Metallmärkte

Signifikantes Angebotsdefizit erwartet

Rohstoffe gehören seit dem Tief im ersten Halbjahr vergangenen Jahres zu den Anlageklassen mit dem größten Wertzuwachs. Von Energieträgern über Industriemetalle bis hin zu Agrarrohstoffen stiegen die Preise teils deutlich an.

Signifikantes Angebotsdefizit erwartet

Rohstoffe gehören seit dem Tief im ersten Halbjahr vergangenen Jahres zu den Anlageklassen mit dem größten Wertzuwachs. Von Energieträgern über Industriemetalle bis hin zu Agrarrohstoffen stiegen die Preise teils deutlich an.

Von mancher Seite wird bereits der Start eines neuen „Commodity Supercycle“ vorhergesagt. Ein solcher Superzyklus bezeichnet eine lang andauernde Periode stetig steigender Preise, ausgelöst durch einen Nachfrageüberhang oder ein massives Angebotsdefizit. Der letzte Zyklus konnte in den 2000er Jahren beobachtet werden, als im Zuge der Urbanisierung Chinas und anderer Schwellenländer große Mengen an Öl, Kohle und Industriemetallen benötigt wurden, um Investitionen in Infrastruktur und den Konsumbedarf der wachsenden Mittelschicht zu decken. Rohstoffproduzenten konnten den schnellen Anstieg der Nachfrage nicht kompensieren, die Rohstoffpreise zogen stark an.

Klimaschutz als Treiber

Es gibt gute Gründe, warum heute ähnliche Kräfte wie damals wirken könnten. Bestimmendes Thema ist dieses Mal nicht etwa die Industrialisierung oder Urbanisierung, sondern der Klimaschutz. Die Corona-Pandemie hat das Bewusstsein von Politik und Gesellschaft für die Notwendigkeit einer nachhaltigeren Wirtschaft weiter geschärft. So beschlossen die EU-Länder deutlich strengere Ziele für die Verringerung des Treibhausgasausstoßes, die USA kehrten unter Joe Biden zum Pariser Klimaabkommen zurück, während China bis 2060 klimaneutral werden möchte. Erreicht werden sollen diese Ziele in erster Linie durch den Ausbau regenerativer Energiequellen und die Förderung der Elektromobilität. Auch an den Finanzmärkten ist ein deutlicher Trend hin zu nachhaltigen Investments zu beobachten. So wuchs das global verwaltete ESG-Vermögen in den vergangenen fünf Jahren mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 15% pro Jahr.

Die Transformation hin zu einer grüneren Wirtschaft verschiebt die Gewichte am Rohstoffmarkt. Insbesondere Industriemetallen und Seltenen Erden kommt bei der Energiewende eine entscheidende Rolle zu. So werden große Mengen an Kupfer bei der Elektromobilität, der Windenergie und beim Ausbau des Stromnetzes eingesetzt, Aluminium wird für die meisten regenerativen Energiequellen als Konstruktionswerkstoff benötigt, während Lithium, Grafit und Kobalt die Kernkomponenten für die aktuelle Batterietechnik darstellen. Die erwartete Nachfrage ist enorm: Die Weltbank schätzt, dass sich der Mineralieneinsatz allein für den Ausbau regenerativer Energiequellen, der für die Einhaltung des 2-Grad-Ziels erforderlich wäre, bis 2050 auf 160 Mill. Tonnen mehr als verdreifachen könnte. Investitionen in die zusätzlich benötigte Infrastruktur wie das Stromnetz sind dabei noch gar nicht berücksichtig. Der Bedarf an Lithium, Grafit und Kobalt für die Batterieproduktion könnte sogar um 500% anwachsen, wobei ein Großteil des Anstiegs auf die Ausweitung der Elektromobilität zurückzuführen ist.

Unelastisches Angebot

Der gewaltigen Nachfrage steht ein deutlich beschränktes Angebot gegenüber. Während die meisten Metalle in ausreichender Menge in den Erdschichten verfügbar sein dürften, stellt die Gewinnung dieser Rohstoffe das Haupthindernis dar. Erstens ist es sehr kosten- und zeitaufwendig, neue Minen zu eröffnen. Es müssen neue Lagerstätten und Ressourcenvorkommen exploriert, Umweltstandards umgesetzt und die benötigte Infrastruktur geschaffen werden. Bis zur tatsächlichen Förderung können so schnell 10 bis 20 Jahre vergehen. Zudem wird die Förderung der Rohstoffe immer aufwendiger, da leichter zu erschließende Vorkommen bereits zum großen Teil abgebaut werden. Zweitens ist die öffentliche Akzeptanz neuer Minenprojekte gering. Gerade Europa hat einen Großteil der Förderung von Metallen ins Ausland ausgelagert und sich fast komplett von Metallimporten abhängig gemacht. So steigen geopolitische Abhängigkeiten – insbesondere von China, das nicht nur der größte Produzent Seltener Erden ist, sondern sich auch durch gezielte Auslandsinvestitionen Zugang zu rohstoffreichen Schwellenländern verschafft hat. Drittens haben Minengesellschaften aufgrund geringer Rohstoffpreise und hoher Refinanzierungskosten in den vergangenen Jahren deutlich weniger Geld in die Erschließung neuer Förderstätten gesteckt. Nicht zuletzt hat der ESG-Trend dazu geführt, dass Investoren weniger Kapital in den Bergbausektor allokierten – Kapital das jetzt fehlt, um dringend benötigte Investitionen in die Erschließung von Förderstätten zu realisieren.

Momentan sieht es so aus, als würden wir ohne weiteren technologischen Fortschritt auf ein signifikantes Angebotsdefizit an Industriemetallen und Seltenen Erden zusteuern. Unter diesen Voraussetzungen ist ein „Supercycle“ durchaus vorstellbar, dessen Haupttreiber die Energiewende ist. Für den Anleger kann es sich daher lohnen, einen Teil des Portfolios in Rohstoffe und Rohstoffaktien – insbesondere im Bereich der Metalle – zu investieren. Sollte der Superzyklus eintreten, können Anleger für viele Jahre von steigenden Preisen profitieren. Gleichzeitig weist der Bergbausektor im Vergleich zum breiten Markt relativ günstige Bewertungen auf und wird bei der fortschreitenden ESG-Transformation als Lieferant wichtiger Rohstoffe eine entscheidende Rolle spielen. Angesichts der historischen Volatilität des Themas gilt es jedoch Vorsicht bei der Gewichtung walten zu lassen beziehungsweise dieses in ein breit diversifiziertes und dynamisch allokierendes Portfolio einzubetten.

Zuletzt erschienen:

Die Bullen sind los! (168), M.M.Warburg & Co.

Industriemetalle stehen am Anfang eines neuen Superzyklus (167), Berenberg Bank

Infrastruktur im Covid-Stresstest (166), Allianz Capital Partners