Konjunktur

Deutsche Industrie gleicht Coronadelle etwas aus

Sobald sich die Lieferengpässe auflösen, kann die deutsche Industrie die Produktionsbremse lösen – 2021 hat sie immerhin einen Teil der Coronadelle bereits ausgebügelt. Noch aber zeigt sich nur eine leichte Entspannung.

Deutsche Industrie gleicht Coronadelle etwas aus

ba Frankfurt

Die deutsche Industrie hat im vergangenen Jahr zwar einen Teil des Produktionsrückgangs aus dem Coronajahr 2020 aufgeholt, trotz übervoller Auftragsbücher das Vorkrisenniveau aber noch nicht wieder erreicht. Ökonomen bleiben aber ebenso wie das Bundeswirtschaftsministerium zuversichtlich für die Industriekonjunktur, auch wenn im Dezember die Produktion wegen der Lieferengpässe und coronabedingter Personalausfälle erneut im Monatsvergleich zurückgegangen ist.

Dem Statistischen Bundesamt (Destatis) zufolge haben Industrie, Bau und Energieversorger 2021 die Fertigung um 3,0% zum Vorjahr ausgeweitet, doch lag die Produktion damit 5,5% unter dem Niveau von 2019. Mit Blick auf die hohen Auftragseingänge hinkt die Produktion um 12% hinterher, erklärte Nils Jannsen, Konjunkturchef des IfW Kiel: „Dies entspricht einer entgangenen Wertschöpfung von etwa 70 Mrd. Euro.“ Die Lieferengpässe dürften das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2021 um bis zu 2% gedrückt haben, sagte Jannsen. Dass hierzulande das BIP weiter unter dem Vorkrisenniveau liegt, während andere Länder dieses bereits überschritten haben, liegt Jannsen zufolge einerseits am vergleichsweise hohen Anteil des verarbeitenden Gewerbes an der Bruttowertschöpfung von 20% – in Frankreich etwa sind es nur 10% –, andererseits seien die Produktionsstörungen hierzulande größer ausgefallen als in vielen anderen Ländern.

Für Dezember vermelden die Wiesbadener Statistiker einen Rückgang der Gesamtfertigung von saison- und kalenderbereinigt 0,3%, wohingegen Ökonomen ein Wachstum von 0,5% erwartet hatten. Allerdings revidierte Destatis den Novemberwert: Statt –0,2% im Monatsvergleich stehen nun +0,3% in der Statistik. Im Vergleich zu Dezember 2020 ergab sich ein Rückgang von kalenderbereinigt 4,1%, gegenüber Februar 2020, dem letzten Monat vor Beginn der Schutzmaßnahmen, beträgt der Rückstand saison- und kalenderbereinigt 6,9%.

Hinter diesen Zahlen verberge sich jedoch ein vielversprechender Aufschwung, urteilt ING-Chefökonom Carsten Brzeski: So beruhe der Rückgang vor allem auf dem Minus von 7,3% im Bausektor, der erheblich unter den Reibungen in der Lieferkette, dem Arbeitskräftemangel und wahrscheinlich auch unter einer längeren Weihnachtspause zu leiden habe. Die Energieerzeugung ging um 0,7% zurück, wohingegen die In­dustrie im engeren Sinne den Ausstoß­ um 1,2% steigerte. Das Bundeswirtschaftsministerium verwies dabei auf das „starke Plus von 12,1%“ des gewichtigen Bereichs Kfz und Kfz-Teile, „wohingegen der Maschinenbau mit einem Rückgang von 3,7% dämpfend wirkte“. Ralph Solveen von der Commerzbank er­wartet angesichts der bereits veröffentlichten Zahlen des Automobilverbandes VDA zur Pkw-Produktion im Januar, dass die Autoproduktion erneut spürbar zugelegt hat. „Offenbar stehen den Unternehmen wieder mehr Vorprodukte zur Verfügung, auch wenn in der Umfrage immer noch knapp zwei Drittel von ihnen einen Mangel an Vorprodukten beklagen“, sagte Solveen.

Das Bundeswirtschaftsministerium konstatierte nicht nur, dass sich die Gesamtproduktion trotz des schwachen Bauergebnisses stabilisiert habe, zudem würden Stimmungsindikatoren am aktuellen Rand eine allmähliche Auflösung der Lieferengpässe andeuten. Diese bremsen seit Monaten die Produktion, die Lücke zum Auftragseingang war selten größer. Da der rekordhohe Auftragsbestand die Produktion für 7,6 Monate sichert und die Aufträge weiter stetig zulegen – für Dezember meldete Destatis ein Plus von 2,8% im Monatsvergleich –, erwartet das Ministerium „eine dynamische Entwicklung der Industriekonjunktur in den kommenden Monaten“.

Würden in Deutschland „die Coronabedingungen endlich gelockert, wie es andere europäische Staaten bereits angekündigt oder eingeleitet haben“, könnte es hierzulande deutlich besser laufen, wie die monatliche Sentix-Umfrage unter 1205 Investoren ergab: Das Konjunkturbarometer des Analysehauses stieg den zweiten Monat in Folge, ebenso wie der Index für die Eurozone. Sowohl die aktuelle Lage als auch die Erwartungswerte verbesserten sich für die deutsche und die Euro-Wirtschaft.