emissionsvolumen von rund 5 Mrd. Euro, für 2023 etwas mehr geplant. Das wollen wir natürlich möglichst voll ausschöpfen; es wäre schade, wenn wir das nicht machen würden. Dieses Volumen an grünen Finanzierungen entspricht ca. 7 bis 8% unseres jährlichen Bruttofinanzierungsvolumens. Ob es nur eine Tranche wird oder eine Dual-Tranche, die ja von Österreich auch bekannt sind, das können wir jetzt noch nicht sagen. Könnte aber auch schon beim Debüt der Fall sein. Wenn wir ca. 20% kurzfristig machen, also 1 Mrd. Euro, dann ­bleiben 4 Mrd. Euro übrig. Da könnten wir eine 2,5-Mrd.-Euro-Trans­aktion und noch eine 1,5-Mrd.-Euro-Tranche mit zwei verschiedenen Laufzeiten durchaus vornehmen. Oder eine Einzel-Transaktion über 4 Mrd. Euro. Das sind alles Varianten, die möglich sind und auch diskutiert werden und je nach Marktsituation dann auch durchgeführt werden könnten. Später ist es zudem ge­plant, diese Anleihen aufzustocken. Das Rahmenwerk lässt uns hier alle Optionen offen.

Planen Sie auch Nachhaltigkeitsanleihen seitens des Zentralstaates?

Wir haben uns erstmal auf den Green Bond konzentriert. Der Green-Bond-Markt ist schon stark gewachsen, aber er ist im Vergleich zu den herkömmlichen, nichtgrünen Anleihen immer noch ein relativ kleiner Markt. Wir wollen diesem Markt nun zusätzliche Unterstützung geben. Zudem wollen wir nicht zu viele unterschiedliche Programme auflegen. Das könnte dann andere Linien beziehungsweise Instrumente bei uns kannibalisieren.

Das Interview führte

BZ+
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