Energiekrise

EU-Länder wollen Nach­justierungen beim Strompreis­deckel

Zwischen den EU-Ländern halten die Diskussionen über Notfallmaßnahmen gegen hohe Strompreise an. Vor allem bei der geplanten Gewinnabschöpfung dürften Nachjustierungen fällig werden. Die Ratspräsidentschaft will noch einen neuen Kompromissvorschlag vorlegen. Ziel ist eine Einigung nächste Woche.

EU-Länder wollen Nach­justierungen beim Strompreis­deckel

ahe Brüssel

Die EU-Mitgliedstaaten rechnen damit, sich beim Sondertreffen der Energieminister am kommenden Freitag auf gemeinsame Maßnahmen zum Stromsparen und zum Abschöpfen von Gewinnen auf dem Strommarkt einigen zu können. In Brüssel hieß es am Donnerstag, dass die tschechische EU-Ratspräsidentschaft zuvor noch ein weiteres Kompromisspapier vorlegen werde, in dem auch die Vorschläge der EU-Kommission noch einmal nachjustiert würden.

Bereits nach ersten Beratungen zu den Gesetzesvorschlägen der Brüsseler Behörde hatte die Ratspräsidentschaft zu Wochenbeginn in einem nichtöffentlichen Papier, das der Börsen-Zeitung vorliegt, die bisherigen Änderungsforderungen der EU-Länder zusammengefasst. Grundsätzlich befürworten die Länder darin das Vorgehen und die Ansätze der Kommission, verlangen an einzelnen Stellen – insbesondere bei der geplanten Gewinnabschöpfung – aber noch mehr Flexibilität und das Berücksichtigen von nationalen Maßnahmen und Besonderheiten.

So wollen die EU-Länder etwa die geplante Obergrenze von 180 Euro je Megawattstunde, die auf dem Strommarkt gezogen werden soll, bevor die Gewinnabschöpfung beginnt, im Einzelfall auch erhöhen dürfen – falls Stromerzeuger höhere Grenzkosten bei der Produktion verzeichnen. Dies könnte beispielsweise bei der Steinkohle-Verstromung der Fall sein. Die Mitgliedstaaten setzen damit stärker auf technologiespezifische Lösungen.

Es sollen auch nationale Maßnahmen erlaubt sein, die die Erlöse aus der Stromerzeugung aus Steinkohle begrenzen. Diese dürfen allerdings nicht die Preisbildung auf dem Großhandelsmarkt und die sogenannte Merit Order bei der Preisbildung beeinträchtigen. Außerdem wollen die Mitgliedstaaten noch einmal klarstellen, dass die Einführung einer Preisobergrenze keinen Einfluss auf bereits abgeschlossene Verträge der Stromerzeuger hat.

Stromsparen ab Dezember

Auch mit der geplanten Solidaritätsabgabe, die Öl- und Gaskonzerne zahlen sollen und die nach Berechnungen der EU-Kommission 25 Mrd. Euro bringen könnte, zeigen sich die EU-Staaten im Grundsatz einverstanden. Sie wollen allerdings bereits eingeführte, gleichwertige Maßnahmen und Sonderabgaben in dieser Branche als anerkannt sehen.

Wenig Änderungswünsche haben die Länder laut Ratspräsidentschaft bei den Vorgaben zum Stromsparen, die vom 1. Dezember bis zum 31. März gelten sollen. Jedes EU-Land soll dann mindestens 10% seines bisherigen Verbrauchs einsparen und 5% zu Spitzenzeiten. Unklar ist, wie verpflichtend dies sein wird.

Lob für die von der Kommission vorgelegten Notfallmaßnahmen kam unterdessen auch vom Centrum für Europäische Politik (Cep). Es werde zwar unmöglich sein, das Preisniveau von vor der Krise zu erreichen, heißt es in einer neuen Analyse des Freiburger Thinktanks. Dennoch trügen die vorgeschlagenen Maßnahmen dazu bei, die Auswirkungen hoher Gas- und Strompreise kurzfristig abzumildern.

„Wenn die Mitgliedstaaten gut konzipierte Maßnahmen zur Reduzierung der Stromnachfrage einführen, die sich auf Spitzenzeiten konzentrieren, können auch die Strompreise gesenkt werden“, so die Autoren der Analyse. Die Pläne gäben Anreize zum Stromsparen und bedeuteten auch nicht eine strukturelle Änderung des EU-Strommarktdesigns. „Dementsprechend sollte insbesondere die Erlösobergrenze nur befristet eingeführt werden, um die unmittelbaren Herausforderungen der Energieversorgungssicherung und die Auswirkungen hoher Energiepreise im bevorstehenden Winter abzumildern“, wird betont.

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