Schweizer Großbank

Sergio Ermotti – das „bessere Pferd“ für die UBS

Ab Mittwoch vor Ostern ist der alte UBS-CEO zurück auf dem Chefsessel der neuen Schweizer Superbank. Sein Schweizer Pass sei „hilfreich“, sagte der Verwaltungsratspräsident.

Sergio Ermotti – das „bessere Pferd“ für die UBS

Daniel Zulauf

Von , Zürich

Pferdewetten sind ein großes Ding in Irland. Wer von der Schweizer Journalistenzunft noch nicht gewusst haben sollte, dass der UBS-Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher von der Grünen Insel stammt, muss es spätestens am Mittwoch auf der kurzfristig einberufenen Medienkonferenz am Zürcher Hauptsitz der Bank gemerkt haben. Viele Male musste der 65-Jährige dort die gleichen Fragen beantworten: Warum ist der niederländische CEO Ralph Hamers nicht mehr der Richtige für die UBS? Weshalb fällt die Wahl für dessen Nachfolge ausgerechnet auf Sergio Ermotti, der sich vor ziemlich genau drei Jahren an gleicher Stelle wie jetzt mit unmissverständlichem Widerwillen die Ankündigung seiner Verabschiedung durch den seinerzeitigen Verwaltungsratspräsidenten Axel Weber anhören musste?

Colm Kelleher suchte jedes Mal geduldig nach neuen Antwortvarianten – bis er am Schluss der Veranstaltung die simple und vielleicht ehrlichste Erklärung fand: „Der Verwaltungsrat spürte einfach, wir haben ein besseres Pferd.“ Als Wallstreet-Veteran weiß der UBS-Präsident natürlich nur allzu gut, dass jede Akquisition zunächst auch eine Wette ist. Eine Wette, dass die Vorteile die unvermeidlichen Nachteile letztlich überwiegen und dass die Transaktion Mehrwerte für Kunden, Gläubiger, Aktionäre, Mitarbeitende und idealerweise sogar für den ganzen Finanzplatz schafft.

Wette darf nicht schiefgehen

Im Fall der Credit-Suisse-Übernahme unterstrich Kelleher am Mittwoch, wie bereits am Sonntag vor zehn Tagen, die enormen Risiken, die mit der Integration der gescheiterten Großbank verbunden sind: Wir reden vom größten Takeover in der Finanzbranche seit 2008, vom ersten Zusammenschluss zweier Institute, die beide auf der Liste jener 30 internationalen Banken stehen, die als relevant für die Sicherheit des globalen Finanzsystems eingestuft werden. „Ich kann nicht genug betonen, wie wichtig diese Übernahme für die ganze Welt ist“, sagte Kelleher, ohne den Kern seiner Botschaft explizit auszusprechen: Diese Wette darf nicht schiefgehen. Alles andere wäre fatal – für das globale Finanzsystem und natürlich zuallererst für die Schweiz, die bereits über 250 Mrd. sfr an Liquiditätshilfen und Verlustgarantien in das Vorhaben investiert hat.

Ralph Hamers sitzt zu Kellehers Rechten und nickt verständnisvoll. Zur Linken sitzt Sergio Ermotti mit ernster und selbstsicherer Miene, als ob er nie weggewesen wäre. Ralph Hamers habe es mit seiner hervorragenden Arbeit in den vergangenen zweieinhalb Jahren möglich gemacht, dass die „UBS nun Teil einer Lösung ist, statt selber ein Problem darzustellen“, sagt er in Anlehnung an einen berühmt-berüchtigt gewordenen Spruch des früheren UBS-Präsidenten Marcel Ospel. Auf sich selbst bezogen, hatte dieser ihn im Februar 2008 ausgesprochen, im irrigen Glauben, er könne die Bank noch selbst aus dem Sturm führen und die im Oktober 2008 Fakt gewordene Staatsrettung verhindern.

So cool und ohne erkennbare Eitelkeit, wie sich Ermotti vom UBS-Präsidenten als den richtigen Mann für die historische Stunde präsentieren ließ, nahm auch Hamers seine nicht übersehbare Demütigung hin. „Wir sind alles Profis an diesem Tisch“, sagte er, um darauf das Bekenntnis folgen zu lassen, dass er den CEO-Job in der neuen Superbank natürlich lieber gern selbst gemacht hätte. Unqualifiziert wäre der Niederländer für diesen Job nicht gewesen. Immerhin war er sieben Jahre lang Chef der niederländischen ING-Gruppe, einer Bank, die bis vor zwei Wochen noch größer war als die UBS.

Untersuchung gegen Hamers

Gewiss, Hamers steckt in seiner Heimat noch immer in einer Strafuntersuchung mit offenem Ausgang. Die Behörden in Amsterdam klären zum zweiten Mal, ob der Manager als CEO von ING persönlich für ein großes Vergehen der Bank gegen die Geldwäsche-Gesetzgebung verantwortlich gemacht werden könnte. „Mit dieser Sache hat der Wechsel rein gar nichts zu tun“, versicherte der Präsident.

Und was ist mit Ermottis Schweizer Pass? Dieser sei „hilfreich“, habe aber nicht den Ausschlag gegeben, erklärte Kelleher. Ermotti habe die UBS zu einer sichereren Bank gemacht, die Investment Bank verkleinert und eine bessere Risikokultur geschaffen. Die schlechten Elemente der Credit-Suisse-Kultur dürften sich auf keinen Fall auch bei der UBS einschleichen, beschrieb er eine der Hauptaufgaben seines neuen Chefmanagers. „Diese Übernahme ist eine emotionale Sache, und das ist Teil der ganzen Komplexität“, sagte Ermotti und signalisierte Verständnis für Verunsicherung oder offene Ablehnung in Belegschaft und Kundschaft. Wenn einer eine Brücke über den Graben zwischen UBS und Credit Suisse schlagen kann, dann ist es Ermotti. Diese Wette sind mit einiger Sicherheit nicht nur die UBS-Verwaltungsräte, sondern auch die Schweizer Behörden eingegangen.

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