Industrie

Maschinenbau hofft auf Jahresendspurt

Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau kommt aus Sicht des Branchenverbands VDMA vergleichsweise unbeschadet durch die derzeitigen Wirtschaftskrisen. Trotz bestehender Lieferkettenprobleme peilt die Lobbyvereinigung in diesem Jahr ein leichtes Produktionswachstum an. Doch viele Probleme bleiben ungelöst.

Maschinenbau hofft auf Jahresendspurt

kro Frankfurt

Der deutsche Maschinenbausektor beweist nach Einschätzung des Branchenverbands VDMA trotz vielfältiger wirtschaftlicher und geopolitischer Herausforderungen derzeit Widerstandsfähigkeit. Auf der Jahrespressekonferenz in Frankfurt bekräftigte Verbandspräsident Karl Haeusgen die bisherige Prognose eines realen Produktionswachstums von 1 % in diesem Jahr und hielt auch am Ausblick auf das kommende Jahr fest. „Wir rechnen für 2023 weiterhin mit einem leichten realen Produktionsrückgang von 2 %“, sagte er. „Das ist weit entfernt von den Rückschlägen früherer Jahre und zeigt die Robustheit unserer Industrie.“

Tatsächlich war die Produktion im Jahr 2020, dem ersten Jahr der Corona-Pandemie, um fast 12 % eingebrochen. Die vielfach durch die Lockdowns entstandenen Störungen in den globalen Lieferketten würden zwar weiterhin zu großen Engpässen führen, hieß es. Allerdings fiel der Anteil jener Firmen, die dadurch gravierende oder merkliche Beeinträchtigungen spüren, in einer jüngsten Umfrage mit 74 % deutlich kleiner aus als in der vorherigen Umfrage, in der noch 87 % davon betroffen waren. So gebe es bereits merkliche Entspannungen mit Blick auf Chemikalien, Kunststoffe und Metallerzeugnisse. Angespannt sei die Lager aber weiter bei Elektronikkomponenten, wenngleich mit rückläufiger Tendenz. Nach Einschätzung der VDMA-Volkswirte könne sich diese Entwicklung positiv auf die Produktion der Schlussmonate des laufenden Jahres auswirken. Anders wäre die Prognose auch nicht zu erreichen, verzeichnete die Branche doch von Januar bis Oktober ein reales Produktionsminus von 0,4 % im Vorjahresvergleich. Der Auftragseingang ging in dem Zeitraum um 1 % zurück. Im vergangenen Jahr hatte die Branche hier noch kräftig von Nachholeffekten und milliardenschweren Konjunkturprogrammen aus der Corona-Pandemie profitiert und im gesamten Jahr ein Plus von 32 % verzeichnet.

Frauenanteil bleibt gering

Den Umsatz will die Branche im kommenden Jahr um gut 2 % steigern (siehe Grafik) − und damit voraussichtlich in deutlich geringerem Tempo als dieses Jahr. Noch immer bereiten die fehlenden Fachkräfte den Unternehmen große Schwierigkeiten. 14 000 Stellen sind derzeit in der Branche unbesetzt. In der jüngsten Mitgliederumfrage waren es zum dritten Mal in Folge 97 % der Firmen, die angaben, Personalengpässe zu spüren. Mehr als die Hälfte will den Personalstand 2023 zwar ausbauen. Die meisten erwarten allerdings, dass die Probleme auch in den kommenden Monaten bestehen bleiben werden.

Man müsse sich hier fragen, wie das inländische Arbeitskräftepotenzial gehoben werden kann und wie die Zuwanderung besser organisiert werden kann, sagte Haeusgen. „Wenn ich mit dem inländischen Potenzial anfange, dann sind wir zum Beispiel bei der Frage, wie wir den Beschäftigungsgrad von Frauen erhöhen können.“ Dieser sei in Deutschland im europäischen Vergleich nach wie vor sehr niedrig. So lag der Frauenanteil der Beschäftigten im Maschinenbau hierzulande zuletzt bei 17 %. In der für die Branche wichtigen Berufsgruppe der Ingenieure belief sich der Anteil weiblicher Arbeitskräfte laut einer Umfrage zuletzt nur auf gut 11 %.

Mit Blick auf das Thema Zuwanderung gebe es laut Haeusgen ebenfalls Verbesserungsbedarf. „Allerdings ist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das jetzt gerade vorbereitet wird, auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung. Das Bisherige hat praktisch gar nichts bewirkt.“

Aus Sicht von VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann sei auch das Thema Arbeitszeit wichtig. „Es führt kein Weg an einer Debatte darüber vorbei“, sagte er. „Wir haben in den letzten Jahren wieder eine Welle an Frühverrentung gesehen. Da ist die Frage: Wollen wir das haben oder muss man auch mal eine Debatte führen, was es eigentlich attraktiv macht, die Fachkräfte und andere Arbeitskräfte ein bisschen länger bei der Arbeit zu halten.“

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