Frankreichs Rentenreform

Nicht das letzte Reförmchen

Die von Macron geplante Rentenreform ist für Frankreich unerlässlich. Sie ist jedoch weniger ambitioniert als die während seiner ersten Amtszeit vorgesehene Reform des Rentensystems.

Nicht das letzte Reförmchen

Es ist die wichtigste Reform seiner zweiten Amtszeit. Und ein Lackmustest, der entscheidend für die ihm als Präsident von Frankreich verbleibenden vier Jahre ist. Setzt Emmanuel Macron seine Rentenreform wie geplant um, kann er sich zu Recht auf die Fahne schreiben, wichtige Bereiche der lange als unreformierbar geltenden zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone modernisiert zu haben. Sollte er jedoch den Forderungen der derzeit lautstark protestierenden Gewerkschaften nachgeben und die Reform fallen lassen, wäre das ein Rückschlag für seine Bemühungen, Frankreich unternehmensfreundlicher zu machen.

Kurzfristig besteht nun die Gefahr, dass Streiks und Proteste gegen das Projekt die Wirtschaft lähmen und das Land an den Rand einer Rezession bringen. Allerdings ist Frankreich dank der seit der Coronavirus-Pandemie bewährten Arbeit im Homeoffice besser darauf vorbereitet als noch vor einigen Jahren. Zumindest theoretisch wäre Macrons Regierung in der Lage, die unerlässliche Reform mit den Stimmen der Republikaner durchzusetzen.

Die Situation ist paradox. Denn die vorgesehene Reform ist weniger ambitioniert als die, die Macron während seiner ersten Amtszeit geplant hatte, dann aber nach wochenlangen Protesten und dem Ausbruch der Pandemie absagte. Und doch ist der Widerstand groß. Geplant ist eine Erhöhung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre und der Beitragsjahre von 42 auf 43 Jahre sowie die Abschaffung einiger Spezialrenten mit ihren Privilegien.

2020 wollte Macron die verschiedenen Rentensysteme durch ein universelles Punktesystem ersetzen, Spezialrenten abschaffen und eine ausgeglichene Finanzierung erreichen. Das französische Rentensystem hat zuletzt 14% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gebunden. Vor Ende des Jahrzehnts könnten es laut Ökonomen 16 % sein, wenn nichts passiert. Gleichzeitig droht den Rentenkassen 2030 ein Defizit von 13,5 Mrd. Euro.

Die Reform soll 2030, so hofft Macron, 17,7 Mrd. Euro bringen. Netto sollen 0,4 Prozentpunkte des BIP pro Jahr eingespart werden – vergleichsweise wenig, wenn man bedenkt, auf welche Ablehnung das Projekt trifft. Doch bisher hat jede noch so kleine Rentenreform in Frankreich zu heftigen Protesten geführt. Deshalb plant Macron genau wie seine Vorgänger nur ein Reförmchen. Damit steht bereits jetzt fest, dass es nicht die letzte Rentenreform in Frankreich bleiben wird. Allein mit ihr ist es zudem nicht getan. In französischen Firmen muss ein Umdenken stattfinden, damit Arbeitnehmer nicht ab 55 Jahren aus Unternehmen gedrängt werden.

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