Energiepolitik

Atomstrom-Reserve sorgt für Krach in der Ampel

Die Pläne für eine Atomstrom-Reserve von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) stoßen auch in den Reihen der Ampel-Parteien auf Kritik. Dass der Atommeiler Emsland keine Rolle in Habecks Plänen spielt, wird in Niedersachsen sofort zum Wahlkampfthema.

Atomstrom-Reserve sorgt für Krach in der Ampel

BZ Berlin

Die von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geplante Atomstrom-Reserve stößt nicht nur in der Opposition auf Kritik. Der am Montagabend vorgestellte Plan, zwei Atomkraftwerke bis April 2023 in Reserve zu halten, greife zu kurz, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr am Dienstag zu dem Vorhaben. Stattdessen sollten alle drei derzeit noch am Netz befindlichen deutschen Kernkraftwerke weiterlaufen, „damit mehr Menge in den Markt kommt, mehr Menge bedeutet sinkende Preise“, sagte Dürr im ZDF. Die derzeit hohen Strompreise könne kein Unternehmen und kein Haushalt in Deutschland bezahlen. Besondere Umstände erforderten besondere Maßnahmen. „Niemand wünscht sich deutliche Laufzeitverlängerungen sozusagen aus politischen Gründen, aber es ist zurzeit wirtschaftlich notwendig“, sagte Dürr in Richtung der Ampel-Partner SPD und Grüne.

Deutlich schärfere Kritik übten die Unionsparteien. Deutschland steuere auf eine Energieversorgungskrise zu, die durch den Krieg in der Ukraine ausgelöst sei, „durch völlig absurde Entscheidungen dieser Bundesregierung“ aber noch verschärft werde, sagte Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) im Deutschlandfunk. Er appelliere an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), „diesen Irrsinn zu beenden und dafür zu sorgen, dass wir in Deutschland eine sichere Energieversorgung auch über den Winter bekommen“. Ähnlich harsch äußerte sich CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, warf Merz einen „populistischen Krawallkurs“ vor. „Es gibt eine historische Konstante in diesem Land: Die Union lag bei der Energiepolitik durchweg falsch“, sagte sie der dpa.

Habeck (Grüne) hatte am Montag auf Grundlage eines Stresstests für das Stromsystem den Plan vorgestellt, im Fall von Stromengpässen zwei der drei im Netz verbliebenen deutschen Atomkraftwerke notfalls noch bis Mitte April zu nutzen. So sollen die Atommeiler Isar 2 in Bayern und Neckarwestheim in Baden-Württemberg zwar wie geplant zum Jahresende vom Netz gehen, aber noch bis zum Frühjahr als Reserve zur Verfügung stehen.

Das dritte noch verbliebene AKW Emsland in Niedersachsen soll nicht Teil der Notreserve sein, was mit Blick auf die Landtagswahl am 9. Oktober für zusätzlichen Krach zwischen FDP und Grünen sorgt. „Der einzige Grund (…) ist der linke Landesverband der Grünen in Niedersachsen“, twitterte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion und FDP-Generalsekretär in Niedersachsen, Konstantin Kuhle, zum Standortentscheid. Ähnlich scharf äußert sich Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann, Spitzenkandidat der CDU bei den Landtagswahlen: „Der Bundeswirtschaftsminister hat offenbar Rücksicht genommen auf die Befindlichkeiten seiner Grünen-Parteifreunde in Niedersachsen“, sagte er am Montag. Für SPD-Ministerpräsident Stephan Weil könnte der Streit zum Problem im Wahlkampf werden. Die SPD drohe bei dem emotionalen Thema abgestraft zu werden, gerade weil sie eine pragmatische Haltung einnehme, sagte Forsa-Chef Manfred Güllner zu Reuters.

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