Pandemie

Wachsende Kritik an Chinas Umgang mit Corona

Die Weltgesundheitsorganisation WHO übt schwere Kritik an Chinas jüngstem Umgang mit der Corona-Pandemie. Die WHO-Experten sehen klare Anhaltspunkte für eine dramatische offizielle Unterzeichnung der Corona-Ansteckungen sowie ihrer Krankheits- und Todesfolgen in der Bevölkerung.

Wachsende Kritik an Chinas Umgang mit Corona

nh Schanghai

China sieht sich zunehmender internationaler Kritik an seinem Umgang mit der Pandemie ausgesetzt. Im Raum stehen Vorwürfe, wonach Peking die nach einem abrupten Ausstieg aus der sogenannten Null-Covid-Politik losgetretene massive Corona-Ansteckungswelle und deren Todesfolgen herunterzuspielen und zu verschleiern versuche. Nun erhebt auch die Weltgesundheitsorganisation WHO Vorwürfe an die Adresse Pekings, die seit Dezemberbeginn zu beobachtende rasante Verbreitung von Corona-Fällen bei der statistischen Erfassung zu vernachlässigen.

Zum Ärger der chinesischen Regierung und Parteiführung hat sich der Leiter der Abteilung für Notfallprogramme der World Health Organisation, Mike Ryan, nach einem weiteren Austausch zwischen Chinas Gesundheitsbehörden und einer WHO-Delegation sehr deutlich über eklatante Transparenzmängel geäußert. In einer Pressekonferenz erklärte Ryan, dass die von chinesischen Behörden verbreiteten Daten die tatsächliche Ausbreitung der Ansteckungswelle anhand der Corona-Patientenzahlen in Krankenhäusern, der Belegung von Betten auf Intensivstationen und vor allem der Zahl der an einer Corona-Erkrankung verstorbenen Menschen stark unterzeichneten. Die chinesische Regierung müsse wesentlich mehr Transparenz über das Ausmaß der Ansteckungswelle und deren gesundheitliche Folgen an den Tag legen.

Irreführende Statistik

Vor allem kritisierte Ryan, dass eine von Peking zur Dezembermitte neu aufgestellte Definition für auf Corona zurückgehende Todesfälle so eng abgegrenzt wird, dass die Behörden praktisch überhaupt keine Sterblichkeit im Zusammenhang mit einer Covid-Erkrankung mehr ausweisen. Tatsächlich weist die chinesische Statistik seit Dezemberbeginn und damit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe eines sofortigen Ausstiegs aus den zuvor ultrastrengen chinesischen Corona-Restriktionen und Lockdown-Verordnungen exakt 25 neue Corona-Todesfälle aus. Dem steht die Beobachtung einer binnen vier Wochen massiv erhöhten Sterblichkeit in China entgegen, die sich allein aus den dramatischen Szenen im Umfeld der völlig überlasteten Krankenhäuser und Krematorien speist. Das lässt auf Zehntausende Corona-Todesopfer im Zeitraum seit Dezemberbeginn schließen.

Chinas Staats- und Parteiführung hatte nach der Ende November aufgekommenen spontanen Bürgerprotestwelle gegen exzessive Coro­na-Res­triktionen Knall auf Fall praktisch sämtliche Mobilitätsbeschränkungen, Corona-Schutzprotokolle, Zwangsquarantänemaßnahmen und auch das umfangreiche Testregime aufgegeben. In den Staatsmedien allerdings wird die ohne jedwede gesundheitspolitischen Vorbereitungen durchgezogene abrupte Wende nur als „Optimierung“ der Corona-Politik bezeichnet und als Sieg der Parteiführung und des Volkes über die Pandemie gefeiert. Mit der Abschaffung einer geordneten statistischen Erfassung von Ansteckungen und der Neudefinition einer auf Covid zurückgehenden Todesursache findet auf offiziellen Kanälen keine Berichterstattung über die tatsächliche Ausbreitung der Pandemie und die Krankheits- und Todesfolgen statt. Währenddessen erfasst die staatliche Zensur entsprechende Einträge auf sozialen Medien und löscht diese weitgehend.

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