Ifo-Geschäftsklima

Unternehmen zeigen sich in Weihnachts­stimmung

Laut Ifo-Geschäftsklima hat die deutsche Wirtschaft nicht nur höhere Erwartungen, sondern schätzt auch die aktuelle Lage besser ein als im Vormonat. Die Belastungsfaktoren aber bleiben.

Unternehmen zeigen sich in Weihnachts­stimmung

ba Frankfurt

Die deutsche Wirtschaft setzt inmitten der Energiekrise und hoher Inflation auf bessere Zeiten. Die Stimmung auf den Chefetagen hat sich im Dezember unerwartet kräftig aufgehellt: Das Ifo-Geschäftsklima legte um 2,2 auf 88,6 Punkte zu. Ökonomen hatten den dritten Zuwachs in Folge erwartet, allerdings nur auf einen Stand von 87,5 Zählern. Auch wenn das wichtigste Frühbarometer für die hiesige Wirtschaft weiter auf einem Niveau wie vor oder während früherer Rezessionen liegt, werten Bankvolkswirte das Dezember-Ergebnis als weiteren Beleg, dass der erwartete Wirtschaftsabschwung milder ausfallen dürfte als erwartet. Eine Trendwende, als die nach der Daumenregel der dritte Ifo-Anstieg in Folge gilt, erwarten die Ökonomen allerdings uni­sono nicht.

„Hoffnung zu Weihnachten“

Im Dezember haben die rund 9000 befragten Führungskräfte nicht nur erneut höhere Erwartungen geäußert, nach sechs Rückgängen in Folge beurteilen sie auch die aktuelle Lage besser als im Vormonat. „Die deutsche Wirtschaft schöpft zum Weihnachtsfest Hoffnung“, erklärte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Stimmungsaufhellung zieht sich laut Ifo-Experte Klaus Wohlrabe dabei durch fast alle Bereiche. Einzige Ausnahme war wie schon im November die Baubranche. „Die Zinserhöhungen führen zu Stornierungen“, sagte Wohlrabe im Reuters-Interview. Denn anhaltende Lieferengpässe würden die Baukosten erhöhen und anziehende Finanzierungskosten vor allem private Bauherren belasten.

Im verarbeitenden Gewerbe stieg der Index deutlich, wobei laut den Münchener Wirtschaftsforschern vor allem der Erwartungsindikator zulegte. Zudem haben sich die Lieferkettenprobleme noch weiter gelöst: Rund 50,7% klagten im Dezember über solche Materialprobleme, im November waren es noch 59,3%. Dies sei eine spürbare Verbesserung, sagt Wohlrabe. Auch an der Preisfront gebe es Entlastung. Per saldo erwarteten 40,3% der Firmen eine Preiserhöhung im Dezember, nach 46,2% im November.

Ein Manko bleiben aber die hohen Energiepreise, mahnt Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. Insbesondere die energieintensiven Industriebranchen haben seit Jahresbeginn die Produktion deutlich gedrosselt oder in Teilen ganz eingestellt, schlicht, weil sie sich nicht mehr lohnt. Immerhin ist es unwahrscheinlicher geworden, dass eine Gasmangellage eintritt, die Rationierungen mit sich bringen würde. „Die Aussage des Bundeskanzlers, dass die benötigte Zeit für die Einrichtung des LNG-Terminals in Wilhelmshaven das ,neue Deutschland-Tempo‘ sei, dürfte zudem für weiteren Mut sorgen“, sagt Christoph Swonke, Konjunkturanalyst der DZ Bank.

Die „erneut markante“ Stimmungsaufhellung im Dienstleistungssektor führt das Ifo-Institut vor allem auf den schwindenden Pessimismus mit Blick auf das nächste halbe Jahr zurück. Im Handel ist der Index auf den höchsten Wert seit Juni gestiegen. Die Unternehmen beurteilen ihre Lage erstmals seit August wieder leicht positiv. Der Ausblick ist laut Ifo zwar weiter pessimistisch, aber weniger als im November. Handel und Dienstleister bekommen allerdings die Kaufzurückhaltung der Verbraucher zu spüren. Die Inflation, die zuletzt auf eine Jahresrate von 11,3% in EU-harmonisierter Rechnung (HVPI) gesunken ist, zehrt an der Kaufkraft, und die Konsumlaune bewegt sich trotz der jüngsten Erholung auf niedrigem Niveau. Ökonomen erwarten, dass die Dezemberumfrage eine weitere Stimmungsaufhellung der Verbraucher offenbart. Die Ergebnisse veröffentlichen die Nürnberger Marktforscher am Mittwoch.

Bankvolkswirte bescheinigen dem Jahr 2022 in ihren Analysen ein zumindest versöhnliches Ende. „Der heutige Ifo-Index vermittelt ein seltsames Gefühl der Hoffnung und des Trostes zu einem Zeitpunkt, an dem keiner der Krisenfaktoren und Angstmacher wirklich verschwunden ist“, mahnt aber Carsten Brzeski, Chefökonom der ING. Dazu zählen etwa die höheren Finanzierungskosten infolge der weltweit strafferen Geldpolitik, der gedämpfte Welthandel, nachdem auch die Konjunktur in China und den USA schwächelt, und der deutliche Rückgang der Gasspeicherfüllstände. Brzeski stellt sich daher die Frage, „ob die Risiken und Ängste zuvor übertrieben waren oder ob wir uns alle nur an diese Risiken und Ängste gewöhnt haben, was diese Faktoren subjektiv weniger riskant erscheinen lässt“.

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