EU-Kommission

Brüssel sondiert weitere Lösungen für die Energiekrise

Bei erneuten Beratungen der EU-Energieminister zeichnen sich schwierige Gespräche über weitere gemeinsame Schritte gegen die Energiekrise ab. Unproblematischer ist da der neue Krisenrahmen im Beihilferecht, der Gestalt annimmt. Ein schuldenfinanzierter EU-Energiekrisenfonds wird nicht nur von Berlin abgelehnt.

Brüssel sondiert weitere Lösungen für die Energiekrise

ahe Brüssel

Die EU-Kommission will den EU-Ländern vorerst bis Ende 2023 einen großzügigen Beihilferahmen setzen, damit diese angemessene Unterstützungen in der Energiekrise geben können. Dies geht aus einem Entwurf der neuen Regeln hervor, der aktuell zur Abstimmung in den Mitgliedstaaten liegt und der der Börsen-Zeitung vorliegt. Der derzeit schon angewandte befristete Krisenrahmen für staatliche Beihilfen wird damit noch einmal an verschiedenen Stellen gelockert und um ein Jahr verlängert. Eine erste Anpassung der Regeln nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine hatte die EU-Kommission Mitte März erlassen und den Krisenrahmen dann im Juli noch einmal adjustiert.

Die wesentlichen Änderungen, die nun geplant sind, betreffen unter anderem Versorger, die im Energiehandelsgeschäft aufgrund der Preissprünge in Liquiditätsengpässe kommen. Sie sollen leichter von staatlichen Garantien für ihre erforderlichen finanziellen Sicherheiten profitieren können. Ein neues Kapital im Beihilferahmen soll zudem speziell dazu dienen, die europäischen Stromsparziele, auf die sich die EU-Energieminister bereits verständigt haben, leichter erreichbar zu machen. Grundsätzlich hebt die Kommission auch die maximal zulässigen Hilfe-Volumina um 50% an.

Hilfen für Unternehmen

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager, die für den Beihilferahmen zuständig ist, hatte bereits in der vergangenen Woche darauf verwiesen, dass eine Vereinfachung der Kriterien es den Mitgliedstaaten leichter ermöglichen werde, Unternehmen, die von hohen Energiepreisen betroffen sind – einschließlich energieintensiver Betriebe –, zu unterstützen. Es müsse dabei aber weiterhin sichergestellt sein, dass die Hilfen gezielt und verhältnismäßig seien und Anreize zur Senkung der Energienachfrage bestehen blieben.

Dieser Kurs wird auch im EU-Parlament unterstützt. Die Ausweitung des Beihilferahmens sei „das richtige Signal“, betonte der CSU-Finanzexperte Markus Ferber. „Wir sehen bereits, dass viele Mitgliedstaaten eigene Hilfsprogramme auflegen. Damit nicht alles aus dem Ruder läuft, braucht es europäische Koordinierung.“ Ferber verwies zugleich darauf, dass den meisten Unternehmen eine schnelle und spürbare regulatorische Entlastung eigentlich noch viel mehr helfen würde als die Änderungen der Beihilferegeln. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen habe in ihrer „Rede zur Lage der Union“ ein Entlastungspaket für den Mittelstand versprochen. „Davon ist bisher herzlich wenig zu sehen“, monierte Ferber.

Die neuen Krisen-Beihilfen könnten auch für die Bundesregierung bei der Umsetzung ihres 200-Mrd.-Euro-Entlastungspaketes noch wichtig werden. Die Regierung in Berlin wies unterdessen recht klar Berichte zurück, dass sie für die Aufnahme neuer gemeinsamer EU-Kredite zum Kampf gegen die Energiekrise sei. Ein Sprecher verwies am Dienstag auf die erheblichen Finanzmittel, die derzeit auf EU-Ebene noch bereitstünden – etwa über den Corona-Wiederaufbaufonds. „Diese helfen bei der Bewältigung auch der aktuellen wirtschaftlichen und energiepolitischen Herausforderungen.“

Der Brüsseler Thinktank Bruegel verwies zur Unterstützung darauf, dass in der aktuellen Krise „Solidarität“ nicht unbedingt mehr Ausgaben bedeute, sondern weniger Energieverbrauch. Daher könnten die deutschen Strom- und Gaspreisbremsen, die durch den 200-Mrd. Euro-Plan finanziert werden sollten, noch zu Instrumenten der Solidarität werden, wenn sie die deutsche Energienachfrage senkten. Am Mittwoch treffen sich die EU-Energieminister zu informellen Gesprächen in Prag. Dann wird vor allem ein EU-Gaspreisdeckel besprochen.

EU-Ratspräsident Charles Michel forderte unterdessen, eine „echte Energieunion“ in Europa zu schaffen. „Sie wird ein wesentlicher Pfeiler der EU-Souveränität sein“, betonte er. Die Energieeinfuhren der EU beliefen sich in der ersten Hälfte 2022 auf fast 380 Mrd. Euro, was normalerweise für ein ganzes Jahr reiche.

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