Nachhaltigkeit

Baustoff­konzerne tragen grüne Farben auf

Große Baustoffhersteller stecken viel Geld in Akquisitionen, um ihr CO2-intensives Ursprungsgeschäft um nachhaltigere Bereiche zu ergänzen. Jetzt übernimmt Holcim den Estrichspezialisten Chrono Chape aus Frankreich.

Baustoff­konzerne tragen grüne Farben auf

hek Frankfurt

– Der Schweizer Bauzulieferer Holcim übernimmt Chrono Chape aus Frankreich, einen Anbieter selbstnivellierender Estrichmörtel. Wie Holcim mitteilt, betreibt das im Jahr 2005 gegründete Unternehmen aus der Nähe von Dijon eine Flotte von Fahrzeugen, die Estriche direkt auf der Baustelle des Kunden mischen und auftragen. Die Materialmengen würden genau bemessen, so dass Chrono Chape Null-Abfall-Service biete. Die Kombination aus Innovation und Effizienz habe Chrono Chape in den vergangenen Jahren zu zweistelligem Wachstum verholfen. Holcim nennt keine finanziellen Details der Transaktion.

Mit der Akquisition will Holcim ihr sogenanntes „grünes Wachstum“ stärken. Der Deal steht in einer längeren Reihe großer und kleiner Übernahmen, die dem Ziel dienen, das Gewicht der extrem CO2-intensiven Zementherstellung zu verringern. Denn Investoren stehen Unternehmen, die große Mengen des klimaschädlichen Gases ausstoßen, zunehmend skeptisch gegenüber.

Vor diesem Hintergrund baut Holcim das neue Segment Lösungen & Produkte auf, das Baumaterialien umfasst, die die Nachhaltigkeitsbilanz vom Gebäuden verbessern. Die Sparte entstand mit dem Kauf des US-Dachspezialisten Firestone Building Products für 3,4 Mrd. Dollar und wurde seither mehrfach erweitert. Bis 2025 soll sie 30% zum Konzernumsatz beisteuern. Binnen zwölf Monaten seien 5 Mrd. sfr in Solutions & Products investiert worden, sagte CEO Jan Jenisch im Mai 2022. Parallel fährt Holcim das Zementgeschäft zurück, zuletzt mit dem Verkauf des Indiengeschäfts an die Adani Group für 6,4 Mrd. sfr.

Im September/Oktober brachte Holcim den Erwerb der auf Fassaden- und Wärmedämmsysteme spezialisierten Cantillana aus Belgien, von Polymers Sealants North America, die Beschichtungs-, Kleb- und Dichtstoffe herstellt, und von Izolbet aus Polen, einem Anbieter von Speziallösungen für den Bau, zum Abschluss und kaufte außerdem den britischen Baustoffrecycler Wiltshire Heavy Building Materials.

Der deutsche Konkurrent Heidelberg Materials setzt beim Thema CO2 neben geringeren Emissionen in der Produktion vor allem auf die Abscheidung und Einlagerung bzw. Weiterverwertung von Kohlendioxid. Im Dezember machten die Heidelberger mit der Übernahme des Recycling- und Baustoffunternehmens Mick George Group auf sich aufmerksam. Die Akquisition sei ein weiterer Schritt Richtung Kreislaufwirtschaft, so der Dax-Konzern. Mick George sei Marktführer im Recycling von Bau- und Abbruchabfällen im Osten Großbritanniens. Der Jahresumsatz wurde mit 220 Mill. Pfund angegeben. Zuvor hatte Heidelberg Materials die Berliner RWG Holding, die im Bereich Abbruch und Baustoffrecycling tätig ist und auf 50 Mill. Euro Jahresumsatz kommt, und die US-Firma JEV Recycling erworben.

Auch der österreichische Bauzulieferer Wienerberger richtet sich auf nachhaltigeres Wachstum aus. Der Konzern, einst ein auf die Produktion fokussierter, volumengetriebener Ziegelhersteller, sieht sich heute als innovativer Anbieter von Systemlösungen. Kurz vor Weihnachten kündigte das Management den Kauf großer Teile des Geschäfts der französischen Terreal, die Dachsysteme und Solarlösungen anbietet, zum Unternehmenswert von 600 Mill. Euro an.

Mit der Akquisition will Wienerberger stärker von der aus Klimagründen notwendigen Sanierung des Gebäudebestands profitieren. CEO Heimo Scheuch sieht hier „enormes Wachstumspotenzial“. Im Umsatzprofil der erweiterten Wienerberger steigt der Renovierungsanteil mit Terreal um fünf Prozentpunkte auf 34 %. Auf neue Wohngebäude entfallen dann noch 46 % (bisher 49 %), auf Infrastruktur 20 (22) %.

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