Finanzplanung

Bundeshaushalt auf Wiedervorlage

Mit einer Neuverschuldung von knapp 200 Mrd. Euro startet die Ampel-Koalition in ihrem ersten Regierungsjahr. Die Hälfte ist für die Bundeswehr reserviert. Die Kosten des Ukraine-Krieges fehlen noch.

Bundeshaushalt auf Wiedervorlage

wf Berlin

Mit einem Ergänzungshaushalt für 2022 will die Bundesregierung die Folgekosten des Ukraine-Krieges in den nächsten Wochen noch in die parlamentarische  Beratung des Etats einbringen. Damit dürfte die Nettoneuverschuldung höher ausfallen als bislang vorgesehen. An diesem Mittwoch soll das Bundeskabinett den ersten Haushalt der Ampel-Regierung beschließen.

Nach der Kabinettsvorlage von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ist im Kernhaushalt bei Ausgaben von 457,6 Mrd. Euro eine Nettokreditaufnahme von 99,7 Mrd. Euro vorgesehen. Dies hatte die schwarz-rote Vorgängerregierung bereits so geplant, allerdings mit weniger Steuereinnahmen und zugleich geringeren Ausgaben für die Corona-Pandemie. Die Kabinettsvorlage liegt der Börsen-Zeitung vor.

Neu hinzu kommt ein Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 100 Mrd. Euro neben dem Kernhaushalt. Aus dem kreditfinanzierten Sondervermögen sollen – voraussichtlich in den nächsten fünf Jahren – Ausgaben für die Bundeswehr bestritten werden. Der Verteidigungshaushalt wird damit auf die in der Nato vereinbarte Ausgaben-Quote von 2% des Bruttoinlandsprodukts erhöht. Dies ist ein Anstieg der Ausgaben von aktuell knapp 50 Mrd. Euro auf rund 70 Mrd. Euro jährlich.

Die Kosten der Ukraine-Krise sind bislang erst zu kleinen Teilen erfasst, etwa in einer nationalen Gasreserve für 1,5 Mrd. Euro. „Wir werden aber daneben einen Ergänzungshaushalt in den nächsten Wochen an den Bundestag leiten“, kündigte Lindner in Berlin mit Blick auf die jetzt vorgelegte Planung an. Dieser solle die Folgen des Kriegs in der Ukraine abbilden, die noch nicht genau absehbar sind, sagte Lindner. Dazu gehören auch die Kosten für Geflüchtete und weitere Entlastungen etwa aufgrund gestiegener Energiekosten, über die bereits intensiv diskutiert wird (siehe unten stehender Bericht).

Mit dieser Planung muss der Bundestag für 2022 ein drittes Jahr in Folge die Schuldenbremse im Grundgesetz aussetzen. Der Haushaltsentwurf für 2022 und die Finanzplanung bis 2026 gäben den Stand wieder, „wie wir es heute beziffern können“, hieß es im Finanzministerium. „Die Änderungen, die noch anstehen, werden auf der Strecke eingebracht.“ In den Ergänzungshaushalt fließen auch die Ergebnisse der Frühjahrsprognose und die Steuerschätzung Mitte Mai ein.

Schuldenbremse soll ziehen

Von 2023 an soll die Schuldenbremse wieder gelten. Im nächsten Jahr plant Lindner mit einer Nettokreditaufnahme von nur noch 7,5 Mrd. Euro (siehe Grafik). In den Folgejahren richtet sich die Höhe nach der Formel der Schuldenbremse. Das kreditfinanzierte Sondervermögen Bundeswehr bleibt dabei in den nächsten Jahren außen vor. Das Sondervermögen soll im Grundgesetz abgesichert werden. Für die nötige Zweidrittelmehrheit braucht die Ampel Stimmen der Union im Bundestag und in den Ländern.

Finanzielle Luft verschafft sich die neue Regierung mit einem hinausgeschobenen Tilgungsplan zur Rückführung der Kredite, die über die Schuldenbremse hinaus gemacht worden sind. Die Tilgung soll erst später einsetzen und auf 30 Jahre gestreckt werden. Zuvor waren es 20 Jahre. Die Tilgung soll nun erst 2028 beginnen – also erst gegen Ende der nächsten Legislaturperiode. Rund 11 Mrd. Euro jährlich muss der Bund dann schultern. Nach Stand derzeitiger Planungen beliefe sich die Neuverschuldung des Bundes in den Jahren 2020 bis 2022 auf rund 545 Mrd. Euro. Die Neuverschuldung werde „durch weitere Reaktionen aufgrund des Kriegs und seiner schwerwiegenden Folgen höher ausfallen als jetzt aktuell anvisiert“, erklärte Grünen-Haushälter Sven-Christian Kindler laut Nachrichtenagentur Reuters. Erforderlich seien zusätzliche Kredite und eine „Steuerpolitik, bei der starke Schultern mehr tragen“.

Der Chefhaushälter der oppositionellen Unionsfraktion, Christian Haase, erklärte, der Entwurf sei schon jetzt Makulatur: „Die Nettokreditaufnahme im Bundeshaushalt wird sicher eher bei 140 bis 150 Mrd. Euro liegen müssen, stellt man sich den ökonomischen Realitäten.“ Inklusive Bundeswehr-Sondervermögen läge die Neuverschuldung dann bei 240 bis 250 Mrd. Euro.

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