Kurznachrichtendienst

Elon Musk sägt Twitter-Führung ab

Elon Musk beginnt nach seiner Twitter-Übernahme mit einer personellen Umwälzung. Mit dem Abgang von CEO Parag Agrawal endet ein mit großen Hoffnungen begonnenes Kapitel bei dem Kurznachrichtendienst.

Elon Musk sägt Twitter-Führung ab

Von Karolin Rothbart und

Alex Wehnert, Frankfurt

Der Kampf um die Übernahme von Twitter findet ein hartes Ende. Nachdem Milliardär Elon Musk den 44 Mrd. Dollar schweren Kauf des Social-Media-Konzerns am Freitag offenbar vor Fristablauf abschloss, begann er laut Insidern sofort mit Entlassungen in der obersten Management-Ebene. US-Medienberichten zufolge traf es zunächst CEO Parag Agra­wal, Finanzchef Ned Segal sowie die für den Kampf gegen Hassrede und Falschinformationen zuständige Top-Managerin Vijaya Gadde. Auch Chefjurist Sean Edgett soll zu den Geschassten gehören.

„Der Vogel ist befreit“, twitterte Musk wenige Stunden nach dem kolportierten Kahlschlag in der Twitter-Führungsriege und nahm dabei Bezug auf das Logo des Kurznachrichtendienstes. Musk betonte in der Vergangenheit wiederholt, aus seiner Sicht zu starke Einschränkungen der Meinungsfreiheit auf der Plattform aufheben zu wollen. Angeblich plant der 51-Jährige, der den Elek­troautobauer Tesla und das Raumfahrtunternehmen Space X führt, nun zunächst selbst den Chefposten bei dem Kurznachrichtendienst zu bekleiden und diesen später an einen anderen Kandidaten zu übergeben.

Der reichste Mann der Welt entledigt sich mit den Entlassungen einer Konzernführung, mit der er sich in den vergangenen Monaten einen heftigen Schlagabtausch lieferte. Im April kündigte Musk die Übernahme von Twitter an, machte anschließend aber einen Rückzieher. Dabei berief er sich auf angeblich falsche Angaben über die Zahl der Fake-Profile auf der Plattform. Das Unternehmen reagierte im Juli mit einer Klage, mit der es Musk zum Abschluss der Übernahme zwingen wollte.

Krach bereits im Frühjahr

Nachrichten, die Ende September in Gerichtsunterlagen veröffentlicht wurden, zeigen indes, dass es zwischen Musk und dem nun entlassenen CEO Agrawal bereits Monate vorher nicht mehr rund lief. Zunächst näherten sich die beiden einander zwar recht harmonisch an und fanden in ihrer Leidenschaft für das Programmieren und für Technik eine Gemeinsamkeit. Doch spätestens ab dem 9. April wurde der Ton rauer. Damals beschwerte sich der Tesla-Chef auf Twitter darüber, dass viele der einflussreichsten Nutzer, da­runter der ehemalige US-Präsident Barack Obama und der Popsänger Justin Bieber, kaum etwas posten. „Stirbt Twitter?“, fragte Musk provokant. Agrawal antwortete ihm daraufhin privat: Er könne diese Frage gern auf Twitter stellen. „Aber es ist meine Verantwortung, dir zu sagen, dass mir das nicht dabei hilft, Twitter unter den aktuellen Umständen besser zu machen.“

Musk reagierte scharf. „Was hast du in dieser Woche geschafft?“, schrieb er Agrawal wenige Stunden später. „Ich gehe nicht in den Verwaltungsrat. Das ist Zeitverschwendung. Ich werde ein Angebot machen, um Twitter von der Börse zu nehmen.“

In den anschließenden Versuchen Musks, von dem Deal zurückzutreten, sahen Beobachter Indizien dafür, dass sich der Milliardär, dessen Vermögen sich maßgeblich aus seiner Beteiligung an Tesla speist, mit seinen Übernahmeplänen verspekuliert hatte. In den Folgemonaten baute Musk Beteiligungen an Tesla ab und baute somit Cash-Rücklagen für den Fall auf, dass er vor Gericht zur Übernahme von Twitter gezwungen würde.

Dazu ist es nun nicht gekommen. Angesichts der Nachrichten über den Vollzug des Deals hat die New York Stock Exchange die Twitter-Aktie mit Beginn am Freitag bereits vom Handel ausgesetzt. Mit Musks Übernahme bei Twitter endet indes ein mit hochfliegenden Hoffnungen begonnenes Kapitel bei dem Kurznachrichtendienst.

Der 38-jährige Agrawal, der einst an der Eliteuniversität Stanford promovierte, übernahm erst im November des vergangenen Jahres das Ruder von Firmengründer Jack Dorsey. Investoren feierten ihn als jüngsten CEO im S&P 500, einige Beobachter zogen bereits Parallelen zu Microsoft-Chef Satya Nadella. Nach dem steilen Aufstieg folgt für ihn nun ein harter Fall.

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