Deutschland

Einbruch bei Aufträgen schürt Rezessionsangst

Die deutsche Wirtschaft gilt als besonderes Sorgenkind. Sie ist in besonderem Maße von den Folgen des Ukraine-Kriegs und der Energiekrise sowie von der weltweiten Konjunkturabschwächung betroffen. Neue Daten bestätigen das.

Einbruch bei Aufträgen schürt Rezessionsangst

ms Frankfurt

Die deutsche Industrie hat im September einen regelrechten Auftragseinbruch erlitten – was Befürchtungen schürt, dass die deutsche Wirtschaft im Winterhalbjahr in eine Rezession schlittert. Die Bestellungen gingen um 4,0% zurück, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Rückgang von 0,5% gerechnet. „Die lange Talfahrt in die Rezession geht weiter“, kommentierte Carsten Brzeski, Global Head of Macro bei der ING. Zumindest ein kleiner Lichtblick für die Industrie ist, dass der Materialmangel etwas nachlässt.

Die deutsche Wirtschaft gilt derzeit als besonderes Sorgenkind. Sie ist in besonderem Maße von den Folgen des Ukraine-Kriegs und der Energiekrise sowie von der weltweiten Konjunkturabschwächung betroffen. Vergangene Woche war allerdings bekannt geworden, dass die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal überraschend um 0,3% gewachsen ist, statt wie erwartet zu schrumpfen. Das hatte vereinzelt Hoffnungen geschürt, dass womöglich eine Rezession vermieden werden könnte. Die neuen Daten aus der Industrie zeichnen nun wieder ein ganz anderes, düsteres Bild.

ING-Ökonom Brzeski sagte nun, dass Hoffnungen auf ein Vermeiden einer Rezession angesichts des Rückgangs bei den Auftragseingängen „illusorisch“ seien. „Die deutsche Wirtschaft ist auf Rezessionskurs – so viel kann aus den verheerenden Auftragseingängen abgeleitet werden“, kommentierte auch Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Er sprach davon, dass die Auftragseingänge nun „kollabiert“ seien. Der unerwartet starke Einbruch im September wird auch nicht dadurch kompensiert, dass der August-Wert leicht von −2,4% auf −2,0% heraufrevidiert wurde.

„Der Höhenflug der Auftragseingänge, der sich nach der Corona-Pandemie im Zuge von Nachholeffekten eingestellt hatte, scheint beendet zu sein“, hieß es in der Stellungnahme des Bundeswirtschaftsministeriums. Die Auftragseingänge lägen nun wieder auf einem Niveau wie vor der Coronakrise.

Trübe Aussichten

Der Rückgang im Vormonatsvergleich war laut Ministerium auf einen Einbruch der Auslandsnachfrage zu­rückzuführen: Während die inländischen Bestellungen noch leicht im Plus lagen, sanken die Auftragseingänge aus dem Ausland um 6,3% im Nicht-Euroraum beziehungsweise um 8,0% im Euroraum. Auf Branchenebene sind insbesondere kräftige Rückgänge in den beiden größten Industriebereichen Kraftfahrzeuge (−9,0%) und Maschinenbau (−8,1%) auffallend und bemerkenswert.

Laut Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen wird der Einbruch bei den Aufträgen erst einmal nicht in vollem Maße auf die Industrieproduktion durchschlagen, da diese immer noch in erster Linie von den Lieferengpässen bei Vorprodukten und nicht von der Nachfrage begrenzt werde. „Allerdings bestätigen die heutigen Zahlen, dass sich insbesondere die Auslandsnachfrage zuletzt deutlich abgeschwächt hat, was auf Dauer auch an der Produktion nicht spurlos vorübergehen wird“, sagte Solveen.

Was die Lieferengpässe betrifft, gab es Freitag zumindest eine etwas positive Nachricht. Die Materialknappheit ging laut Ifo-Institut im Oktober leicht zurück. 63,8% der von den Münchner Forschern befragten Firmen berichteten von Engpässen – nach 65,8% im September. „Der große Auftragsbestand der Industrie kann nicht abgearbeitet werden“, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. Das wäre aus seiner Sicht für eine Stützung der Konjunktur gegenwärtig jedoch sehr wichtig.

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