Deutsche Bahn

Betriebsklima geht vor Klima

Die Kritiker der GDL verknüpfen das Betriebsklima bei der Bahn mit den ganz großen Klimathemen und kritisieren den Arbeitskampf als „Streik gegen das Klima“. Das Verhandlungsklima zwischen der Bahn und der GDL ist schon lange vergiftet.

Betriebsklima geht vor Klima

Die Kritiker der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) verknüpfen das Betriebsklima bei der Deutschen Bahn mit den ganz großen Klimathemen. Der Arbeitskampf der Lokführergewerkschaft sei ein „Streik gegen das Klima“, sagt die Chefin der Güterbahnsparte DB Cargo, Sigrid Nikutta. Gestern legten unter anderem der Fahrgastverband Pro Bahn sowie der Städte- und Gemeindebund nach und warnten vor einem Rückschlag für eine klimaschonende Verkehrswende, sollte der für fünf Tage angesetzte Streik der GDL nicht umgehend abgebrochen werden. Andernfalls würden sich viele Menschen von der Bahn abwenden und wieder langfristig auf das Auto umsteigen, warnte der Fahrgastverband.

Klar, die Bahn spielt für die Klimaziele der Bundesregierung im Verkehrssektor eine entscheidende Rolle und muss das Rückgrat jeder erfolgreichen Verkehrswende bilden, darin sind sich Klima- und Mobilitätsexperten einig. Das entbindet das Management des Staatskonzerns aber nicht von der Aufgabe, sich auch um das Betriebsklima zu kümmern. Der Eilantrag der Bahn auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Streik der GDL, über den das Arbeitsgericht Frankfurt am Donnerstagabend entscheiden wollte, dürfte sich weder als erfolgreiche noch als betriebsklimaschonende Maßnahme erweisen. Schon 2014 war die Bahn gegen die GDL vor Gericht gezogen, weil sie den Streik der Lokführergewerkschaft für nicht rechtmäßig erachtete, und war mit ihrem Eilantrag beim Arbeitsgericht abgeblitzt. Sollte sie dieses Mal wider Erwarten Erfolg haben, wäre die Tarifauseinandersetzung noch lange nicht beendet, sondern nur das Verhandlungsklima vergiftet.

Um das Verhandlungsklima zwischen Bahn und GDL ist es seit jeher schlecht bestellt, und Tariffragen sind dafür wenn überhaupt, dann nur in zweiter Linie verantwortlich. Schon im November scheiterte ein Schlichtungsversuch, weil GDL-Chef Claus Weselsky der Bahn unterstellte, es mit ihrem Angebot auf die Existenz der Gewerkschaft abgesehen zu haben. Auch jetzt geht Weselsky nicht auf die Offerte des Konzerns ein, weil er fürchtet, dass die Lokführergewerkschaft marginalisiert werden soll. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), die sich mit der Bahn längst auf einen neuen Tarifvertrag geeinigt hat, kritisierte den Eilantrag der Bahn, betonte aber auch die Verantwortung beider Tarifpartner, eine Lösung zu finden. Auch die GDL ist ihrer Verantwortung für das Betriebsklima bisher nicht nachgekommen.

(Börsen-Zeitung, 3.9.2021)

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