Corona-Pandemie

Bund und Länder machen sich locker

Die Bund-Länder-Runde am Mittwoch steht im Zeichen von Lockerungsschritten. Aus einer Beschlussvorlage gehen konkrete Daten hervor. Zahlen des RKI und der Expertenrat der Bundesregierung befeuern die Debatte.

Bund und Länder machen sich locker

sp Berlin

Der 20. März markiert in diesem Jahr nicht nur den kalendarischen Frühlingsbeginn, sondern auch das zumindest vorläufige Ende der Corona-Schutzmaßnahmen in Deutschland. So sieht es ein Beschlussvorschlag für das Spitzentreffen von Bund und Ländern am Mittwoch vor. Darin enthalten ist ein Drei-Stufen-Plan mit Lockerungsschritten. Das Papier sei zwischen Kanzleramt und dem Vorsitz sowie dem Co-Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz abgestimmt, hieß es. Es handle sich um eine Diskussionsgrundlage für den Beschlussentwurf für die Bund-Länder-Gespräche, berichtete die dpa. Am Montag wollten die Chefs und Chefinnen der Staatskanzleien der Länder über die Vorlage beraten.

In den vergangenen Tagen waren die Rufe aus der Wirtschaft und aus der Politik nach Lockerungen trotz rekordhoher Infektionszahlen lauter geworden. Am Sonntag meldete das Robert-Koch-Institut (RKI) dann zum ersten Mal in diesem Jahr eine sinkende Sieben-Tage-Inzidenz. Der Corona-Expertenrat der Bundesregierung sprach sich in seiner sechsten Stellungnahme zudem für eine besonnene Rücknahme von einzelnen Schutzmaßnahmen aus. Der auf Sonntagnacht datierte Vorschlag sieht nun vor, dass in einem ersten Lockerungsschritt die Einschränkungen für private Zusammenkünfte von Geimpften und Genesenen gelockert werden sollen und der Zugang zum Einzelhandel bundesweit wieder ohne Kontrollen möglich ist. In einem zweiten Schritt soll ab dem 4. März auch der Zugang zur Gastronomie erleichtert werden. Diskotheken und Clubs sollen dann für Genesene und Geimpfte mit Test oder Booster öffnen, und auch die Regeln für überregionale Großveranstaltungen werden gelockert.

„In einem dritten und letzten Schritt ab dem 20. März 2022 entfallen alle tiefgreifenderen Schutzmaßnahmen“, heißt es in dem Beschlussvorschlag. Nur niedrigschwellige Schutzmaßnahmen wie die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln sollen fortbestehen können. Für den Fall einer neuerlichen Verschlechterung der Infektionslage sieht das Papier vor, dass die Bundesregierung die nötigen Gesetzgebungsverfahren für Verschärfungen zügig einleitet. Die gesetzlichen Grundlagen für die Coronamaßnahmen im Infektionsschutzgesetz laufen am 19. März aus. „Mit diesem Datum muss es einen spürbaren Unterschied in unserem Alltag geben“, sagte Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Montag in Berlin. Erste Lockerungen müssten aber schon diese Woche beschlossen werden, weitere dann Mitte März folgen, erklärte der FDP-Chef.

Bereits im Oktober hatten die Ampel-Parteien angekündigt, dass Zugangsregeln und andere Coronaauflagen längstens bis zum Frühlingsanfang gelten sollen. Kurz darauf brach im Herbst die vierte Coronawelle über Deutschland herein, die sich schließlich zu einer von der Omikron-Variante hochgezogenen Wand auftürmte. In den vergangenen Tagen wurden dennoch wieder Rufe nach Lockerungsschritten lauter. Denn zum einen hat die Omikron-Variante aufgrund der häufig milden Krankheitsverläufe in den vergangenen Wochen trotz rekordhoher Infektionszahlen ihren Schrecken verloren. Zum anderen haben viele andere Länder in Europa längst Lockerungsschritte unternommen oder die Corona-Schutzmaßnahmen zum Teil ganz beendet.

Wie zur Bestätigung für die Forderungen nach Lockerungen in Deutschland meldete das Robert-Koch-Institut (RKI) am Sonntag zum ersten Mal seit Dezember wieder eine sinkende Zahl von Neuinfektionen pro 100000 Einwohnern in den vergangenen sieben Tagen. Auch am Montag sank die Sieben-Tage-Inzidenz, wobei das RKI zu bedenken gab, dass das Melde- und Testsystem wegen der hohen Fallzahlen derart überlastet ist, dass die Daten nur eingeschränkt aussagekräftig sind.

Am Montag meldeten die Gesundheitsämter in Deutschland dem RKI 76465 Neuinfektionen für die vergangenen 24 Stunden, wobei die Zahlen am Wochenende vergleichsweise niedrig sind. In den vergangenen Tagen lag der Wert nahe 250000. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ging bisher davon aus, dass auf dem Höhepunkt der Omikron-Welle Mitte Februar bis zu 400000 Neuinfektionen täglich gemeldet werden könnten.

Impfpflicht nicht vom Tisch

Die Spitzen von Bund und Ländern bekräftigen laut Beschlussvorschlag für Mittwoch die Notwendigkeit der Einführung einer allgemeinen Impfpflicht. Wann die Gruppenanträge dazu im Parlament beraten werden, ist allerdings weiter offen. Die Grünen hoffen auf einen Start der Parlamentsdebatte noch in dieser Woche, wie Co-Parteichefin Ricarda Lang am Montag erklärte. Die Ampel-Koalition hat zu dem umstrittenen Thema kein Gesetz eingebracht. Stattdessen sollen die Abgeordneten des Bundestags ohne Fraktionspflicht zwischen parteiübergreifenden Gruppenanträgen entscheiden.

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