Klimapolitik

EU-Emissionen entwickeln sich positiv

Die Daten zeigen: Bei steigendem Wohlstand nehmen die CO2-Emissionen in der EU ab. Das ist ein positiver Trend. Dennoch bleiben viele Baustellen – und noch viel Luft nach oben.

EU-Emissionen entwickeln sich positiv

Die schlechten Nachrichten in Sachen Klimawandel reißen in diesem Jahr nicht ab: Dürre in China, Hagel in Griechenland, riesige Feuer in Frankreich, Überschwemmungen in den USA – und auch das Niedrigwasser im Rhein kann als eine Folge der Erderwärmung betrachtet werden. Angesichts der Coronavirus-Pandemie und des russischen Überfalls auf die Ukraine rückte die Klimaschutzpolitik auf der politischen Agenda nach unten. Doch gerade in der Europäischen Union zeigt sich: Es tut sich so einiges.

Ehrgeiziger Beitrag

Die EU leistet einer aktuellen Analyse des Statistikamts Eurostat zufolge einen ehrgeizigen Beitrag zu den weltweiten Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels und der dafür notwendigen Reduktion der Treibhausgasemissionen. Sie hat sich verpflichtet, bis 2050 klimaneutral zu sein – und ist aktuellen Daten zufolge auf dem richtigen Weg. Der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase ging zwischen 1990 und 2020, dem letzten Berichtsjahr, für das offizielle Daten beim UN-Klimaprogramm vorliegen, um 32% – oder 1,55 Mrd. Tonnen CO2-Äquivalente – zurück. Die wichtigsten Triebkräfte für den langfristigen Rückgang der Emissionen sind Verbesserungen der Energieeffizienz und des Energie­mixes.

Pro-Kopf-Ausstoß sinkt

Nach dem deutlichen Rückgang als Folge der Einschränkungen im ersten Coronajahr mit Produktionsstillständen, weniger Flugverkehr und Lockdowns dürfte der Prognose der Luxemburger Statistiker zufolge 2021 zwar wieder ein Anstieg der CO2-Emissionen auf das Vorkrisenniveau zu verzeichnen sein. Dennoch meldet Eurostat einige positive Trends.

Die wohl wichtigste Entwicklung ist den Daten zufolge, dass die CO2-Emissionen nicht nur insgesamt, sondern auch pro Kopf und pro Einheit des Bruttoinlandsprodukts (BIP) sinken. Das bedeutet: Trotz leicht steigender Bevölkerung und zunehmendem Wohlstand wird absolut weniger ausgestoßen. Bereits 2018 hat die EU ihr für 2020 festgelegtes Reduktionsziel von 20% übertroffen. Dabei haben fast alle von Eurostat definierten Sektoren – mit Ausnahme der Luftfahrt – zur Reduktion beige­tragen.

Drei Viertel der vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen sind demnach auf die Verbrennung von Kraftstoffen zurückzuführen. Das betrifft allerdings längst nicht nur den Verkehr, sondern auch die Wärme- und Stromerzeugung, die Industrieproduktion, das Baugewerbe sowie die Warmwasserbereitung sowohl in Privathaushalten als auch Unternehmen. Nur ein Viertel des ausgestoßenen CO2 entsteht während industrieller Prozesse, in der Verwendung bestimmter Produkte, durch die Landwirtschaft und die Abfallwirtschaft.

Energiemix entscheidet

Den mit Abstand größten Schritt in Richtung Klimaneutralität machte der Energiesektor. Hier sank der Ausstoß von Treibhausgasen seit 1990 bereits um 657 Mill. Tonnen CO2-Äquivalente bzw. um 46% (siehe Grafik). Dabei nahm die Erzeugung von Strom und Wärme im selben Zeitraum um 13% zu.

Aus den Daten wird deutlich, dass die Energieeffizienz spürbar zugenommen hat – und einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zur Klimaneutralität leistet. Hauptsächlich geht diese positive Entwicklung auf den Ausbau der erneuerbaren Energien und den – durch den Krieg in der Ukraine derzeit erschwerten – Rückgriff auf im Vergleich zu Kohle und Öl deutlich weniger emissionsintensives Erdgas zurück.

Dabei hat sich auch innerhalb der erneuerbaren Energien ein Wandel vollzogen: Während die Wasserkraft vor gut 30 Jahren mit 89% am stärksten zur erneuerbaren Stromproduktion beigetragen hat, wurde sie von Wind- und Solarenergie als Treiber der Energiewende inzwischen abgelöst. Relativ (44%) und absolut gesehen haben aber auch die verarbeitende Industrie und das Baugewerbe „eine beeindruckende Veränderung“ hingelegt, schreiben die Luxemburger Statistiker in ihrem Bericht. Zumal die Daten die Reduktion von CO2-Emissionen im Sektor bei gleichzeitig steigender Produktion zeigen – lediglich zweimal unterbrochen von der Weltfinanzkrise um 2009 und der Corona-Pandemie 2020.

Klimapolitik stockt

Trotz der durch Eurostat dokumentierten Fortschritte ist die EU bei gleichbleibenden Emissionen auf dem Weg, ihr Klimaziel für 2030 zu verfehlen. Damit das nicht passiert, setzt die EU auf den EU-Emissionshandel (EU-ETS), dessen dringend nötige Reform jedoch zuletzt ins Stocken geriet. Das zweite wichtige In­strument der europäischen Klimapolitik ist die Lastenteilungsentscheidung (ESD). Diese deckt die Emissionen der Sektoren ab, die (noch) nicht in den Emissionshandel integriert wurden, und legt verbindliche Emissionsziele für diese fest. Beim Ausbau der Erneuerbaren sind sich die Mitgliedstaaten zudem uneinig.

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