Konjunktur

Einkaufsmanager­index gibt Anlass zur Hoffnung

Die Umfrage unter den Einkaufsmanagern von Unternehmen in Europa zeigt, dass die Lage wohl etwas besser ist, als sie Marktbeobachter erwartet hatten. Das ist aber noch keine Entwarnung. Der Rutsch in die Rezession geht weiter – doch vielleicht wird sie schwächer und kürzer ausfallen als befürchtet.

Einkaufsmanager­index gibt Anlass zur Hoffnung

Die Talfahrt der deutschen Wirtschaft hat sich im November wegen des nachlassenden Preisdrucks überraschend abgeschwächt. Der Einkaufsmanagerindex für die Privatwirtschaft – Industrie und Service-Sektor zusammen – stieg um 1,3 auf 46,4 Punkte. Das teilte der Finanzdienstleister S&P Global zu seiner monatlichen Umfrage unter rund 800 Unternehmen mit. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten hingegen mit einem Rückgang auf 44,9 Zähler gerechnet. Dennoch verharrte das an den Finanzmärkten viel beachtete Barometer den fünften Monat in Folge unter der Marke von 50, ab der es ein Wachstum signalisiert.

„Die November-Daten ändern nichts an der Einschätzung, dass Deutschland wahrscheinlich auf eine Rezession zusteuert“, kommentierte S&P-Ökonom Phil Smith die Entwicklung. „Es gibt jedoch Anlass zur Hoffnung, dass der Rückgang der Wirtschaftsleistung schwächer ausfallen könnte als zunächst befürchtet.“ Die Industrieproduktion sei weniger stark zurückgegangen, während sich die Materialverfügbarkeit verbesserte und die sich Lieferzeiten sich erstmals seit knapp zweieinhalb Jahren wieder verkürzten. Der Preisdruck habe zudem nachgelassen. So schwächte sich der Anstieg der Einkaufspreise in der Industrie deutlich ab.

Jörg Angele von Bantleon lobt in diesem Zusammenhang die Politik. Sie habe durch ihr Handeln offenbar einen Absturz der Wirtschaft verhindert. Die „teils massiven staatlichen Eingriffe zur Abfederung der negativen Auswirkungen infolge der stark gestiegenen Energiepreise“ hätten durchaus Wirkung gezeigt.

Auch die Geschäftsaussichten haben sich nach Angaben von S&P Global stabilisiert. „Der milde Herbst hat vielleicht die Sorge über einen Gasmangel im Winter zerstreut“, sagte Smith. Allerdings lägen die Erwartungen noch immer tief im negativen Bereich. „Grund dafür sind die große Besorgnis über die haussierenden Lebenshaltungskosten und die steigenden Zinsen sowie die immer noch große Unsicherheit“, sagte der Ökonom.

Auch Ifo-Präsident Clemens Fuest äußerte sich zuletzt vorsichtig optimistisch zu den Aussichten der deutschen Wirtschaft. Könne eine Gasmangellage im Winter verhindert werden, bestehe die Chance auf eine milde Rezession. „Wir sehen auch, das die Industrie doch erstaunlich gut – jedenfalls kurzfristig – mit der Energieknappheit und den hohen Energiekosten zurechtkommt“, sagte der Ökonom der Nachrichtenagentur Reuters. „Wir sehen bislang keinen Einbruch in der Industrieproduktion.“ Ausnahmen bildeten hier die energieintensiven Unternehmen, wie die Glas- und Keramikbranche. „Insgesamt zeigt sich die Wirtschaft doch robuster als viele erwartet haben“, sagte Fuest.

Positive Signale von der Eurozone

Auch die Wirtschaft der Euro-Zone hat ihre Talfahrt überraschend verlangsamt. Der für den Euroraum ermittelte Einkaufsmanagerindex stieg um 0,5 auf 47,8 Zähler. Von Reuters befragte Experten hatten auch hier einen leichten Rückgang auf 47,0 Zähler erwartet. Aber auch für Gesamteuropa keine Entwarnung: Da der Indikator den fünften Monat hintereinander unter der Wachstumsschwelle bleibt, erhöhe das „die Wahrscheinlichkeit, dass die Euro-Zone in eine Rezession abrutscht“, sagte S&P Global Market Intelligence-Chefvolkswirt Chris Williamson. „Bislang deuten die Daten für das vierte Quartal 2022 darauf hin, dass das BIP mit einer vierteljährlichen Rate von knapp über 0,2% schrumpft.“

Auch der Vizechef der Europäischen Zentralbank (EZB), Luis de Guindos, geht davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Euroraum im laufenden vierten Quartal im Zuge der Energiekrise und anhaltend hoher Inflation wahrscheinlich auf Talfahrt gehen wird. Im Sommer war noch ein kleines Plus beim BIP von 0,2% herausgesprungen. Die EU-Kommission geht davon aus, dass die Wirtschaft in der Euro-Zone und auch in Deutschland über den Winter in die Rezession rutscht.

Davon gehen auch die meisten Ökonomen aus. Christoph Swonke von der DZ-Bank etwa spricht von einem „schwierigen Winterhalbjahr 2022/2032“. Ein Lichtblick sei aber, dass die Unternehmen im November von einem weniger stark steigenden Preisdruck berichtet hätten. Auch die Geschäftserwartungen für die kommenden 12 Monate hätten sich zuletzt etwas aufgehellt. Die DZ-Bank erwartet daher eine konjunkturellen Erholung bereits ab dem Frühjahr 2023.

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