Stark sinkende Energiepreise

Euro-Inflation fällt unter 3 Prozent

Die Inflation im Euroraum macht einen gewaltigen Satz nach unten. Für eine Entwarnung ist es laut Ökonomen dennoch zu früh. Auch Bundesbankpräsident Joachim Nagel warnt davor, zu früh nachzulassen.

Euro-Inflation fällt unter 3 Prozent

Euro-Inflation fällt unter 3 Prozent

Die Inflation im Euroraum macht einen gewaltigen Sprung nach unten und fällt erstmals seit Juli 2021 wieder unter die Marke von 3%. Die Verbraucherpreise steigen im Oktober im Jahresvergleich um 2,9%, wie Eurostat am Dienstag in einer ersten Schätzung mitteilte.

Hauptgrund für den Rückgang sind die Energiepreise, die 11,1% niedriger sind als vor einem Jahr. Auch die Lebensmittelpreise, die zwar weiterhin mit einem Anstieg von 7,5% deutlich zur Inflation beitragen, steigen nicht mehr so stark wie noch in den vergangenen Monaten.

Erfolg für EZB

Für die Europäische Zentralbank (EZB) ist der deutliche Rückgang ein Erfolg. „Die Inflationsrate ist ein richtiger Hingucker“, kommentiert Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Das letzte Stück des Weges bis zum Inflationsziel der EZB von 2% dürfte nach Einschätzung von Ökonomen jedoch steinig werden. „Auch wenn der Verbraucherpreisanstieg jetzt sogar unter 3% liegt, ist es für eine Entwarnung noch zu früh“, meint KfW-Chefökonomin Fritzi Köhler-Geib.

„Insgesamt wird die Inflationsrate in den nächsten Monaten wohl nicht weiter zurückgehen“, prognostiziert Commerzbank-Ökonom Christoph Weil. „Denn die dämpfenden Effekte werden durch voraussichtlich weniger rückläufige Energiepreise weitgehend ausgeglichen.“ Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, erwartet, dass die Inflation um den Jahreswechsel herum sogar wieder etwas ansteigt.

Dienstleister im Fokus

Auch die Kerninflation deutet darauf hin, dass die Teuerung nicht zeitnah auf 2,0% fällt. Diese ging im Oktober von 4,5 auf 4,2% zurück und signalisiert damit einen weiterhin recht hohen zugrundeliegenden Preisdruck. Dies liegt vor allem am Dienstleistungssektor. „Zwar hat auch hier die Vorjahresveränderungsrate den Hochpunkt überschritten. Einen weiteren deutlichen Rückgang erwarten wir aber nicht“, meint Weil. Die Lohnentwicklung könnte die Inflation in diesem Segment wieder verstärken, auch wenn die meisten Ökonomen derzeit keine akute Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale sehen. Auch Bundesbankpräsident Joachim Nagel mahnte am Dienstag zur Vorsicht. „Die Inflation hat sich als hartnäckig erwiesen und ist noch nicht besiegt“, warnte er bei der Ludwig-Erhard-Lecture in Berlin.

Es bestünden verschiedene „Aufwärtsrisiken“, so Nagel. „So könnten die geopolitischen Spannungen in Nahost die Energiepreise nach oben treiben und die mittelfristigen Aussichten unsicherer machen.“ Die straffe Geldpolitik der EZB wirke, so Nagel: „Aber wir dürfen nicht zu früh nachlassen. Vielmehr werden die Leitzinsen ausreichend lange auf einem ausreichend hohen Niveau liegen müssen.“ Zudem sagte er: „Ob die Zinsen schon ihren Hochpunkt erreicht haben, lässt sich noch nicht sagen: Wir bleiben strikt datenabhängig.“

Lebensmittelpreise dürften nicht mehr so stark steigen

Neue Daten aus Deutschland zeigen derweil, dass der Trend bei der Inflation nach unten gerichtet ist. Weniger Unternehmen erwarten für die kommenden Monate Preiserhöhungen. Dies geht aus einer Umfrage des Ifo-Instituts zu den Preiserwartungen deutscher Unternehmen hervor. Insbesondere im Lebensmittel-Einzelhandel sank der Saldo zwischen jenen, die Preiserhöhungen erwarten, und denen, die niedrigere Preise prognostizieren. Dies deutet darauf hin, dass sich der Trend der abnehmenden Inflation bei Lebensmitteln fortsetzen dürfte.

„Damit werden die Verbraucherpreise zwar weiter steigen. Allerdings lassen das Tempo und damit die Inflation nach“, sagt Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser.

Aufwärtsrisiken für Inflation bleiben

Auch die Importpreise deutscher Unternehmen signalisieren einen abnehmenden Inflationsdruck. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Dienstag verkündete, sanken die Einfuhrpreise im September um 14,3% zum Vormonat. Hauptgrund waren auch hier die niedrigeren Energiekosten.

Die Energiepreise könnten jedoch wieder deutlich anziehen, wenn sich der Nahost-Konflikt weiter verschärft. Unter anderem aus diesem Grund braucht es für Köhler-Geib noch für einige Zeit eine restriktive Geldpolitik. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer verweist auf ein anderes Aufwärtsrisiko für die Inflation – die Inflationserwartungen der Verbraucher, die höher sind als noch vor Ausbruch der Pandemie 2020. „Das Inflationsproblem dürfte sich am Ende als hartnäckiger erweisen als von vielen erwartet.“

Teuerung auf tiefstem Stand seit Juli 2021 – Kernrate bei 4,2 Prozent – Bundesbankchef Nagel: Nicht zu früh nachlassen

Die Inflation im Euroraum macht einen gewaltigen Satz nach unten. Erstmals seit über zwei Jahren liegt die Teuerung dank stark fallender Energiepreise unter der Marke von 3%. Für eine Entwarnung an der Inflationsfront ist es laut Ökonomen dennoch zu früh. Es gibt weiter diverse Aufwärtsrisiken.

mpi/ms Frankfurt
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